Tausendundeine Nacht - Erwachsene Märchen aus 1001 Nacht
findest du jemanden, der dich in deine Heimat zurückführen kann. Dies alles wird so enden, wenn du den Namen Gottes nicht nennst.« Als ich erwachte stand ich freudig auf und tat, was mir die Stimme gesagt; ich warf den Reiter vom Pferd und er fiel ins Meer, aber das Pferd stürzte neben mir hin; hierauf beerdigte ich es an dem Orte, wo der Bogen gelegen; das Meer ward nun emporgehoben und stieg bis zu mir herauf; nach kurzer Zeit bemerkte ich den Nachen im Meere, der auf mich lossteuerte, und als ich ihn sah, dankte und lobte ich Gott, denn er ruderte immer fort, bis er bei mir war. Es saß ein kupferner Mann darin mit einer bleiernen Tafel auf der Brust, auf der mannigfaltige Namen und Talismane geschrieben waren; ich bestieg den Nachen, ohne ein Wort zu sprechen, und der Mann ruderte bis zum neunten Tage mit mir fort, da freute ich mich sehr, denn schon sah ich Inseln und Berge, die mir als ein Zeichen der Rettung galten. Meine Freude hierüber war so groß, daß ich den erhabenen Gott lobte und groß nannte. Kaum aber hatte ich dies getan, so stürzte der Nachen mit mir um und sank unter. Ich mußte den ganzen Tag bis zum Abend schwimmen. Als aber die Nacht herankam, meine Arme schon ermüdet, meine Schultern kraftlos waren und ich immer noch nicht wußte, wo ich war, und mich schon darauf gefaßt machte, zu ertrinken, erhob sich plötzlich ein heftiger Sturm, das Meer fing an zu toben, es kam eine Welle, so hoch wie ein Berg, auf mich zu und stieß mich ans Land hin, weil Gott auf diese Weise mich retten wollte. Als ich nun im Trocknen war, preßte ich meine Kleider aus, breitete sie auf den Boden hin und brachte hier eine lange Nacht zu. Des Morgens kleidete ich mich wieder an, um zu sehen, in welchem Land ich mich befand. Ich sah mich in einer fruchtbaren, mit Bäumen bepflanzten Gegend, und als ich darin umherging, bemerkte ich, daß ich auf einer kleinen Insel mitten im Meere war. Ich sagte: »Es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer bei dem erhabenen Gott.« Während ich nun so über meine Lage nachdachte und schon den Tod herbeiwünschte, gewahrte ich in der Ferne ein Schiff mit Menschen, das auf die Insel zukam. Ich stieg auf einen Baum, verbarg mich im Laub und sah, als das Schiff anlandete, zehn Sklaven heraussteigen mit Schaufeln und Körben. Als sie mitten auf der Insel waren, gruben sie die Erde auf, bis sie auf eine Platte stießen. Sie kehrten dann zum Schiffe zurück, brachten Brot und andere Lebensmittel, Mehl, einen Wasserschlauch, Öl, Honig, mehrere Schafe, Früchte, auch allerlei Hausgerätschaften, Schüsseln, Betten, Teppiche, Matten und was man sonst in einer Wohnung braucht, wie Spiegel und ähnliche Dinge. Die Sklaven gingen stets hin und her, vom Schiffe in die Höhle, bis sie alles herbeigebracht hatten. Zuletzt kamen sie wieder mit einem ganz alten Manne, den das Schicksal so hart mitgenommen, daß wenig mehr von ihm übrig geblieben war; er glich einem Gegenstand in einen blauen Lumpen gehüllt, den der Wind hin und her bläst, wie ein Dichter sagte:
»Ich zittere heftig von dem Schicksale, denn es ist mächtig und furchtbar; früher konnte ich gehen, ohne zu ermüden, jetzt bin ich müde, auch wenn ich mich gar nicht bewege.«
Der alte Mann führte einen hübschen Jüngling an der Hand, der nach der schönsten Form gebildet war: er glich einem grünen Baumzweige, bezauberte jedes Herz durch seine Anmut und war eben so gebildet, als schön, so daß er alle Leute an Reizen und Tugenden übertraf, wie ein Dichter sagte:
»Er kam, sich mit der Schönheit selbst zu messen, und sie beugte beschämt ihr Haupt. Man fragte dann: O Schönheit! hast du je so etwas gesehen? Und sie antwortete: Nein, so etwas niemals.«
Es gingen nun alle zusammen in die Höhle und blieben mehr als zwei Stunden darin; dann kam der Alte mit den Sklaven wieder herauf, der Jüngling aber war nicht mit ihnen; sie schaufelten die Erde wieder eben, wie sie gewesen war, gingen aufs Schiff, und ich sah sie nicht mehr. Als sie weg waren, stieg ich vom Baume, ging auf die Höhle zu, grub mit großer Geduld die Erde weg, bis ich an die Platte kam; als ich diese wegschob, fand ich eine Treppe, und als ich diese hinuntergestiegen war, kam ich in ein reinliches Zimmer mit verschiedenen Betten, Teppichen und Seidenstoffen bedeckt; ich sah den Jüngling auf einem hohen Polster sitzen mit einem Fächer in der Hand. Um ihn herum lagen Früchte, Gemüse und wohlriechende Kräuter. Da er allein in diesem Zimmer war, ward
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