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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
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fing an zu weinen, bis alle seine Kleider von Tränen benetzt waren; aber Schemsiah trocknete ihn ab und war so liebevoll gegen ihn, daß er bald gefaßt genug war, seine ganze Geschichte zu erzählen.
    Als Djanschah seine Erzählung vollendet hatte, stand Schemsiah auf und sagte: »Mein Herr, wenn du mich wirklich liebst, so gib mir meine Kleider, daß ich mit meinen Schwestern zu meinen Eltern zurückkehre und ihnen von deiner Liebe zu mir erzähle; dann komme ich wieder hierher zu dir und bringe dich in deine Heimat,« Djanschah sagte weinend: »Erlaubt dir dein Gott, daß du mich unschuldigerweise tötest?« – »Wieso das?« fragte Schemsiah. »Ich weiß«, erwiderte Djanschah, »daß, wenn du deine Kleider anziehst, du mich verläßt, und ich muß sogleich sterben.« Schemsiah lachte über diese Worte und ihre Schwestern lachten mit ihr. Dann sagte sie: »Sei frohen Herzens, ich will dich heiraten.« Sie umarmte ihn hierauf, drückte ihn an ihre Brust und küßte ihn auf die Wangen und zwischen die Augen. Nachdem sie sich lange umarmt hatten, setzten sie sich wieder auf den Thron, und Schemsiah sagte zu Djanschah: »O mein Geliebter, Freude meines Auges, bei Gott; ich liebe dich sehr und werde mich nie von dir trennen!« Diese Worte erleichterten Djanschahs Brust und erheiterten sein Gesicht. Sie aßen dann miteinander einige Früchte, welche die älteste Schwester aus dem Garten holte, und bald darauf kam Scheich Naßr zurück. Da standen alle vor ihm auf und grüßten ihn. Er erwiderte ihren Gruß, bewillkommte sie und hieß sie wieder sitzen. Als sie wieder Platz genommen hatten, sagte er zu Schemsiah: »Ich empfehle dir diesen Jüngling hier, der dich sehr leidenschaftlich liebt; er ist von edler Geburt, sein Vater ist Sultan im Lande Kabul.« Schemsiah sagte: »Ich gehorche dir in allem, was du mir befiehlst«, und küßte Scheich Naßr die Hand. Scheich Naßr versetzte hierauf: »Wenn du aufrichtig bist, so schwöre mir bei Gott, daß du ihm nie untreu werden willst, solange du lebst.«
    Schemsiah schwor einen schweren Eid, daß sie Djanschah heiraten, ihm stets treu bleiben und sich nie von ihm trennen wolle, solange sie lebe. Als sie diesen Eid geschworen hatte, glaubte ihr Scheich Naßr und rief freudig aus: »Gelobt sei Gott, der euch beide vereinigt!« Djanschah war vor Freude außer sich und lebte noch drei Monate mit Schemsiah in Scheich Naßrs Schloß in den schönsten irdischen Genüssen. Nach drei Monaten sagte sie zu Djanschah: »Nun wünsche ich, daß du in deine Heimat zurückkehrst, damit wir uns dort verheiraten.« Djanschah ging zu Scheich Naßr und teilte ihm Schemsiahs Wunsch mit. Scheich Naßr sagte: »Kehre in deine Heimat mit ihr zurück und laß sie dir empfohlen sein; du kannst ihr ohne Furcht ihre Kleider zurückgeben, sie wird dich nie mehr verlassen.« Djanschah ging ins Schloß und holte Schemsiahs Kleider und gab sie ihr. Als sie sie angezogen hatte, sagte sie ihm: »Steige nun auf meinen Rücken, drücke deine Augen und deine Ohren zu, damit dich das Geräusch der Himmelssphäre nicht zerschmettere; halte dich mit der Hand recht fest an meinem Rücken und nimm dich wohl in acht, daß du nicht herunterfällst.« Djanschah bestieg ihren Rücken, und Scheich Naßr belehrte sie über die Lage des Landes Kabul, damit sie den Weg dahin finde. Dann empfahl er ihr noch einmal Djanschah und nahm von beiden Abschied. Schemsiah verabschiedete sich hierauf von ihren beiden Schwestern und sagte ihnen: »Geht nun in eure Heimat zurück und erzählt zu Hause, was mir mit Djanschah begegnet.« Dann flog sie in einem fort von morgens bis abends, und Djanschah hielt sich fest an ihrem Rücken. Gegen Abend erblickte sie in der Ferne ein Tal mit vielen Bäumen, Früchten und Bächen; da sagte sie zu Djanschah: »Wir wollen uns ein wenig in diesem Tal ergehen und diese Nacht darin ausruhen.« Djanschah erwiderte: »Tue, was dir gut dünkt.« Sie ließ sich hierauf aus der Luft auf die Erde herunter, Djanschah stieg von ihrem Rücken ab und küßte sie zwischen die Augen; sie setzten sich eine Weile an das Ufer eines Flusses, dann gingen sie spazieren und aßen von den Früchten des Tales, bis es Nacht wurde; da legten sie sich unter einen Baum und schliefen die ganze Nacht. Des anderen Morgens stand Schemsiah auf und hieß Djanschah wieder auf ihren Rücken steigen, und flog wieder in einem fort bis Mittag; da erkannte sie die Merkmale, die ihr Scheich Naßr vom Lande Kabul gegeben, und ließ

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