Tausendundeine Nacht - Erwachsene Märchen aus 1001 Nacht
gekauft, aber ich habe einen Sohn, der ein wahrer Satan ist und jedes Mädchen in unserm Stadtviertel zu verführen sucht. Nimm dich also wohl in acht vor ihm, hüte dich, ihm dein Gesicht zu zeigen oder ihn deine Stimme hören zu lassen, und bedenke, wofür du bestimmt bist.«
Die Sklavin versicherte ihn ihres Gehorsams und er verließ sie wieder. Nun wollte aber das Schicksal, daß die Sklavin eines Tages ins Bad ging, welches im Hause war, eine Sklavin begleitete sie dahin, um sie zu bedienen. Das Bad goß das Gewand der Anmut über sie und erhöhte den Glanz ihrer Schönheit. Als sie herauskam reichte man ihr ein Kleid, welches einer jungen Schönheit würdig war. Sobald der Anzug vollendet war, beeilte sich die schöne Perserin, sich ihrer Herrin vorzustellen. Diese begrüßte sie mit den Worten: »Das Bad bekomme dir wohl, o Enis Aldjelis 3 !« worauf ihr die Sklavin die Hand küßte und erwiderte: »Gott vermehre deine Freude und dein Glück, o Herrin!« Als die Frau des Veziers hierauf fragte, ob ein Bad jetzt angenehm wäre, antwortete die Sklavin: »das Wasser ist ganz herrlich und sehnt sich nach deiner Jugend.« Da wendete sich die Frau zu ihren Mädchen und sagte: »laßt uns auch baden, wir haben schon mehrere Wochen kein Bad genommen.« Die Mädchen erwiderten: »du bist uns zuvorgekommen, wir haben schon daran gedacht.« »Nun«, rief sie: »laßt uns im Namen Gottes gehen!« Bevor sich jedoch die Gemahlin des Veziers entfernte, gebot sie zwei kleinen Sklavinnen, vor der Türe des Zimmers von Enis Aldjelis Wache zu halten, und sagte zu ihnen: »Gebet wohl acht, daß niemand sich nähere und hineingehe!«
Während nun die Gemahlin Vadhleddins im Bade war und Enis Aldjelis in ihrem Zimmer, vom Bade verschönert, ausruhte, erschien Nureddin Ali, der Sohn des Veziers, in den Gemächern seiner Mutter. Als er diese hier nicht fand, ging er rasch auf das Zimmer der schönen Perserin zu, vor dessen Türe er die zwei zurückgelassenen Sklavinnen traf. Er fragte sie, wo seine Mutter und die Sklavinnen seien.
Die beiden Sklavinnen antworteten Nureddin auf seine Frage, sie seien alle im Bad. Als Enis Aldjelis die Stimme Nureddins hörte, sagte sie bei sich selber: »Ich möchte doch wissen, wie der junge Mann aussieht, der da draußen spricht; ob es vielleicht der ist, vor dem man mich gewarnt hat.« Mit diesen Worten erhob sie sich von dem Polster, auf welches sie sich niedergelassen hatte, trat unter den Eingang des Zimmers und erblickte Nureddin. Er erschien ihr wie der Vollmond, und ein einziger Blick war hinreichend, sie ganz für den schönen Jüngling einzunehmen, und als sein Blick auf die Sklavin fiel, war auch sein Schicksal entschieden. Das Herz eines jeden von ihnen fiel in das Liebesnetz des andern. Nureddin wendete sich hierauf zu den beiden Sklavinnen und schrie sie an, daß sie aus Furcht zurücktraten und in der Ferne stehen blieben, um zu sehen, was er tun werde. Er trat hierauf in das Gemach der Enis Aldjelis und sagte zu ihr: »Bist du die Sklavin, die mein Vater für mich gekauft hat?« Die Sklavin rief: »Bei Gott, mein Herr, ich bin’s!« Da stürzte er wonnetrunken auf sie zu und sie schlang sich fest um seinen Hals und kam ihm mit glühenden Küssen entgegen.
Als die beiden Sklavinnen dies sahen, erhoben sie ein großes Geschrei, während Nureddin, die schlimmen Folgen seiner Tat fürchtend, davonlief. Seine Mutter, zu welcher das Jammergeschrei der Sklavinnen drang, verließ plötzlich das Bad, um zu sehen, was vorgefallen. Als sie den Sklavinnen nahe kam, rief sie: »wehe euch! was gibt es?« Sie antworteten, Nureddin sei, trotz ihnen, in das Zimmer der schönen Perserin gedrungen und habe sie mit Gewalt von dem Eingang vertrieben, das Mädchen in seine Arme geschlossen; was weiter geschehen, wüßten sie nicht, sie haben nur gesehen, wie er davon gelaufen sei. Die Frau eilte sogleich in das Gemach der Enis Aldjelis und fragte sie, was vorgefallen? Enis Aldjelis antwortete: »Meine Herrin! Ich saß hier, ohne an etwas Schlimmes zu denken. Plötzlich kam ein schöner Jüngling auf mich zu und fragte mich: Bist du wohl das Mädchen, das mein Vater mir gekauft? und, bei Gott! Herrin, ich glaubte, er rede wahr, und sagte zu ihm: Ich bin’s. Da stürzte er auf mich zu und umarmte mich.« – »Sonst hat er nichts von dir gewollt?« forschte die Gemahlin des Veziers weiter. Als die Sklavin betroffen schwieg, fuhr sie fort: »Wehe dir, möge es nicht dein Unglück sein!«
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