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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
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um die Zitadelle der Genien zu erfragen; aber alle kehrten ohne Nachricht zurück. Er ging dann weinend zu seinem Sohn, der mitten unter Sängern und Sklavinnen doch seine Geliebte nicht vergessen konnte, sagte ihm, daß alle seine Bemühungen, die Zitadelle zu erforschen, fruchtlos geblieben, und schlug ihm vor, eine andere Gattin zu nehmen, schöner und liebenswürdiger als Schemsiah. Aber Djanschah war untröstlich, und brachte alle Nächte weinend und seufzend zu; auch sein Vater lebte daher sehr mißvergnügt und unruhig.
    Dies vernahm der König Kefid, der über Indien herrschte und ein alter Feind des Königs Tighanus war. Kefid gebot über tausend Statthalter, deren jeder über tausend Völkerschaften herrschte, von denen jede tausend Reiter ins Feld stellte. Er versammelte daher seine Veziere und Staatsräte und Emire, und sagte ihnen: »Ich habe vernommen, daß der König Tighanus wegen der Trauer seines Sohnes Djanschah alle Staatsangelegenheiten vernachlässigt: nun wißt ihr wohl, daß er einen Teil meines Landes geraubt, meinen Vater und meine Brüder getötet und ihr Gut geplündert hat; wir wollen daher diesen günstigen Augenblick benutzen, um eine Armee auszurüsten, ihn zu überfallen, ihn und seinen Sohn zu töten und ihr Land uns zu unterwerfen.«
    Die Veziere und Emire schenkten dem König Kefid ihren Beifall, und jeder von ihnen machte die nötigen Vorbereitungen zum Feldzug. Als nach sieben Tagen alle Anstalten zum Krieg getroffen waren und die Truppen sich versammelt hatten, erschallten die Trompeten und Zimbeln, die Fahnen wurden umhergetragen, und der König Kefid begab sich mit seinen Truppen bis an die Grenze des Landes Kabul, das dem König Tighanus gehörte. Sie fingen gleich an, die Ortschaften an der Grenze auszuplündern, den Bewohnern Gewalt anzutun, Große zu töten und Kinder gefangenzunehmen, so daß bald die Nachricht davon zum König Tighanus gelangte. Dieser entbrannte vor Zorn, versammelte die Großen des Reiches, die Veziere und Emire und sagte ihnen: »Wisset, daß der König Kefid herangezogen ist, um uns zu bekriegen, er hat so viele Truppen bei sich, daß nur Gott ihre Zahl kennt; ratet nun, was zu tun ist.« Sie sagten: »O König der Zeit, wir müssen ihm entgegenziehen und unser Land verteidigen.« Da sagte der König Tighanus: »Nun bereitet euch vor zum Feldzug!« Er öffnete dann alle Waffenmagazine und verteilte Panzer, Schwerter, Schilde, Helme und anderes Kriegsmaterial, versammelte die Armee, ließ die Trompeten erschallen und die Fahnen aufpflanzen, und zog mit den Truppen dem König Kefid entgegen. Als sie an die Grenze des Landes Kabul in das Land Sahran kamen, stieg der König Tighanus ab, schrieb einen Brief und schickte ihn mit einem Boten an den König Kefid. Folgendes war der Inhalt des Briefes:
    »Wir tun dir, o König Kefid, hiermit kund, daß du als ein Niederträchtiger gehandelt hast; wärest du von königlichem Geblüte, so hättest du nicht auf diese Weise unser Land überfallen, um darin zu plündern und Gewalt auszuüben. Hätte ich früher deine Absicht gewußt, so wäre ich dir längst schon entgegen gezogen, um dir den Eintritt in mein Land zu versperren; doch willst du nun zurückkehren, so lassen wir das Geschehene und hegen keine Feindschaft mehr; wenn nicht, so stelle dich zum Kampf.«
    Der Bote, der sehr verständig und von Kundschaftern begleitet war, begab sich ins feindliche Lager; da sah er viele seidene Zelte, darunter ein sehr großes von rotem Atlas; es war das Zelt des Königs Kefid, in dessen Mitte er selbst auf einem Thron saß, von Emiren, Vezieren und Staatsräten umgeben. Der Bote zog vor dem Zelt den Brief hervor, es kamen Soldaten und nahmen ihn ihm ab und brachten ihn dem König. Als Kefid den Brief gelesen hatte, schrieb er folgende Antwort:
    »Wir tun dem König Tighanus kund, daß wir entschlossen sind, uns zu rächen, sein Land zu verwüsten, und alle Großen zu töten; morgen werde ich mich auf dem Kampfplatz zeigen.«
    Diesen Brief versiegelte er und gab ihn dem Boten. Der Bote kehrte zu dem König Tighanus zurück, verbeugte sich vor ihm, übergab ihm die Antwort des Königs Kefid und sagte ihm: »O König, ich habe eine unzählbare Menge Reiter und Fußvolk gesehen!« Tighanus wurde sowohl durch den Inhalt der Antwort als durch das, was der Bote ihm mündlich sagte, so aufgebracht, daß er sogleich seinem Vezier Einsar den Befehl erteilte, mit tausend Reitern in der Nacht plötzlich den Feind zu überfallen und

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