Tausendundeine Nacht - Erwachsene Märchen aus 1001 Nacht
Kleidern und in einem alten schmutzigen Aufzuge; sie war im erbärmlichsten Zustande. Als ich sie sah, erschrak ich und sagte zu ihr: »Was bedeutet dieser Zustand?« Sie antwortete mir: »Diese Worte helfen nichts, die Feder hat das göttliche Urteil aufgezeichnet. 1 « Hierauf, o Fürst der Gläubigen, führte ich sie ins Bad und zog ihr die schönsten Kleider an, kochte ihr auch Suppe, gab ihr Wein zu trinken und bediente sie einen Monat lang; dann sagte ich zu ihr: »O meine Schwester! du bist unsere älteste und an unsrer Mutter Statt, hier ist mein Vermögen, das Gott gesegnet hat, indem ich Seide spann und reinigte; mein Vermögen ist rein, nimm es hin, wir wollen gleich sein.« Ich erzeigte ihr die größten Wohltaten, sie blieb ein ganzes Jahr bei mir. Wir waren besorgt über das Los unserer anderen Schwester, als diese endlich in einem noch elenderen Aufzuge, als die ältere, ankam. Ich tat noch mehr für sie, als für jene. Einst sagten sie mir: »Wir wollen nicht ledig bleiben, sondern wieder heiraten.« Ich antwortete ihnen: »Ihr habt kein Glück in der Ehe; es gibt wenig gute Männer, bleibt lieber bei mir, wir werden einander gegenseitig trösten; ihr habt ja schon die Ehe gekostet und sie hat euch nichts Gutes gebracht.« Sie hörten aber nicht auf meine Rede und heirateten ohne meine Erlaubnis; ich mußte sie ein zweites Mal von dem meinigen ausstatten.
Es dauerte aber nicht lange, da nahmen ihre Männer alles, was sie hatten, reisten damit fort und verließen meine Schwestern. Diese kamen jetzt wieder zu mir und entschuldigten sich. Sie sagten: »O Schwester! du bist jünger als wir an Jahren, aber älter an Verstand. Nun sei dies das erste und letzte Mal, daß wir mit unserer Zunge eines Gatten erwähnen. Nimm uns als Sklavinnen zu dir, damit wir nur zu leben haben.« Ich sagte ihnen: »O meine Schwestern! es ist mir niemand so teuer als ihr.« Ich wendete mich ihnen wieder in Liebe zu und verehrte sie noch mehr als früher. Wir lebten so drei Jahre lang; ich sah jeden Tag mein Vermögen zunehmen und meine Verhältnisse sich bessern.
Da wollte ich einmal, o Fürst der Gläubigen! Waren nach Baßrah verschicken; ich verschaffte mir ein großes Schiff und lud die Waren und viele Gerätschaften, deren ich bedurfte, darauf. Der Wind war uns günstig, aber wir fuhren doch zwanzig Tage lang fort, Tag und Nacht, bis wir endlich bemerkten, daß wir verirrt waren. Am zwanzigsten Tage stieg der Späher aufs Schiff, um sich umzuschauen und rief: »Gute Nachricht!« und stieg freudig herunter. Dann sagte er: »Ich habe in der Ferne etwas wie eine Stadt gesehen.« Wir freuten uns alle und kaum verging eine Stunde, so hatte das Schiff auch schon diese Stadt erreicht; ich stieg aus, um mich darin umzusehen, da erblickte ich Menschen am Tore mit Stäben in der Hand; ich näherte mich ihnen und sah, daß sie versteinert waren. Als ich ins Innere der Stadt kam, fand ich ebenfalls in den Bazars alles versteinert. Keiner besuchte den andern, niemand blies Feuer an; ich sah in der Stadt nichts als versteinerte Menschen, wie Bildsäulen. Da erblickte ich eine Türe mit rotem Gold beschlagen, mit einem seidenen Vorhang und einer Lampe darüber; ich dachte, das ist bei Gott sonderbar, hier muß doch wohl ein Mensch sein! Ich trat zur Türe hinein und fand einen leeren Saal, in dem ich mich ganz allein befand; ich ging von diesem Saale noch in viele andere, bis ich endlich ins Frauengemach kam, das auf den höchsten Wohlstand deutet. Alle Wände waren mit goldbestickten Vorhängen verziert; hier sah ich die Königin schlafen, mit Perlen geschmückt, so groß wie Haselnüsse, auf ihrem Haupte eine Krone mit Edelsteinen besetzt.
Das Schloß, fuhr das Mädchen dem Kalifen zu erzählen fort, war mit seidenen, goldgeblümten Teppichen bedeckt. Mitten im Saale stand ein Himmelbett von Elfenbein, mit Gold belegt und zwei grünen Smaragden, es hing ein Vorhang, mit Perlen gestickt, darüber hinunter, hinter dem Vorhange sah ich ein Licht hervorleuchten; ich bestieg dieses Himmelbett, steckte meinen Kopf durch den Vorhang hinein, und da fand ich, o Fürst der Gläubigen! einen Edelstein, so groß wie ein Straußen-Ei, auf einem kleinen Postamente liegend, so stark glänzend, daß man fast geblendet wurde; es war ferner dort ein Bett gemacht und eine seidene Decke lag darüber. Neben dem Kopfkissen brannten zwei Wachskerzen. Niemand aber war zu sehen. Ich war sehr erstaunt und dachte: »Es kann doch nur ein Mensch diese
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