Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
Vergnügen bezeigten sie mir durch ihre Blicke unaufhörlich die Freude, mich zu sehen.
Indessen richtete die Königin der Schönen, die mich mit Güte betrachtete, mehrere Fragen an mich, auf die ich in einer Weise antwortete, die sie zu befriedigen schien. Sie wollte meinen Namen und meine Heimat wissen, ich verheimlichte ihr nichts. Und sie fragte mich, aus welchem Grunde ich dieses Abenteuer unternommen hätte. Ich gestand ihr denn, daß der Derwisch durch seine Erzählung meine Neugier gereizt habe und wie mir seitdem die Welt öde geworden wäre; da hätte ich dann der Lust nicht widerstehen können, mich selbst von einer Sache zu überzeugen, welche so starke Eindrücke in denen hinterlassen hätte, die Zeugen davon gewesen wären. ›Was mich jedoch in Erstaunen setzt,‹ fügte ich hinzu, ›ist ihr Schweigen über ein so bewunderungswürdiges und überraschendes Wesen wie dich, o schöne Prinzessin!‹ ›Ich bin wahrlich nicht erstaunt darob,‹ entgegnete sie mir, ›beinahe alle, die hierherkommen, sind bloß entzückt über die Freuden der Tafel, oder der Musik, oder des Tanzes, oder schließlich auch über die Schönheit meiner Sklavinnen. Glaubst du überdies, daß ich sie zu unterhalten wünsche?‹ Ich dankte ihr für einen so schmeichelhaften Vorzug und versicherte ihr, daß ich mein ganzes Leben daran wenden wollte, um ihr zu dienen und sie anzubeten; und ich bemerkte, daß sie diese Schwüre in ein tiefes Nachdenken versinken ließen. ›Nimm teil an den Vergnügen, wie man sie hier auskostet,‹ sagte sie dann, ›und erinnere dich meiner, wenn wir dereinst getrennt werden!‹ ›Wie, o Königin der Schönheit, warum sollte ich dich vergessen, während so viele deiner unwürdige Menschen seufzen und klagen, weil sie fern von dir sind?‹ ›Nicht meinetwegen tragen sie Kummer, sondern der Freuden wegen‹, sagte sie dawider; ›ich wiederhole es dir noch einmal und bin ihnen deswegen durchaus nicht böse!‹ ›Wie kann man sich von dir trennen?‹ erwiderte ich voll Feuer, ›vereinigst du nicht alle Freuden in dir?‹ ›Du wiederholst es zu oft, um mich zu überzeugen,‹ entgegnete die Prinzessin, ›wir werden uns morgen wiedersehen; dieser Garten ist für meine Lustwandelungen und Mahlzeiten bestimmt. Alle Jungfrauen, die du siehst, sind mir zu Diensten, und du darfst frei über die bestimmen, die dir am besten gefällt.‹ Ich wollte den Vorschlag, der meinem Herzen mißfiel und den Gefühlen, die sie mir eingeflößt hatte, so entgegenstand, zurückweisen, und bezeigte ihr durch die feurigsten Blicke, wie sehr sie mich entflammt hatte. ›Sei mit dem zufrieden, was ich für dich getan habe,‹ sagte sie zu mir, ›und habe keine Ungeduld; und laß dir sagen, wenn du dich jemals zu unmäßigen Wünschen verleiten läßt, mußt du solches bitter büßen!‹ Ich versprach ihr alles, was sie wünschte, in der Furcht, das zu verlieren, was sie mir gewährte. ›Ich wiederhole dir noch einmal, daß ich dir alle Jungfrauen überlasse, die mir zu Diensten sind; wähle dreist aus; mäßige mit ihnen das Feuer, das dich verzehrt; es ist dir sogar geboten, dich ihrer zu bedienen; solches ist ein Gesetz, das du notwendig zu befolgen hast, da du nun einmal hier bist.‹ Dann füllte sich meine Einbildung mit all den Wonnen, deren Wirklichkeit ich bald zu kosten hoffte; mein Herz tauchte nun in ein Meer von Lust und Freude unter. Die Prinzessin zog sich zurück, und alle Jungfrauen ihres Gefolges, die den Plejaden glichen, taten desgleichen; die aber, die sie mir hatte auswählen lassen, blieb bei mir. Ich gab ihr die Hand; wir legten uns auf das Ruhebett nieder und verbrachten dort die Nacht in der Freuden Fülle, indem wir mit vollen Zügen das Wasser des Glücks und des Lebens schlürften; doch all diese Wonnen berauschten meine Seele nicht, der Gedanke an die Prinzessin beherrschte mich vollkommen. Als die Sonne am Horizonte erschien und die Gebirge zu vergolden begann, sprach die Schöne, die meine Seele mit dem angenehmen Dufte der Begierde durchduftet hatte, zu mir, indem sie mich verließ: ›Wir werden uns heute abend wiedersehen, wenn du mich abermals erwählst!‹ Ich hatte keine Zeit zur Antwort, sie enteilte und verschwand. Der Gedanke, die Prinzessin wiederzusehen, verließ mich den ganzen Tag nicht; ich verbrachte ihn, einsam am Ufer eines Wasserlaufes sitzend, ohne einen anderen Trost, als den des köstlichen Weines und des gemächlichen Umhergehens. Und ich überließ mich allen
Weitere Kostenlose Bücher