Tausend und eine Nacht, Band 4
schuldig; wehe mir, meine Stoffe!« Da fing der Eseltreiber auch zu weinen an und schrie: »Wehe mir, mein Esel! Von dir fordere ich ihn!« Der Färber hingegen forderte seine Ware von dem Eseltreiber, und so zankten sie miteinander herum, bis alle Nachbarn zusammenliefen und mit ihnen nach dem gemieteten Haus gingen, wo Hasan und die Frau des Obersten waren. Nachdem letztere Dalilah lange vergebens erwartet hatte, ging sie allein in das Zimmer Hasans, den sie für Abu Hamlats Vikar hielt.
Hasan freute sich, als er die Frau des Obersten endlich kommen sah, und fragte sie nach ihrer Mutter. »Meine Mutter«, antwortete sie, »ist längst tot, was willst du von der?« – »Ist die Alte, welche mich hierher führte, um mich mit dir zu verloben, nicht deine Mutter?« fragte Hasan erstaunt. »Gewiß nicht«, erwiderte die Frau; »mir sagte sie, du seiest ihr Sohn und segnest unfruchtbare Frauen an Abu Hamlats Stelle.« – »Ich sah sie heute zum ersten Male«, versetzte Hasan, »und gewiß ist sie eine Gaunerin, die nur meine Kleider und mein Geld haben wollte; aber von dir fordere ich alles zurück, denn hätte ich dich nicht bei ihr gesehen, ich wäre ihr nicht gefolgt.« Die Frau hingegen sagte: »Du mußt mir meine Kleider und meinen Schmuck ersetzen, du bist im Einverständnis mit deiner Mutter.«
So stritten sie miteinander, als der Färber und der Eseltreiber zu ihnen hereintraten und sie nach ihrer Mutter fragten. Als sie aber hörten, daß auch sie von der Alten betrogen worden, gingen sie zusammen zum Gouverneur und erzählten ihm, was ihnen widerfahren. »Was kann ich tun?« sagte der Gouverneur; »es gibt ja so viele alte Weiber in Bagdad; geht und sucht sie auf, wenn ihr mir sie herbringt, so will ich sie bestrafen und euch das Eurige zurückerstatten lassen.« Während diese nun in der ganzen Stadt umherliefen, um Dalilah aufzusuchen, saß sie ruhig bei ihrer Tochter Seinab und sagte ihr: »Mich gelüstet nach neuen Streichen.« – »Wie«, sagte Seinab, »du wagst es, nach deinen letzten Streichen dich noch in Bagdad zu zeigen?« – »Ich fürchte nichts«, antwortete Dalilah; »ich gleiche Bohnenabfall, dem weder Feuer noch Wasser schadet.« Sie kleidete sich hierauf als Dienerin eines vornehmen Hauses und lief in der Stadt umher, bis sie vor ein Haus kam, wo eine Amme mit einem Kind auf dem Arm stand, das ein golddurchwirktes Kleid trug, eine goldene Kette mit Edelsteinen am Hals und einen Tarbusch mit Perlen besetzt auf dem Haupt hatte. Es war der Sohn des Obersten der Kaufleute, in dessen Haus die Verlobung, seiner einzigen Tochter gefeiert wurde. »Ich höre Gesang und Musik oben«, sagte Dalilah zur Amme, »warum stehst du denn vor der Tür?« – »Meine Herrin«, antwortete die Amme, »hat mich heruntergeschickt, weil viele Damen bei ihr sind, um ihr zur Verlobung ihrer Tochter Glück zu wünschen, und das Kind, sobald es seine Mutter sieht, nicht ihren Arm verlassen will.« – »Also wohnt hier der Oberaufseher der Kaufleute?« versetzte Dalilah; »geh zu deiner Herrin, grüße sie von meiner Gebieterin Um Alchair (Mutter des Guten) und sage ihr, sie lasse ihr Glück wünschen und sie werde am Hochzeitstag sie besuchen, und ihre Putzfrauen beschenken.« Auch gab sie ihr ein falsches Goldstück für die Sängerinnen. »So nimm du einstweilen das Kind,« sagte die einfältige Amme, »denn ich bringe es sonst nicht mehr von seiner Mutter weg.« Dies war alles, was Dalilah wünschte, denn sobald die Amme wegging, zog sie ihm seine Kette und sein golddurchwirktes Kleid aus und nahm ihm seinen Tarbusch ab. Dann dachte sie: Das Kind kann mir noch wenigstens tausend Dinare eintragen. Sie nahm es daher auf den Arm und ging damit auf den Bazar der Goldarbeiter, trat in den Laden eines Juden und sagte ihm: »Die Schwester dieses Kindes, die Tochter des Obersten der Kaufleute, ist heute verlobt worden und bedarf eines Schmuckes; gib mir Ohrringe, Fußringe, Gürtel, Armbänder, Ringe und eine Kette für sie, das zusammen ungefähr tausend Dinare kostet; ich will es meiner Gebieterin zeigen, und wenn es ihr gefällt, dir das Geld bringen. Behalte du einstweilen das Kind.«
Da der Jude das Kind kannte, machte er keine Schwierigkeiten und gab Dalilah das Schönste und Wertvollste, das er im Laden hatte, sie aber lief zu ihrer Tochter und erzählte ihr, auf welche Weise sie zu so kostbarem Schmuck gelangt. Die Amme war inzwischen zu ihrer Herrin gegangen und hatte ihr Um Alchairs Glückwünsche überbracht
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