Tausend und eine Nacht, Band 4
seinen Töchtern Abschied, und in einem halben Tag waren wir hier. Ich entließ nun auf immer Misram und Schilschanum und feierte meine Hochzeit mit Heifa an demselben Tag, als Mahmud, der mich in meinem Haus erwartete, sich mit den Töchtern des Königs Numan vermählte. Die aus Schadads Schloß mitgenommenen Schätze setzten mich in den Stand, alle Armen Kahiras königlich zu bewirten. Dies tat ich auch fortwährend, mächtiger Sultan, bis meine Nachbarn mich als einen verdächtigen Menschen anzeigten und der Polizeipräfekt mich hierher beschied. Nun, gelobt sei Gott, der mich in deine Nähe geführt, denn schon längst suchte ich eine Gelegenheit, dir das mächtige Zauberschwert zu schenken, das dir gewiß in allen deinen Kriegen gegen die Ungläubigen den Sieg verschaffen wird.«
Der Sultan Zaher nahm Djaudars Geschenk mit Dank an und lebte fortan mit ihm in der vertrautesten Freundschaft.
»Ich selbst«, sagte der Dichter Hasan aus Andalusien, der Verfasser dieses Buches, »lernte Djaudar auf meiner Reise nach Kahira kennen und erfuhr von ihm selbst alle Abenteuer seines Lebens; auch stellte er mich dem Sultan Zaher vor, bei dem er wie ein Bruder ein- und ausging. Ich schrieb aber alles nieder, was mir Djaudar erzählte, weil ich es würdig fand, der Nachwelt überliefert zu werden.«
Das ist alles, was uns von dem Leben Djaudars zugekommen. Gepriesen sei Gott und gegrüßt sein Prophet Mohammed und dessen Verwandte und Gefährten.
Die listige Dalilah.
Zur Zeit des Kalifen Harun Arraschid lebten zwei schlaue und listige Männer, welche so außerordentliche Taten vollbrachten, daß der Kalif sie als Polizeipräfekten anstellte und jedem von ihnen eine Wache von vierzig Mann zur Verfügung stellte. Jeder erhielt auch ein Ehrenkleid vom Kalifen und ein monatliches Gehalt von tausend Dinaren nebst freier Tafel. Als dies Seinab, die Tochter des verstorbenen Polizeipräfekten, hörte, sagte sie zu ihrer Mutter Dalilah: »Sieh einmal, wie der Kalif zwei hergelaufene Männer begünstigt, während wir ohne Ansehen und ohne Gehalt ein ärmliches Leben führen müssen.« Dalilah, welche durch ihre List und Schlauheit eine Schlange aus ihrem Nest zu locken wußte, und bei der Iblis (der Teufel) selbst noch hätte Unterricht nehmen dürfen, antwortete ihrer Tochter: »Habe nur Geduld, ich werde Streiche ausführen, die meinen Ruf bald über den der beiden jüngst ernannten Polizeipräfekten Ahmed Denf und Hasan Schuman erheben werden, so daß der Kalif mir das Gehalt meines seligen Gatten wird fortbezahlen lassen.« – Sie verschleierte sich hierauf, zog ein wollenes Kleid mit einem breiten Gürtel an, wie die sich Gott weihenden Frauen zu tragen pflegten, nahm eine Waschkanne und füllte sie mit Wasser, in das sie auch einige Goldmünzen legte, die sie mit Palmblättern bedeckte, dann in die andere Hand einen ungeheuer großen Rosenkranz und eine Fahne mit roten und gelben Lumpen behängt. So ging sie in den Straßen Bagdads umher und sagte die frommsten Sprüche her, während sie in ihrem Herzen auf Trug und Verrat sann. Endlich blieb sie vor dem Haus des Obersten der Leibwache des Kalifen stehen. Dieser Mann war unermeßlich reich, er bezog ein starkes Gehalt aus der Staatskasse und besaß nebenbei noch viele Häuser und Güter. Das Haus, welches er mit seinem Harem bewohnte, war eines der schönsten Bagdads. Er war aber in seiner Ehe nicht glücklich, denn seine Gattin, welche er sehr liebte, gebar ihm kein Kind, und er hatte ihr in der Hochzeitsnacht schwören müssen, daß er nie eine zweite heiraten wollte. Gerade an dem Tag, wo Dalilah vor seinem Haus stand, hatte er, als einige seiner Freunde mit ihren schönen Kindern den Diwan besuchten, seiner Gattin über den Eid, den er ihr hatte schwören müssen, bittere Vorwürfe gemacht und sie in übler Laune verlassen. Seine Frau stand am Fenster, wie eine Braut geschmückt und mit den kostbarsten Edelsteinen an Hals, Ohren und Fingern beladen. Als Dalilah sie sah, sagte sie: »Diese Frau muß ich aus dem Haus ihres Gatten entführen und ihr ihren ganzen Schmuck ausziehen.« Sie fing dann an, Gott zu loben und zu preisen, bis die junge Frau aufmerksam auf sie wurde, und in der Hoffnung, vielleicht durch ihren Segen von Gott mit einem Kind beschenkt zu werden, ihrem Pförtner befahl, ihr die Tür zu öffnen.
Der Pförtner, ein armer Mann, der schon drei Monate keinen Lohn von seinem Herrn erhalten hatte, öffnete die Tür und bat Dalilah um einiges Wasser aus ihrer
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