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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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ich zu ihr in wilder Liebesraserei, ›wenn es möglich wäre, o schöne Königin, daß wir Herz an Herzen lägen, Seele an Seele; wenn ich mich endlich deiner unbeschränkt erfreuen dürfte, wenn ich ...‹ Ich würde noch mehr hinterdrein gesagt haben, doch sie schnitt mir das Wort ab. ›Verhält es sich so,‹ sprach sie dawider, ›o du Undankbarer, wie erfüllst du deine Versprechen und wie antwortest du auf die Auszeichnung, die ich dir gewährte! Welches Vertrauen kann ich noch zu dir haben? Wie darf ich der Versicherung deiner Zurückhaltung und deines Gehorsams noch glauben? Ich habe dich zu meinem Freunde erwählt und habe dich mit Aufmerksamkeiten und Gefälligkeiten überhäuft; indessen bist du grausam genug, meine Ehre anzutasten. Genügen dir meine Küsse und Zärtlichkeiten nicht?‹ Ich antwortete ihr alsobald: ›O Schönheit ohnegleichen, o Göttin der Welt, sieh den traurigen Zustand an, in den mich das Feuer gebracht hat, das mich verzehrt; ich lechze nur nach dem glücklichen Augenblicke, wo ich das köstliche Wasser trinken soll, dessen Quell du bist. Das Schwert des Schmerzes oder vielmehr der vergiftete Pfeil der Liebe hat meinem Herzen eine unheilbare Wunde zugefügt. Du bist wie das Wasser des Zulal (welcher ein Fluß des Paradieses ist); welcher Kranke würde nicht im Augenblicke geheilt, wo er von seinem Wasser tränke? Welcher von wütendem Durste gequälte Mensch, der einen Schluck Weines in der Hand hält, würde auf ihn Verzicht leisten, statt ihn mit Vergnügen trinken?‹ Die Prinzessin ließ mir keine Zeit fortzufahren, sondern sprach mit zorniger Miene zu mir: ›Du bist unbesonnen, bist ein Wahnsinniger, der den Preis meiner Wohltaten nicht kennt; du weist den Trost zurück, den ich dir zu geben suche, um deine Ungeduld zu mäßigen, in der Hoffnung, dich so lange wie möglich hier zu behalten. Ich liefere dir meine Jungfrauen aus, um das verzehrende Feuer, das in deinem Herzen brennt und dein Gemüt in Wallung bringt, zu dämpfen; sie alle haben eine Haut, die weißer ist denn der Schnee, hochrot ist ihr Mund, ihre Lippen gleichen der Koralle; der Glanz ihrer Zähne, die wie schöne Perlenschnüre sind, wird noch unterstützt durch den ihrer Augen, die strahlender sind als Sternblumen; bist du solchen Schönheiten gegenüber unempfindlich? Und du hast keine Achtung vor dem, was ich von dir verlange!‹ ›O hinreißende Schönheit, o einzige Herrin der Herzen,‹ antwortete ich ihr sanft, ›sei überzeugt, daß man für die Wohltaten, mit denen du mich überschüttet hast, nicht dankbarer sein kann, als ich es bin, aber ich kann es nicht unterlassen, dich zu lieben und anzubeten. Du geruhst mich an die schönen Jungfrauen zu erinnern, die du mir angeboten hast, aber lassen sich Sterne mit der Sonne vergleichen? Können Heilige mit den göttlichen und ewigen Geistern irgendwie verglichen werden? Nein, o süße Bezauberin der Herzen, nein, ich gestehe es, ich mache mir mehr aus dem Zucken eines deiner Augenlider als aus allen deinen Schönen. Wer den Garten deiner Schönheit gesehen, kann nur noch wünschen, von dem Wasser des süßen Keuser (welcher ein anderer Fluß im Paradiese Mohammeds ist) trinken zu dürfen! Arm und traurig, wie ich war, bin ich als Flüchtling zu meiner Prinzessin und meiner Königin gekommen; obschon ein Fremdling, habe ich das Glück, das Herz meiner reizenden Königin zu besitzen. O Schönheit ohnegleichen, o holdselige Geliebte, alles, was ich besitze, verdanke ich deiner Güte; du bist die Herrin meines Herzens; ich bin ein armer Fremdling, entscheide mein Schicksal; alles, was du gebietest . . . Aber ach, ist es denn unmöglich, deine letzte Gunst zu erlangen?‹ Die Prinzessin nahm darauf das Wort und sprach seufzend zu mir: ›Welch unseliges Verlangen! Du bist der unglücklichste aller Menschen. Zu welchem Fehler läßt sich dein Herz fortreißen? Du liebst mich, sagst du; warum widersetzest du dich denn meinen Absichten? Warum willst du auf ein unfruchtbares und undankbares Land säen? Ganz stehe ich dir zur Verfügung; nur eins bewahre ich auf, das du billigerweise nicht fordern darfst, und ich dir ohne Schande nicht gewähren kann: fliehe lieber, meide mich oder sei der gefühlloseste aller Menschen, lasse ab, von mir zu erbitten, was ich dir nicht gewähren kann, fürchte das Vergnügen eines einzigen Augenblicks zu kosten; der Rest deines Lebens würde nur eine beständige Kette von Unglück und Kummer sein!‹ Solche Worte redend, legte

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