Tausendundeine Nacht - Erwachsene Märchen aus 1001 Nacht
tun, was er befehlen würde, fuhr er fort: »Höre! wir brachten unsre Zeit im angenehmsten Leben zu und waren sicher vor allen Launen des Schicksals, bis deine unselige Gegenwart uns Unglück brachte; da verlor ich meine Tochter um deinetwillen, auch mein Diener wurde getötet, nur ich entging allein dem Tode. Durch dich ist all dies geschehen! Seitdem wir dich gesehen, ist aller Segen verschwunden. O, wäre es doch nie geschehen! Nun wünschte ich, da du doch nur unsrem Untergang deine Rettung zu verdanken hast, daß du in Frieden unser Land verlassest; denn sollte ich dich einst wieder schauen, so brächte ich dich um!«
Da er mir dies in einem heftigen Tone sagte, ging ich weinend aus der Stadt. Ich war halb blind, sah und hörte nichts, wußte nicht, wohin ich mich wenden sollte. Ich rief alles, was mir widerfahren, in mein Gedächtnis zurück: wie ich als Affe in die Stadt gezogen war und nun als Mensch in einem solchen Zustande sie verließ; dies alles machte mich sehr traurig. Aber ehe ich aus der Stadt heraus war, ging ich noch in ein Bad, ließ mir meinen Bart und meine Augenbrauen abscheren, hing dann einen schwarzen Sack um und ging planlos vor mich hin, Noch, o Gebieterin! denke ich jeden Tag an den unglücklichen Tod der Prinzessin und an den Verlust meines Auges, dann weine ich heftig und spreche folgende Verse:
»Ich verlor die Besinnung; Das Unglück kam ganz unerwartet, doch kennt gewiß der Barmherzige meine Lage; ich habe daher Geduld, bis Gott anders über mich verfügen wird, so bitter auch mein Schicksal sein mag.«
Ich durchreiste nun viele Länder, um nach Bagdad zu kommen, wo ich hoffte, jemanden zu finden, der mich dem Fürsten der Gläubigen vorstellen werde, damit ich ihm meine Geschichte erzählen könnte. Ich kam nun diese Nacht an, fand meinen Bruder hier stehen, grüßte und fragte ihn, ob er auch ein Fremder sei? Nach einer Weile kam dieser Dritte, der uns ebenfalls so anredete; so gingen wir miteinander, bis uns die Nacht überfiel. Das Schicksal trieb uns dann zu euch. Dies ist die Ursache des Verlustes meines Auges und des Abscherens meines Bartes.« Da sagten die Frauen: »Rette dein Leben und gehe!« Er aber erwiderte: »Bei Gott! ich weiche nicht, bis ich höre, was den übrigen geschehen.« Man entfesselte ihn hierauf und er stellte sich neben den ersten.
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1 Der Koran ist das vom Engel Gabriel dem Mohammed geoffenbarte Buch. Diese Offenbarung fand aber stückweise statt, und erst unter Abubekr wurden die zerstreuten Bruchstücke gesammelt und unter Othman berichtigt und bekannt gemacht.
2 Iblis ist der Luzifer der Araber, der aus dem Himmel vertrieben wurde, weil er sich weigerte, vor Adam hinzuknieen, wie es die übrigen Engel auf Gottes Befehl getan.
3 Hier sind einige Wortspiele, die man nicht wiedergeben kann, ebensowenig lassen sich für die verschiedenen arabischen Schriften entsprechende Namen finden.
Geschichte des dritten Kalenders
D er dritte Kalender sprach hierauf: Gebieterin! meine Geschichte ist nicht wie die der andern, sondern viel wunderbarer und befremdender; aber sie enthält auch die Ursache meines ausgestochenen Auges und abgeschorenen Bartes. Denn während meine Freunde vom Schicksal und der Bestimmung überfallen wurden, habe ich mir selbst ein trauriges Geschick bereitet. Mein Vater war nämlich ein mächtiger, angesehener König, und nach seinem Tode erbte ich sein Reich. Unsere Stadt war sehr groß, das Meer dehnte sich neben ihr aus und es waren in der Nähe mitten im Meere viele große Inseln. Mein Name war: König Adjib 1 , Sohn des Königs Haßib 2 . Ich hatte für meinen Handel fünfzig Schiffe auf dem Meere, fünfzig kleinere zur Belustigung und dabei noch fünfzig Kriegsschiffe. Als ich einmal eine Spazierfahrt nach den Inseln machen wollte, nahm ich auf einen Monat Lebensmittel mit, begab mich auf die Reise, belustigte mich einen Monat lang und kehrte dann wieder in mein Land zurück. Hierauf bekam ich Lust zu einer zweiten Reise, und diesmal nahm ich Proviant auf zwei Monate mit, und so gewöhnte ich mich an Seereisen, bis ich einst mit zehn Schiffen auslief und 40 Tage lang immer fort segelte; da kamen aber in der 41. Nacht heftige Gegenwinde, das Meer trieb uns mächtige Wogen entgegen, und schon verzweifelten wir an unserem Leben, denn es war ganz finster um uns. Da dachte ich: Wer sich in Gefahr begibt, verdient kein Lob, wenn er auch glücklich durchkommt. Wir flehten und beteten zu Gott; der Wind blies bald von dieser,
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