Tausend und eine Nacht, Band 4
Terrasse wieder fort nach Hause.
Sureik wartete lange vergebens, bis seine Gattin die Tür öffnete, sie fragte sogleich: »Hast du den Beutel?« – »Habe ich ihn nicht in den Korb gelegt, den du zum Fenster herabgelassen?« – »Ich weiß nichts von einem Korb noch von einem Beutel.« – »Bei Gott! So ist mir der Gauner Ali wieder zuvorgekommen.« Als seine Frau die Tür öffnete, suchte er den Korb, und da er ihn nicht mehr fand, zweifelte er nicht mehr daran, daß Ali sich bei ihm eingeschlichen. Jetzt vermißte aber auch die Schwarze ihr Kind, sie schlug sich auf die Brust und schrie: »Mein Kind, mein Kind!« Dann sagte sie zu Sureik: »Morgen verklage ich dich bei Djafar, du bist an dem Verlust meines Kindes schuld, denn du hast den Gauner durch deinen verdammten Beutel hierher gelockt.« – »Ich bürge dafür, daß ich morgen das Kind wiederbringe«, versetzte Sureik, »beruhige dich nur!« Am folgenden Morgen ging Sureik zu Ahmed Denf und sagte ihm: »Bewege deinen Freund Ali, daß er mir mein Kind zurückgebe, dann schenke ich ihm den Beutel mit Gold.« Da sagte Hasan Schuman, der auch zugegen war, zu Ali: »Warum hast du mir nicht gesagt, daß das gestohlene Kind Sureik gehört?« – »Ist ihm was zugestoßen?« fragte Sureik erschrocken. – »Leider«, sagte Hasan, »haben wir ihm Zibeben zu essen gegeben, an denen es erstickte. Hier liegt es schon in sein Leichengewand gehüllt.« Ahmed, der wohl dachte, daß Sureik sein Kind bei ihm suchen würde, hatte wirklich, um ihn zu erschrecken, ein Lämmchen geschlachtet und in ein Leichengewand gehüllt. Als Sureik dies sah, schrie er: »Wehe mir, mein Sohn! Was werde ich seiner Mutter sagen?« Er ging dann auf das Kind zu und enthüllte es, da bemerkte er, daß es nur ein Lämmchen war und sagte zu Ali: »Gib mir das Kind und behalte mein Geld.« – »Das gehört ihm von Rechts wegen«, sagte Hasan; »du hast oft genug alle Gauner herausgefordert, dir einen Beutel zu nehmen, indessen wird dir ihn Ali gern wieder zurückgeben, wenn du ihn mit deiner Nichte Seinab, der Tochter Dalilahs, verlobst.« – »Willst du das Geld unter dieser Bedingung zurücknehmen?« fragte Ali. »Ich kann meiner Nichte nur raten, aber nicht befehlen«, antwortete Sureik; »ich meinerseits gebe meine Zustimmung, und nehme daher auch mein Geld wieder zurück, aber Seinab wird nur den Mann heiraten, der ihr als Hochzeitsgeschenk die Kleidung und den Schmuck Kamrs, der Tochter des Juden Usra bringt.« – »Unsere Verlobung finde nicht statt«, sagte Ali, »wenn ich sie nicht herbeischaffe.« Sureik ging freudig nach Hause und brachte seiner Frau ihr Kind und ihren Beutel. Ali aber fragte Hasen, wer denn eigentlich der Jude Usra wäre, dessen Tochter Schmuck er Seinab bringen sollte? »Usra«, antwortete Ahmed, »ist ein Zauberer, der dich ins Verderben stürzt, wenn du etwas gegen ihn zu unternehmen wagst, denn die boshaftesten Genien stehen unter seinem Befehl. Er bewohnt ein Schloß außerhalb der Stadt, dessen Wände halb von Gold und halb von Silber sind; dieses Schloß ist aber nur sichtbar, solange er darin ist; verläßt er es, so bemerkt man keine Spur mehr davon.«
»Usra bringt den Tag in der Stadt zu, wo er eine Niederlage von Goldwaren hat und reitet des Abends in sein Schloß zu seiner Tochter Kamr. Dann legt er seiner Tochter Kleider und Schmuck, die er ihr aus dem Schatz Feidas heraufbeschworen, in eine goldene Platte, hängt sie vor das Fenster und ruft: Kommt herbei, ihr Gauner Ägyptens, ihr Spitzbuben Iraks, ihr Beutelschneider Persiens: Wer diese Platte nimmt, darf sie behalten mit allem, was darin ist. Aber die gewandtesten Gauner scheiterten in ihren Versuchen und wurden in Affen oder Esel verwandelt.« – »Ich scheue keine Gefahr«, sagte Ali; »ich muß mit Kamrs Schmuck Dalilahs Tochter Seinab zieren.« Er ließ sich hierauf den Laden des Juden Usra zeigen und wartete in der Nähe desselben, bis Usra den Laden schloß, einen Quersack, mit Silber und Gold gefüllt, auf ein Maultier lud, sich dann selbst daraufsetzte und fortritt; dann folgte er ihm bis zur Stadt hinaus. Auf einmal hielt Usra still, zog ein Beutelchen mit Sand aus der Tasche, murmelte einige unverständliche Worte darüber und streute ihn in die Luft – und, siehe da, plötzlich sah Ali ein goldenes Schloß vor sich stehen; das Maultier, welches ein dienstbarer Geist war, stieg die Stufen hinauf und verschwand. Usra ging mit dem Quersack ins Schloß. Bald darauf erschien er am
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