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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
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hierhergekommen, und Djanschah erzählte ihm alle Abenteuer seiner Reise bis zu seinem Zusammentreffen mit ihm; dann bat er den Alten, welcher ihm mit viel Aufmerksamkeit und Teilnahme zugehört hatte, ihm zu sagen, wem dieses Tal und dieses Schloß gehöre und wie er heiße. – Der Alte antwortete: »Wisse, mein Sohn, dieses Tal mit allem, was du darin siehst, so wie auch dieses Schloß, gehört unserm Herrn Salomo, dem Sohne Davids (Friede sei mit ihm!); mein Name aber ist Scheich Naßr und ich bin König der Vögel. Unser Herr Salomo hat mir dieses Schloß anvertraut und mich die Sprache der Vögel gelehrt und zum Herrscher über alle Vögel von der ganzen Welt ernannt; sie müssen sich jedes Jahr in diesem Schloß versammeln, und ich halte Musterung über sie.« Djanschah fragte weinend: »Was soll ich nun tun, um in meine Heimat zu kommen?« Der Alte antwortete: »Es bleibt dir nichts übrig, als hier zu warten, bis sich die Vögel versammeln; da gebe ich einem der Vögel den Auftrag, dich mitzunehmen; einstweilen kannst du hier im Schloß wohnen, essen und trinken und spazieren gehen.« Djanschah blieb bei Scheich Naßr und lebte mit ihm sehr angenehm, bis endlich die Vögel kamen, um Scheich Naßr zu besuchen. Bei der Ankunft der ersten Vögel übergab Scheich Naßr Djanschah die Schlüssel des Schlosses mit den Worten: »Bleibe du hier und ergehe dich im ganzen Schloß; nur die Tür eines Zimmers darfst du nicht öffnen, sonst geht es dir schlecht; nimm dich also wohl in acht!« Hierauf verließ Scheich Naßr das Schloß und ging den Vögeln entgegen. Sobald die Vögel Scheich Naßr erblickten, flogen sie zu ihm hin, und eine Gattung nach der anderen küßte ihm die Hand.
    Djanschah ging indessen im Schloß umher und besuchte ein Gemach nach dem anderen, bis er endlich an die Tür kam, die ihm Scheich Naßr zu öffnen verboten hatte.
    Die Türe war schöner als die aller übrigen Gemächer, und es hing ein goldenes Schloß davor. Da dachte Djanschah: Gewiß ist dies das schönste Zimmer im Schloß; ich möchte doch wissen, was darin ist, daß Scheich Naßr mir den Eingang verboten. Er blieb eine Weile nachdenkend stehen; dann sagte er: »Ich muß in dieses Zimmer und sehen, was darin ist; es kommt dem Menschen doch nur zu, was im Himmel über ihn bestimmt ist.« Er öffnete hierauf die Tür und sah einen großen Teich, neben welchem ein kleines Schloß gebaut war aus Gold, Silber und Kristall; die Fenster waren aus Rubin, und der Boden aus grünem Smaragd, Diamanten, Perlen und marmorfarbigen Edelsteinen. Mitten im Schloß war ein goldener Springbrunnen voll mit Wasser, und rund herum allerlei goldene und silberne wasserspeiende Tiere und Vögel, die, sooft der Wind ihnen in die Ohren wehte, jedes in seiner Sprache redete. Neben dem Springbrunnen war ein großer Saal mit einem Thron aus Rubin mit Perlen und Edelsteinen verziert, und über dem Thron war ein Zelt von grüner Seide aufgeschlagen mit allerlei Juwelen durchwirkt; das Zelt war fünfzig Ellen groß und dessen Boden mit einem Teppich bedeckt, der unserem Herrn Salomo gehörte. Hinter dem Schloß war ein Garten mit vielen Bächen und Fruchtbäumen, und ein Blumenbeet von Rosen, Jasminen, Nelken, Lilien, Narzissen, Veilchen, Anemonen und anderen wohlriechenden Blumen, die ein leiser Zephyr sanft umherschaukelte. Djanschah ging lange in diesem Garten umher, der unbeschreiblich viele Merkwürdigkeiten enthielt; dann bewunderte er wieder den schönen Teich, dessen Boden aus den kostbarsten Edelsteinen zusammengesetzt war.
    Nachdem Djanschah alle Wunder des Gartens und Springbrunnens angestaunt hatte, ging er ins Zelt, das neben dem Springbrunnen aufgeschlagen war, bestieg den Thron, der darin stand, und schlief eine Weile. Als er erwachte, ging er wieder zum Zelt hinaus und setzte sich vor die Tür, um noch einmal dieses schöne Schloß zu bewundern. [Fußnote: Einige der folgenden Nächte haben Ähnlichkeit mit denen aus der Geschichte Hasans aus Baßrah, konnten aber des Zusammenhangs willen nicht ausgelassen werden.] Auf einmal kamen drei Vögel in der Gestalt von Tauben, aber so groß wie Adler, herbeigeflogen, ließen sich neben dem Teich nieder und spielten und scherzten eine Weile miteinander; dann zogen sie ihre Federn aus und sprangen in den Teich, und siehe da! Es waren drei Mädchen wie der Mond, dergleichen Djanschah in der Welt noch nie gesehen hatte. Er wußte nicht, was er am meisten bewundern sollte, ihr blühendes Gesicht mit seinen

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