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Taxi

Titel: Taxi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Duve
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gekriegt, mit ganz hohem Fieber, und dabei wird man leicht unfruchtbar.«
    »Wenn ich von dir nicht schwanger werde, krieg ich von dir eben Aids«, sagte ich. Ich war auf einmal wahnsinnig deprimiert. »Mit meinem Glück krieg ich wahrscheinlich Aids.«
    »Leidest du sehr unter meiner Abwesenheit?«
    Seine Stimme war voller Mitgefühl.
    »Ach was, das war ganz gut, dass ich mal wieder mehr Taxi gefahren bin«, sagte ich trotzig.
    »Aber ich. Ich leide sehr. Gottseidank sehen wir uns ja morgen.«
36
    Am nächsten Tag rief Majewski an.
    »Ich bleib noch in Bremen. Hier ist so eine Frau, über die ich eine Reportage gemacht habe. Die gehört zu einer Gruppe von Fallschirmspringern, die versuchen, die Reißleine von ihrem Schirm so spät wie möglich zu ziehen. Ich bin mitgesprungen, hab deswegen extra einen Kurs gemacht. Und ich durfte natürlich auch nicht die Reißleine ziehen, bevor die das gemacht haben. Ich musste ja wissen, wie sich das anfühlt – so lange im freien Fall. Mann, ich sag dir! Aber die Story ist toll geworden, und sie will die heute gegenlesen. Morgen kann ich leider auch nicht. Ich habe Britta versprochen, mit ihr ins Konzert zu gehen. Und ich habe ihr das schon so lange versprochen. Außerdem ist sie so depressiv drauf, seit ich ihr gesagt habe, dass es vorbei ist.«
    »Das würde ich mir aber sehr überlegen, ob ich dann noch mit ihr weggehen und ihr Hoffnung machen würde. Eines Tages hängt sie auf dem Dachboden und darunter liegt ein Abschiedsbrief an dich.«
    »Nee, das hat mit mir überhaupt nichts zu tun, dass sie so depressiv ist. Sie hat gesagt, sie weiß überhaupt nicht, wozu sie lebt. Und in zwei Monaten fährt sie sowieso zurück nach Österreich. Astrid geht es übrigens auch sehr schlecht. Sie hat gerade eine Abtreibung hinter sich. Seitdem mag sie einen Mann nicht mal mehr küssen. Sie hat zu mir gesagt, sie hätte so ein Gefühl, als wäre jetzt das letzte Frische von ihr verlorengegangen – zuerst die Entjungferung und jetzt eben auch noch die Abtreibung.«
    »Du wirst ihr sicher helfen können.«
    Er war vollkommen Ironie-resistent.
    »Das hoffe ich. Wir können uns dann ja übermorgen sehen.«
37
    Das Taxigeschäft lief nicht so übel. Ich wusste nur nicht, wie ich das alles aushalten sollte – das alte dreckige Taxi und die grässliche Musik im Radio und die grässlichen dummen Menschen, die einfach in mein Taxi steigen durften und mir befehlen konnten, wo ich hinfahren sollte. Ich war so wütend, ich wusste gar nicht, wohin mit meiner Wut. Das Einzige, was ich abstellen konnte, war das Radio. Dann wollte ein ältliches Paar mit mir zum Nüßlerkamp fahren. Er war dick und sie war dünn und beide trugen große billige Kunststoffbrillen. Hauptsache praktisch. Vati und Mutti.
    »Nüßlerkamp, wo war das noch gleich?«
    »Geht in Bramfeld vom Hohnerkamp ab.«
    »Den kenne ich leider auch nicht. Ich fahr nämlich noch nicht so lange. Erst seit … äh … acht Tagen.«
    Wenn es eine bekannte Straße war, die mir nicht einfiel, erzählte ich immer, dass ich erst seit ein paar Tagen fuhr. Je bekannter die Straße, desto weniger Tage.
    »Macht nichts«, sagte Vati, »«ich zeig Ihnen das schon. Fahren Sie einfach die Bramfelder hoch.«
    »Sie sagen wenigstens vorher, dass Sie es nicht wissen«, lobte Mutti, »nicht wie die ganzen Ausländer, die überhaupt keine Ahnung haben und einfach drauflosfahren.«
    »Hmmmmmh«, sagte ich vage. Solange ich noch darauf angewiesen war, dass sie mir den Weg zeigten, wollte ich die direkte Konfrontation meiden. Nichts war grässlicher, als in einem Stadtplan herumzublättern, während neben einem ein Fahrgast saß und auf einen einkeifte, was für eine erbärmliche Null man sei, und dass jeder, einfach jeder wisse, wo der Nüßlerkamp sei. Aber dann merkte ich, wie ich schon wieder so wütend wurde.
    »Schlimm ist das mit den Ausländern«, sagte Vati, »schlimm.«
    »Wieso?«, sagte ich. »Was ist denn daran schlimm? Stellen Sie sich doch mal vor, Sie müssten in Istanbul Taxi fahren. Denken sie, das würde auf Anhieb klappen? Hamburg hat über zehntausend Straßen. Kein Taxifahrer kennt die alle.«
    »Ja, aber der, mit dem wir gefahren sind, der wusste nicht mal, wo der Hauptbahnhof war«, rief Mutti.
    Das war natürlich Quatsch. Sie log wie gedruckt. Es gab keinen Taxifahrer, der nicht wusste, wo der Hauptbahnhof war. Sie sagte das nur, damit sie auf ihrer dämlichen, verbohrten Meinung beharren konnte.
    »Na und«, sagte ich. »Letztlich ist

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