Tausendundeine Nacht - Erwachsene Märchen aus 1001 Nacht
wieder gut war; da freute sie sich, legte einige Kleider ab und sagte: »Mein Herr! hast du nichts zu essen für deine Sklavin?« Er antwortete: »Decke dieses Becken auf!« Sie deckte es auf und fand darin ein Stück von einer Maus; dieses aß sie, dann sagte er ihr: »In diesem Topf ist noch Bier, trinke es!« Sie trank, wusch ihre Hand, setzte sich dann zu ihm auf das Bündel Rohr mitten unter den Lumpen. Ich stieg vom Dache herunter, nahm das Schwert, mit dem meine Frau gekommen, und schwang es, um beide zu töten; ich schlug zuerst den Schwarzen auf den Hals und glaubte schon mit ihm fertig zu sein, aber ich durchschlug nur die Haut, das Fleisch und die Kehle, es waren jedoch die Halsadern nicht durchschnitten. Ich glaubte indessen doch, ihn getötet zu haben, er schrie laut auf und meine Frau fiel seitwärts so, daß sie hinter mir war; ich legte dann das Schwert nieder an seine Stelle, kehrte zur Stadt zurück, ging ins Schloß, begab mich in mein Bett und blieb bis zum Morgen liegen. Als meine Frau zurückkam, sah ich, daß sie ihre Haare abgeschnitten und Trauerkleider angezogen hatte; sie sagte mir: »O mein Vetter, wirst du dich wohl dem, was ich tue widersetzen wollen? Wisse, ich habe Nachricht erhalten, daß meine Mutter gestorben ist, daß mein Vater im heiligen Kriege umgekommen, daß einer meiner Brüder durch einen Schlangenbiß und ein anderer durch einen Sturz das Leben verloren; ich muß daher weinen und trauern.« Als ich dies hörte, ließ ich sie gehen und sagte ihr: »Tu was du willst, ich werde dich nicht hindern.« Sie verharrte nun ein volles Jahr in Weinen und Trauern.« Nach einem Jahr sprach sie zu mir: »Ich möchte, daß du mir im Hause eine Grabstätte mit einem Zimmer bauen ließest, damit ich darin allein trauern könnte, ich würde es das Trauergebäude nennen.« Ich sagte ihr wieder: »Tu, was dir gut dünkt!« Jetzt erteilte sie sogleich Befehl, ließ sich das Trauerhaus bauen, und in dessen Mitte eine Kuppel errichten. Den Sklaven aber brachte sie in die Grabeshöhle. Diesem war nicht mehr zu helfen. Er lebte zwar, denn seine Zeit war nicht abgelaufen, auch konnte er noch trinken, aber vom Tage an, wo ich ihn verwundet hatte, nicht mehr sprechen. Meine Frau besuchte ihn nun morgens und abends, und weinte und brachte ihm Wein und Fleischsuppen. So verging ein ganzes Jahr, in welchem ich alles dieses mit Geduld ertrug. Nach diesem Jahre ging ich ihr einmal nach, ohne daß sie es merkte: ich hörte, wie sie weinte und sagte: »O mein Geliebter! o mein Herz! Warum muß ich das von deiner Liebe erfahren? warum sieht dich mein Auge nicht immer und warum in einem solchen Zustand? warum sprichst du nicht mit mir, o sage mir doch etwas!« dann fügte sie noch folgende Verse hinzu:
»Ein Tag der Wunscherfüllung ist der, an welchem ich eure Nähe gewonnen, ein Tag des Unheils der, an welchem ihr euch von mir trennt. Wenn ich in der größten Angst und Furcht übernachte, so ist mir eure Nähe doch süßer als die gewisseste Sicherheit.«
»Lebte ich im schönsten Wohlbehagen und besäße ich die ganze Welt, das Reich der Chosroen, so würde ich es doch nicht so hoch als den Flügel einer Mücke anschlagen, wenn mein Auge dich nicht sähe.«
Als sie dies vollendet hatte, sagte ich zu ihr: »Muhme, höre doch einmal auf zu trauern! Du hast genug vergebens geweint.« Sie antwortete mir: »Widersetze dich meinem Willen nicht, sonst bringe ich mich um.« Ich schwieg und überließ sie ihrem Zustand; sie aber fuhr wieder ein Jahr fort zu trauern und zu weinen. Nach dem dritten Jahr, an einem Tage, wo ich gerade eines unangenehmen Ereignisses willen im Zorne war, ging ich ihr wieder nach, denn nun dauerte mir diese Qual doch zu lange; ich fand sie bei der Grabeshöhle unter der Kuppel und hörte, wie sie sagte: »Werde ich denn, o mein Herr, kein einziges Wort mehr von dir vernehmen? nun gibst du mir schon drei Jahre keine Antwort.« Dann vernahm ich folgende Verse von ihr:
»O Grab! o Grab! haben seine Reize aufgehört zu sein? ist seine blühende Gestalt von dir gewichen? O Grab, du bist ja doch kein Himmel und kein Lustgarten, wie kann Sonne und Mond sich in dir vereinigen?«
Mein Zorn nahm überhand, als ich dies hörte, und ich rief: »Wehe! wie lange wird noch dieser Schmerz dauern.« Dann aber sprach ich folgende Verse:
»O Grab! o Grab! haben seine Unvollkommenheiten noch nicht aufgehört? hat sein abscheulicher Blick sich von dir gewandt? O Grab! du bist ja doch kein Teich und
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