Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tausendundeine Nacht - Erwachsene Märchen aus 1001 Nacht

Tausendundeine Nacht - Erwachsene Märchen aus 1001 Nacht

Titel: Tausendundeine Nacht - Erwachsene Märchen aus 1001 Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
ehemaligen Nachbars, sprach zum Beneideten, ich habe etwas Wichtiges mit dir allein zu sprechen, lasse die Armen sich zurückziehen, die dich umgeben. Nachdem diese, auf Geheiß des Gutsbesitzers, sich entfernt hatten und die beiden ehemaligen Nachbarn, im Gespräche vertieft, immer weiter gingen, bis sie in die Nähe der Zisterne gekommen waren, ergriff der Neider den Beneideten plötzlich und warf ihn hinein; hierauf ging der Neider wieder nach Hause, in der Gewißheit, den Beneideten glücklich getötet zu haben.
    Da aber dieser Brunnen von Geistern bewohnt war, fuhr der zweite Kalender in seiner Erzählung fort, fingen diese den Beneideten auf und brachten ihn wieder aufs Trockene, dann erzählte einer der Geister den übrigen, wer dieser Halbertrunkene sei und wie er durch die Bosheit seines Nachbars ohne ihre Hilfe hätte sterben müssen. Dann berichtete ein andrer, wie der Sultan so viel von der Frömmigkeit und dem heiligen Leben dieses Mannes gehört, daß er sich entschlossen habe, ihn zu bitten, seine Tochter heilen zu wollen, die von bösen Geistern besessen sei, vom Geiste Maimun, Sohn des Dimdim, nämlich, der sich in sie verliebt habe. Da fragte ein Geist: Womit könnte aber die Tochter des Sultans geheilt werden? Der fromme Mann müßte, erwiderte der erste Geist, aus dem weißen Fleckchen am Schwanze seiner schwarzen Katze, das so groß ist wie eine Silbermünze, sieben Haare ausreißen und die Prinzessin damit beräuchern, dann muß der böse Geist sogleich aus ihrem Kopfe fahren und nie mehr zurückkehren. Da der Beneidete dieses ganze Gespräch der Geister mit angehört hatte, so nahm er, sobald der Tag angebrochen, sieben Haare aus dem weißen Fleckchen des Schwanzes seiner schwarzen Katze, und kaum war er wieder mit seinen Freunden, die ihn am Brunnen abholten, ins Haus zurückgekehrt, so trat auch schon der Sultan mit einem zahlreichen Gefolge herein, während eine Abteilung Soldaten vor der Türe stehen blieb. Der Beneidete sagte dem Sultan, nachdem er ihn willkommen geheißen: »Ich weiß schon, warum du mich heute besuchst; du wünschest, daß ich dir ein Mittel für deine besessene Tochter angebe.« »Es ist wahr, frommer Mann!« erwiderte der Sultan. »Nun«, versetzte der Beneidete, »laß sie nur hierher bringen, ich hoffe, so Gott will, sie im Augenblick zu heilen.« Der Sultan schickte sogleich jemanden, um seine Tochter zu holen. Als sie gebunden und gefesselt erschien, beräucherte sie der Beneidete mit den sieben Haaren und der Geist verließ sie alsbald mit einem gräßlichen Geschrei. Die Prinzessin, die jetzt auf einmal ihren Verstand wieder gewann, bedeckte vor Scham ihr Gesicht und fragte, wie sie hierher gekommen sei? Als der Sultan bemerkte, daß seine Tochter wieder genesen, küßte er vor Freude dem Beneideten die Hände. Dann fragte er seine Umgebung: »Was verdient wohl ein Mann, der mir einen solchen Dienst erwiesen?« Alle erwiderten: »Er verdient, daß du ihm deine Tochter zur Gemahlin gibst.« Der Sultan schenkte ihrer Antwort Beifall und vermählte seine Tochter mit dem Beneideten. Bald nach der Hochzeit starb der Vezier und der Sultan erteilte, in Übereinstimmung mit seinen Großen, diese Würde seinem Tochtermann. Bald nachher starb dann der Sultan selbst und der Vezier ward einstimmig zum Sultan erhoben.
    Eines Tages, fuhr der zweite Kalender zu erzählen fort, ging der Neider vor seinem Beneideten vorüber, der von den Vezieren, Fürsten und Großen des Reichs umgeben war. Als dieser den Neider erblickte, wandte er sich zu einem seiner Veziere und sagte ihm: »Bringe mir diesen Mann herbei, doch erschrecke ihn nicht!« Der Vezier ging fort, um den Neider, seinen ehemaligen Nachbar, zu bringen; da sagte der Sultan: »Gebt ihm 1000 Pfund aus meiner Schatzkammer, packt ihm 20 Ladungen Waren zusammen und gebt ihm eine Wache, die ihn in seine Heimat zurückführe.« Dann entließ er ihn und jener entfernte sich, ohne daß der Sultan ihn für das, was er getan, bestraft hätte. Sieh also, o Geist, wie der Beneidete seinem Neider verziehen, der ihn zuerst beneidet, dann ihm Gewalt angetan, dann ihm nachgereist, bis er ihn eingeholt, dann in der Absicht, ihn zu töten, ihn in den Brunnen geworfen hatte: er hat ihn für all dieses Unrecht nicht bestraft, sondern ihm verziehen. Hierauf weinte ich heftig vor dem Geiste und sprach folgende Verse:
    »Schenke mir meine Schuld, die Verständigen begnadigen ja selbst Verbrecher, und sollte ich auch alle Verbrechen verübt

Weitere Kostenlose Bücher