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Tausendundeine Stunde

Tausendundeine Stunde

Titel: Tausendundeine Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Suckert
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lachen. Ich lief hinterher. Er stand vor meiner Collage und grinste breit.
    „Das amüsiert dich, was? Glaube mir, es war besser, dass du nicht hier warst, als ich diese Ansammlung von Obszönitäten fand.“
    Wir unterhielten uns darüber in aller Sachlichkeit und Flo respektierte, dass ich mich verletzt fühlte. Er beruhigte mich, dass das gar nichts mit irgendeinem Mangel zu tun hätte. Er versprach, die Pornosammlung wegzuschmeißen. Später fand ich sie allerdings im Keller wieder. Männer!
     
    Mit Flo verband mich eine derart innige Beziehung, wie ich sie nie zuvor erlebt hatte. Bei ihm konnte ich alles tolerieren. Sein Schnarchen, seinen Drang, mich ständig vor allem Bösen in dieser Welt beschützen zu wollen, seine Skepsis, wenn es galt, neue Wege zu beschreiten. Die Spritzer von Zahncreme auf dem Spiegel im Bad, seine Begabung, die Wohnung innerhalb von wenigen Minuten zu verwüsten. Manchmal fragte ich mich, ob das so eine Art Markiergehabe war. Überall in der Wohnung lag ein Stück von Flo, als wolle er damit zeigen, dass er Herr im Hause war und kein anderer Mann hier etwas zu suchen hatte.
    Wir kannten uns nun schon ein Jahr, und für diesen Tag ließ ich mir etwas Besonderes einfallen. Ich setzte mich hin und überlegte, welche Eigenschaften oder Gesten mir zu ihm einfielen und welche materiellen Dinge diese Eigenschaften am Besten versinnbildlichen.
    Als er am Freitagabend nach Hause kam, stürmte er in Richtung Bad. Ich verstellte ihm den Weg und fragte: „Du weißt, welcher Tag heute ist?“
    „Ich weiß, dass ich mir gleich in die Hose pinkle, wenn du mich nicht sofort ins Bad lässt.“
    Ich rückte widerwillig zur Seite.
    Flo kam aus dem Bad und fragte, was es mit dem blauen Bademantel und den vielen kleinen Päckchen auf sich hätte.
    „Das sind Geschenke für dich. Ich dachte, dass das Blau des Bademantels deine blauen Augen zum Strahlen bringt. Er soll dir aber auch sagen, dass du für mich wie dieser kuschelige Mantel bist, der mich warm hält, in dem ich mich wohl und geborgen fühle. Dann ist da etwas Spritziges, es erinnert an deine Schlagfertigkeit. Etwas besonders Heißes, das Gedanken an unsere Nächte wachruft. Etwas Scharfes, das deinem Verstand gleich zu setzen ist. Etwas Witziges soll dir sagen, dass ich mit keinem anderen Mann so viel wie mit dir gelacht habe, und das kleine Päckchen hier spricht für deine Power. Am besten, du packst sie aus.“
    Er lächelte gerührt und packte die Geschenke aus. Dann schlang er seine Arme um mich: „Mir hat noch nie jemand so etwas Nettes geschenkt. Es gibt tausend Gründe, dich zu lieben.“
    „Das sind viele“, sagte ich „nenne mir wenigstens fünf.“
    „Ich habe sie alle vergessen.“
    Ich rempelte ihn an: „Komm schon, nur fünf von tausend. Also, warum liebst du mich?“
    „Vielleicht, weil ich noch nie eine Frau hatte, die mich auf dem Friedhof verführte? Weil deine Konfektionsgröße die 36 ist? Weil du gut kochst? Weil du im Schlaf so leicht säuselst? Wegen des langen Haares, das dir unten am Kinn wächst.“
    „Also weißt du“, unterbrach ich ihn, „du hast wirklich genug Macken, dafür müsste ich dir glatt die Geschenke wieder wegnehmen.“
    Er schmollte: „So welche Macken habe ich denn?“
    Ich holte tief Luft: „Mal abgesehen davon, dass du in meinen Schränken für Chaos sorgst, versuchst du ständig meinen Haushalt zu revolutionieren. Diesen Backautomaten zum Beispiel brauche ich nicht. Meine drei Scheiben Brot kaufe ich beim Bäcker. Oder nimm das Folienschweißgerät, das nimmt nur unnötig Platz weg. Und was bitte soll ich mit der Eismaschine? Ich möchte meine Kleidergröße gern behalten. Und wenn chinesische Suppen im Angebot sind, dann kaufst du gleich eine Palette. Ständig bist du auf der Jagd nach neuen technischen Spielzeugen, die ich nicht brauche und mit denen ich auch gar nicht umgehen kann. Na ja, ich liebe dich trotzdem.“
    „Ich liebe dich auch, aber ist dir aufgefallen, dass du von deinem und nicht von unserem Haushalt sprichst?“
    „Dann lass uns doch einen gemeinsamen Haushalt in Regensburg schaffen.“
    Flo streichelte meine Hand, dann sagte er: „Jetzt wirst du dich bestimmt freuen.“
    Er rannte in den Flur und kramte in seiner Reisetasche. Schließlich kam er mit seiner neuesten Errungenschaft zurück.
    Ich fasste es nicht, Flo hatte tatsächlich diese berüchtigte Eierguillotine mitgebracht.
    Die probierten wir am nächsten Morgen gleich aus. Allerdings hatte Flo vergessen,

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