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Taxi

Titel: Taxi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Duve
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mich magst. Außerdem will ich zuerst mit dir reden. Ich habe nämlich eine Frau kennengelernt. Das ist jetzt das letzte Mal, dass ich mit dir schlafe. Nur, damit das klar ist.«
    Ich stützte mich ebenfalls auf einen Ellenbogen, legte eine Hand auf Marcos Nacken und küsste ihn. Es dauerte, bis er endlich zurückküsste, in meine Haare griff und mich an sich zog. Dann schob er mich wieder weg.
    »Versteh mich nicht falsch«, sagte er, »ich finde es immer noch schlimm, dass ich dich geschlagen habe … unentschuldbar … gar keine Diskussion … Aber im Moment habe ich leider schon wieder das Gefühl, dass du Prügel verdienst.«
    Ich ließ meinen Kopf auf die Matratze sinken und berührte flüchtig Marcos Schläfe. Er nahm mir die Brille ab und legte sie auf den Baumstumpf-Nachttisch.
    »Ich kenne niemanden, der mich so wütend macht wie du«, sagte er. »Ich sollte dich rausschmeißen. Ich hätte dich schon vor langer Zeit rausschmeißen sollen. Wenn ich dich gleich rausgeworfen hätte, wäre das damals auch nicht passiert.«
    Er legte eine Hand auf meine Wange und fuhr mit seinem Daumen über meine Unterlippe.
    »Lass die Augen offen«, sagte er. »Sieh mich dabei an.«
39
    Ich hatte Post von Mensa bekommen, das Testergebnis. Zwei Punkte weniger, und ich hätte zur dummen Masse gehört. Erst ab einem Intelligenzquotienten von hundertdreißig zählte man zu den zwei Prozent der Bevölkerung, die als hochintelligent eingestuft wurden. Ich musste es irgendjemandem auf die Nase binden. Darum ging ich zu Dietrichs Wohnung hinauf. Dietrich kniete auf dem Fußboden, vor sich eines der riesigen Bilder, die er von mir gemalt hatte. Ich schaute ihm über die Schulter, wie er mit Farbstiften einige Korrekturen vornahm. Meine Hüften übermalte, dass sie schmaler aussahen, und einige neue Zuschauer unter die bereits vorhandenen Comictiere mischte.
    »Hier«, sagte ich schließlich und hielt ihm den Brief hin, »da hast du es schriftlich. Ich gehör zu den ganz Schlauen.«
    Dietrich las den Brief durch und reichte ihn mir zurück.
    »Die zwei Prozent Intelligentesten, das ist für mich keine Elite«, sagte er, »das ist die Mindestvoraussetzung.«
    »Ehrlich gesagt, ist mir immer noch nicht klar, wieso ich bestanden habe. Vielleicht hat der Mann, der uns geprüft hat, hinterher ein bisschen bei mir verbessert. Ich glaube, der mochte mich leiden, und wir haben ja alle mit Bleistift geschrieben.«
    »Klar«, sagte Dietrich, »so kann es gewesen sein. Denen steckt bestimmt noch ihre letzte Silvesterfeier in den Knochen, als sie da mit dreißig Männern und fünf Frauen angestoßen haben. Jetzt wollen die sehen, dass sie bloß noch ein paar Mädchen dazubekommen.«
    Dann schwiegen wir plötzlich. Ich zog Bücher aus den Regalen und schob sie wieder hinein, ohne sie anzusehen.
    »Was ist los?«, fragte Dietrich.
    »Es ist aus mit uns.«
    »Ja«, sagte er, »ich weiß.«
    Ich fing an zu weinen. Was ich Dietrich antat, war nicht wieder gutzumachen. Jemanden wie mich würde er nie wieder finden. Dietrich stand auf und holte eine Rolle Küchenpapier. Er reichte sie mir, und dann fing auch er an zu weinen. Ich riss drei Blatt ab, feudelte mir übers Gesicht und gab Dietrich die Rolle zurück. Es war wie in einem Zeichentrickfilm, wir heulten, reichten uns abwechselnd die Küchenrolle und wischten uns mit riesigen Lappen über die Augen.
40
    Auf dem Weg zum Penny-Markt sah ich den verspoilten schwarzweißen BMW am Straßenrand stehen. Ich nahm Majewski immer noch übel, dass er mich versetzt hatte. Er war ein egoistischer und verlogener Köter. Aber gleichzeitig vermisste ich das Gefühl von Lebendigkeit, das ich in seiner Gegenwart immer empfand. Ich zwang mich, nicht sofort wieder zurück nach Hause zu gehen, sondern erst in aller Ruhe eine Tüte Nudeln und eine Dose Rindfleisch zu kaufen. Als ich vom Penny-Markt zurückkam, war der BMW wieder weg. Das hatte ich jetzt davon. Ich überlegte, ob nicht der Zeitpunkt gekommen war, auch noch mit Majewski Schluss zu machen. Seine Unzuverlässigkeit machte mir mehr zu schaffen, als ich gedacht hatte. Heute nicht, aber morgen, oder übermorgen, ja, nein, jetzt, aber ich muss gleich wieder weg. Es zermürbte und deprimierte mich. Dann fiel mir ein, dass ich mich von Majewski nicht zu trennen brauchte, weil wir ja gar nicht zusammen waren. Ich fühlte mich trotzdem nicht erleichtert.
    Am Nachmittag stand er dann in meiner Wohnung.
    »Mit Heike geht das jetzt zu Ende«, sagte er, »und dann gibt

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