Tausend und eine Nacht, Band 4
bin heute wegen dieses Vorfalls verhindert worden, und muß doch Fische für die königliche Küche liefern.« Der Fischer fuhr hierauf mit einem Sack voll Kalk und einem großen Stein vor das königliche Schloß und fragte den König, der am Fenster saß, ob er ihn ins Wasser werfen sollte; der König winkte ihm bejahend mit der Hand, ließ aber bei dieser Bewegung seinen Siegelring fallen, durch dessen Zauberkraft er mit einer einfachen Handbewegung jeden Feind töten konnte. Er schwieg aber, denn nur wegen dieses Ringes war er so gefürchtet, und hätte er gesagt, daß ihm sein Ring ins Wasser gefallen, so wäre im Augenblick ein Aufstand gegen ihn ausgebrochen.
Abusir fischte inzwischen mit vielem Glück; er hatte kaum sein Netz einige Male ausgeworfen, als er schon einen ganzen Haufen voll Fische vor sich liegen hatte. Da dachte er: Ich will nun, da ich schon lange keine Fische gegessen habe, mir auch einen Fisch backen. Er nahm daher einen großen, fetten Fisch und schnitt ihn mit einem Messer, das er bei sich hatte, auf; aber siehe da! Das Messer blieb im Schlund stecken, denn dieser Fisch hatte den Zauberring des Königs aufgefangen. Abusir nahm den Ring heraus und zog ihn an, ohne dessen Tugenden zu kennen. Da kamen zwei Diener des Leibkochs, um die Fische zu holen, und fragten Abusir nach dem Schiffer; Abusir antwortete: »Ich weiß nicht«, und machte dabei eine kleine Bewegung mit der Hand. Dies genügte, um die beiden Diener leblos hinzustrecken. Abusir war sehr erstaunt, als er beide zugleich hinstürzen sah, und während er über die Ursache ihres plötzlichen Todes nachdachte, kam der Schiffer und sah die beiden Leichen und den Zauberring am Finger Abusirs. Da rief er ihm schnell zu: »Bewege deine Hand nicht, sonst bin ich des Todes, wie diese beiden Diener! Woher hast du den Ring an deinem Finger?« – »Ich habe ihn in einem Fisch gefunden.« – »Wisse, es ist des Königs Zauberring, ich habe gesehen, wie er ihn ins Wasser fallen ließ; jetzt kannst du ohne Furcht wieder mit mir in die Stadt kommen, denn mit einer einzigen Bewegung deines Fingers liegt der Kopf des Königs vor deinen Füßen.« Abusir freute sich sehr, als er dies hörte, stieg wieder in des Schiffers Nachen und ließ sich vor dem königlichen Schloß ausschiffen. Der König saß bestürzt wegen des Verlustes seines Ringes mitten unter seinen Vezieren und Heerführern, und fuhr zusammen, als er Abusir unangemeldet hereintreten sah. »Wie kommst du daher?« fragte der König; »bist du nicht ertrunken?«
Abusir antwortete dem König: »Dein Schiffer, dem ich einst einige Dienste im Bade geleistet, hat mich gerettet, weil er wohl einsah, daß ich ein Opfer des Neides werden sollte, und statt meiner einen Stein ins Wasser geworfen. Während dies aber geschah, fischte ich vor seiner Hütte, und als ich einen Fisch für mich backen wollte, fand ich deinen Zauberring darin. Ich komme daher, um dir ihn wiederzugeben, und glaubst du wirklich, daß ich den Tod verdiene, so sage mir nur, was ich verbrochen habe, ich will dann gern meine Strafe tragen.« Als hierauf Abusir den Ring vom Finger nahm und ihn dem König überreichte, umarmte ihn dieser und sagte: »Du bist wohl der beste und rechtschaffenste Mensch auf Erden, kein zweiter hätte mir nach dem, was zwischen uns vorgefallen, den Ring wiedergegeben; verzeihe mir nur das Übel, das ich über dich verhängen wollte.« – »Wenn ich dir verzeihen soll«, sagte Abusir, »so erkläre mir die Ursache deines grausamen Befehls.« – »Bei Gott!« sagte der König, »ich kann nicht mehr an deiner Unschuld zweifeln; ich hätte auch nie einen Verdacht gegen dich gehabt, aber der Färber Abukir hat mich gewarnt und mir gesagt, du wolltest mich vergiften, um die Deinigen aus den Händen des Sultans der Christen zu befreien.« – »Großer König!« rief Abusir, »ich weiß nichts von einem Christenkönig, war nie im Land der Ungläubigen und habe weder Weib noch Kind.« Er erzählte ihm dann, wie der Färber Abukir so verräterisch seit ihrer Abreise von Alexandrien gegen ihn gehandelt hatte, bis er ihm zuletzt den treulosen Rat gab, eine Haarsalbe für den König zu verfertigen. »Aber wisse, o König!« setzte er hinzu, »diese Salbe ist durchaus nicht schädlich und wird bei uns in jedem Bad gebraucht; ich will vor deinen Augen an mir selbst die Beweise davon geben. Auch kannst du, um dich von allem zu überzeugen, den Pförtner des Chans, in welchem ich mit Abukir wohnte, und die
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