Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
Vom Netzwerk:
willkommen!« antwortete Abd Arrahman, dachte aber bei sich: Ich werde aufpassen, und erlaubt er sich die geringste Unanständigkeit gegen meinen Sohn, so bringe ich ihn um. Er führte ihn in ein Gemach, hieß Zeitmond ihm Gesellschaft leisten, sagte ihm aber vorher: »Setze dich neben den Derwisch und scherze mit ihm; Ich werde durch die Öffnung von oben herunter zusehen und ihn töten, wenn er dir zu nahe tritt.« Der Derwisch hörte nicht auf, zu weinen und Zeitmond anzusehen, ohne ihn jedoch zu berühren, bis das Nachtessen aufgetragen wurde. Einige Zeit nach dem Essen ging Abd Arrahman weg und sagte seinem Sohn: »Schlafe du beim Derwisch, vielleicht bedarf er deiner in der Nacht.« Als aber der Derwisch für dieses Anerbieten dankte und beteuerte, er schlafe immer ganz ruhig nach dem Gebet, war Abd Arrahman überzeugt, daß er ihm durch seinen Verdacht sehr Unrecht getan.
    Am folgenden Morgen bat er den Derwisch, ihm doch zu sagen, warum er seinen Sohn stets mit Tränen in, den Augen angesehen. Nach einigem Zögern begann der Derwisch: »Wisse, ich kam letzten Freitag des Morgens nach Baßrah, da fand ich alle Läden geöffnet, ohne daß sich ein Mensch sehen ließ; auch zeigte sich in keiner Straße weder eine Katze noch ein Hund; vor den Bäckerläden lag frisches Brot, in den Kaffeehäusern stand die Kaffeepfanne auf den Kohlen, und in den Trinkhäusern waren die Tische mit Sorbetten gefüllt, aber nirgends war eine lebende Seele anzutreffen. Ich aß und trank, soviel ich Lust hatte, und dachte: Sonderbar, wo sind wohl die Bewohner dieser Stadt mit ihren Hunden und ihren Katzen hingekommen? Es ist, als wäre auf einmal alles ausgestorben oder in der größten Angst entlaufen, ohne sich Zeit zu nehmen, die Läden zu schließen. Während ich so über diese wunderbare Erscheinung nachdachte, hörte ich auf einmal eine Trommel schlagen; da fürchtete ich mich und verbarg mich schnell in einem Haus, wo ich durch eine Wandritze auf die Straße sehen konnte. Ich hatte mich kaum zurückgezogen, da sah ich vierzig Paar Mädchen ganz unverschleiert vorüberziehen; dann folgte eine Dame zu Pferd, ebenfalls unverschleiert, welche so schön war, daß ich vor Liebe fast wahnsinnig wurde; das Pferd konnte kaum die Füße bewegen, so schwer war es und die Dame, die es trug, mit Gold, Silber und Edelsteinen beladen; zu ihren beiden Seiten, vor und hinter ihr ritten Mädchen mit gezogenen Schwertern, deren Griff von Smaragd war. Als die Dame mir gegenüber war, hielt sie still und sagte zu den Mädchen: Ich höre hier im Laden ein Geräusch; seht einmal nach, ob sich nicht ein Mann darin verborgen hat, um uns unverschleiert zu sehen. Die Mädchen gingen in den Laden, gerade dem Haus, in welchem ich verborgen war, gegenüber, und kamen eine Weile darauf mit einem Mann heraus, dem sie auf den Befehl der Dame den Kopf abschlugen, der auf der Straße liegen blieb. Ich fing an, für mein Leben zu zittern, doch konnte ich meinen Blick nicht von der Dame entfernen, die zu meinem Glück, ohne mich zu bemerken, vorüberzog. Als sie eine Weile vorüber war, kehrten alle Leute wieder zu ihren Geschäften zurück; ich erkundigte mich nach der schönen Dame, aber niemand konnte mir Auskunft über sie geben. So verließ ich Baßrah mit einer feurigen, hoffnungslosen Liebe im Herzen, welche durch die große Ähnlichkeit, die dein Sohn mit meiner Geliebten hat, wieder frische Tränen meinen Augen entlockte.«
    Zeitmond, welcher diese Erzählung mit anhörte, beschäftigte sich so sehr mit der Dame, welche den Derwisch so entflammte, daß er die ganze Nacht nicht schlafen konnte und am folgenden Morgen seinen Vater bat, ihn gleich anderen Kaufmannssöhnen mit Waren auf Reisen zu schicken. Abd Arrahman sagte ihm: »Andere Kaufleute schicken ihre Söhne mit Waren von der Heimat weg, um mehr Geld zu gewinnen; ich bin aber so reich und genügsam, daß ich dessen nicht bedarf. Wie könnte ich übrigens die Trennung von dir ertragen, da ich keine Stunde ohne dich leben kann? Auch wäre ich wegen deiner ausgezeichneten Schönheit schon allzu sehr besorgt für dich.« Zeitmond erwiderte aber: »O Vater, ich muß einmal reisen, und wenn du mir keine Waren gibst, so entfliehe ich so.« Als Abd Arrahman dies hörte, sprach er mit seiner Gattin darüber, welche ihm sehr zuredete, Zeitmond wie andere Kaufmannssöhne reisen zu lassen. Er ließ ihm daher für neunzigtausend Dinare Waren zusammenpacken, und seine Gattin gab ihm noch vierzig Edelsteine, von

Weitere Kostenlose Bücher