Tausend und eine Nacht, Band 4
und den Sängerinnen das falsche Gold übergeben. Als diese aber es für Messing erkannten, lief sie schnell wieder hinunter, um ihr Kind zu nehmen, aber Dalilah war längst mit ihm verschwunden. Nun fing die Amme an zu weinen und zu schreien, und erzählte ihrer Herrin, was ihr widerfahren, Das ganze Haus geriet in die größte Bestürzung und das Fest wurde in einen Trauertag verwandelt. Nachdem man vergebens das ganze Haus durchsucht hatte, machte sich der Oberste der Kaufleute selbst mit seinem ganzen Hausgesinde auf den Weg und durchstreifte alle Straßen Bagdads, bis er endlich sein Kind halbnackt in dem Laden des Juden sah. Da sagte er zum Juden: Hier ist ja mein Sohn. – Jawohl, mein Herr, antwortete der Jude. Der Kaufmann, außer sich vor Freude, sein Kind wiedergefunden zu haben, nahm es auf den Arm, ohne zu bemerken, daß es halb nackt war, und wollte damit fortgehen. Da sagte der Jude: Mein Herr, eine alte Frau, die das Kind hier ließ, hat einen Schmuck für tausend Dinare von mir für deine Tochter genommen und mir das Kind als Unterpfand gegeben; nimmst du das Kind weg, so verschaffe mir meinen Schmuck oder tausend Dinare. – Ich weiß nichts von einem Schmuck, noch von einer Alten, du bist betrogen worden. Da schrie der Jude: O Muselmänner, helfet mir, man tut mir Unrecht! Der Kaufmann hingegen, der jetzt erst entdeckte, daß sein Sohn aller seiner Kostbarkeiten beraubt worden, forderte sie vom Juden zurück. Als sie so miteinander stritten, kamen der Färber, der Eseltreiber und Hasan vorüber, welche noch immer Dalilah suchten. Sobald sie die Ursache des Streites zwischen dem Juden und dem Kaufmann hörten, sagten sie: Gewiß ist dies ein Streich von derselben Alten, die auch uns betrogen hat. Der Kaufmann sagte hierauf: Ich freue mich so sehr, mein Kind wieder zu haben, daß ich seine Kleider leicht verschmerze. Der Jude aber schloß sich den anderen Betrogenen an, um Dalilah aufzusuchen; er riet ihnen aber, sich zu trennen, um sie desto eher zu finden. »Bei dem Barbier Mahmud«, sagte er, »wollen wir, jeder von einem anderen Weg her, wieder zusammenkommen.« Der Eseltreiber war kaum eine Straße weit allein gegangen, als er die Alte in einem anderen Aufzug sah. Er erkannte sie aber wieder, sprang auf sie zu und forderte seinen Esel von ihr. »Dein Esel«, antwortete sie ganz unbefangen, »steht bei dem Barbier Mahmud samt dem Mietlohn; folge mir nur, so will ich ihm sagen, daß er dir ihn gebe.« Sie ging aber eine Strecke weit voran, und ehe noch der Eseltreiber folgte, sagte sie dem Barbier: »Mein Freund, hier kommt mein Sohn, der unglücklich liebte und deshalb seinen Verstand verlor. Er rufet immer, wo er steht und sitzt und geht: Mein Esel! Mein Esel! Nun haben einige Ärzte mir geraten, ihm zwei Backenzähne herausreißen zu lassen, vielleicht würde ihn diese Erschütterung heilen. Hier ist ein Dinar, ich bitte dich, wenn er seinen Esel fordert, ihm zwei Zähne herauszunehmen und ihn wieder fortzuschicken.« Dalilah blieb vor dem Laden des Barbiers stehen, bis der Eseltreiber darin war, dann ging sie fort, und sobald dieser vom Barbier seinen Esel forderte, führte er ihn in ein Nebenzimmer, rief seinen zwei Jungen und befahl ihnen, ihn zu binden; inzwischen holte er sein glühendes Instrument, riß ihm zwei Backenzähne aus und sagte zu ihm: »Hier hast du deinen Esel.«
Als der Eseltreiber den Barbier fragte, warum er ihm mit Gewalt Zähne herausgenommen? antwortete er: »Ich habe es auf Befehl deiner Mutter getan und hoffe, daß du dadurch von deiner Geisteskrankheit genesen wirst.« Der Eseltreiber schrie: »Ich habe keine Mutter, und du mußt für den Verlust meiner Zähne und meiner erlittenen Schmerzen mich entschädigen, komm nur mit mir zum Kadhi.« Der Barbier wollte ihm nicht folgen, sie zankten eine Weile auf der Straße miteinander herum; unterdessen schlich Dalilah wieder in den Laden, schleppte das Wertvollste daraus fort und ging zu ihrer Tochter Seinab, um ihr ihre weiteren Streiche zu erzählen. Als der Barbier wieder in seinen Laden kam und vieles daraus vermißte, packte er seinerseits den Eseltreiber und forderte von ihm den Ersatz dessen, was ihm entwendet worden. Der Eseltreiber sah endlich ein, daß sie wieder beide hintergangen worden, und erzählte dem Barbier alle Streiche, welche die Alte schon ausgeführt hatte. In diesem Augenblick stellte sich auch der Jude, der Färber und Hasan ein, und da sie des Eseltreibers Aussage bestätigten, blieb dem Barbier
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