Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
Vom Netzwerk:
ein als Rabe verzauberter Mensch hierhergekommen, dem die Erzieherin der Prinzessinnen seine frühere Gestalt wieder gegeben. Ich erkundigte mich im Schlosse nach diesem Fremden, aber man sagte mir, er sei heimlich abgereist, niemand wisse, wohin. Doch komm, laß uns schnell zu ihm eilen, ehe ich wieder seine Spur verliere.« Da rief ich ihm zu: »Bleibe, wo du bist; ich bin Ali, der Sohn Farhas, den du suchst; willst du mich zu meiner Geliebten, der Königin Turaja, tragen?« – »Das geht nicht«, antwortete Meischum, »das würde meinen Flug hemmen, und ich muß so bald als möglich der Königin Nachricht von dir geben, daß sie nicht vor Schmerz und Sorge um dich sterbe; bleibe indessen hier bei meinem Freund Barari, ich eile zu Turaja und komme bald hierher mit ihr.« Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als er seine Flügel schwang, und in einem Augenblick war er meinem Auge entschwunden. Als Meischum fern war, sagte mir Barari: »Weiche nicht von dieser Stelle, bis ich wiederkehre.« Er flog dann auch weg und kam erst des Abends mit einigen Nahrungsmitteln wieder zu mir. Am folgenden Tag nahm er wieder Abschied von mir, und nicht lange nachher ließ sich ein fliegender Genius zu mir herunter, nahm mich auf den Rücken und schwang sich mit mir gen Himmel; ich fiel vor Angst und Schrecken in Ohnmacht, und als ich wieder zu mir kam, befand ich mich in einem königlichen Schloß, einer Dame gegenüber, welche auf einem goldenen, juwelenverzierten Thron saß, vor welchem viele Dienerinnen knieten. Als ich die Augen öffnete, sah mich die Dame starr an und sagte leise zu einer anderen Dame, die vor ihr stand: »Dieser Jüngling verdient wahrlich nicht, daß meine Schwester Turaja sich um seinetwillen so gräme und mit allen Genienkönigen Krieg führe, sieh, wie sein Auge so matt ist, wie farblos seine Wangen und wie unbedeutend sein ganzes Wesen; wahrlich, hätte ich gewußt, daß der vielgepriesene Ali so aussieht, ich hätte gewiß niemanden abgesandt, um ihn hierherzubringen, doch, da er einmal in meiner Gewalt ist, so diene er mir zum Versöhnungsmittel mit meiner Schwester Turaja.« Sie sagte dann laut zu den sie umgebenden Dienern: »Wer von euch geht am schnellsten zu meiner Schwester Turaja, welche sich noch in der weißen Stadt bei den Töchtern der blauen Königin aufhält, und berichtet ihr, daß ihr Geliebter Ali, der Sohn Farhas, bei mir ist.« Da trat Humarich, ein Genius von riesenhafter Gestalt und schauderhaftem Aussehen, hervor und sagte: »Ich eile wie der Wind zu ihr, wenn du es befiehlst, erhabene Königin.« Sie ließ sich sogleich Tinte und Papier bringen und schrieb ihrer Schwester Turaja einen Brief, dessen Inhalt keiner Erwähnung bedarf, legte ihn zu und übergab ihn Humarich, welcher ihr die Hand küßte und sich auf den Weg machte. Als mich aber die Königin des Abends wieder sah, nachdem ich mich gebadet, umgekleidet, ausgeruht und an stärkendem Wein gelabt hatte, bereute sie es, ihrer Schwester Kunde von mir gegeben zu haben; denn sie fand mich so schön, daß sie in Anwesenheit aller Gäste mich mehrere Male küßte, und als sie sich zurückgezogen, mich bat, noch bei ihr zu bleiben. Aber ihr glühendes Auge ließ mich ihre Absicht erraten, ich entfernte mich daher, trotz ihrer wiederholten Bitte, noch einige Stunden bei ihr zuzubringen, und schloß mich in mein Zimmer ein. Am folgenden Morgen, nachdem ich mich gewaschen und gebetet hatte, trat ein Diener in mein Zimmer und sagte: »Die Königin will dich sprechen, sie erwartet dich vor der Stadt.« Ich verließ mit dem Diener das Schloß, vor welchem ein gesatteltes Maultier für mich bereit stand, und ritt zur Stadt hinaus, wo die Königin mit einer Alten auf einem griechischen Teppich unter einem schattigen Baum saß. Sie lud mich ein, Platz zu nehmen, und stellte mir die Speisen und Getränke vor, welche sie in einem Quersack mitgebracht hatte. Als ich gegessen und getrunken hatte, sagte sie: »Komm jetzt mit mir, die Alte wird hier bei unseren Effekten bleiben.«
    Die Königin führte mich in ein grünes Tal, dessen Bäche sanft murmelten, dessen Vögel munter sangen und dessen Baumzweige sich liebend umarmten. »Welch ein herrliches Tal!« rief ich voll Entzücken aus; »laß uns doch ein wenig absteigen, verehrte Königin, und hier ausruhen.« –»Wenn dir dieses Tal so gut gefällt, so steige nur ab, du sollst es nicht allzubald verlassen.« Als ich auf dem Boden war, ließ auch sie sich von ihrem Maultier herunter und

Weitere Kostenlose Bücher