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Taxi

Titel: Taxi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Duve
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Wand.
    »Verdammte Scheiße«, schrie ich so laut, dass es von allen Seiten des Innenhofs widerhallte. Dann trat ich auf das Fahrrad ein.
    »Du Arschloch«, schrie ich. »Du blödes, dämliches Arschloch.«
    In einem der oberen Stockwerke ging ein Fenster auf.
    »Schnauze da unten. Du bist wohl nicht ganz dicht«, rief eine Männerstimme. Ich drückte mich an die Wand und hoffte, dass man mich nicht erkannt hatte. Als das Fenster wieder zuging, hob ich das Fahrrad auf. Ein Pedal und das Hinterrad waren völlig verbogen. Damit würde ich nie mehr fahren können. Ich fühlte mich erleichtert, von einem verfluchten Objekt befreit, obwohl ich nicht wusste, wovon ich mir ein neues Fahrrad kaufen sollte. Außerdem hatte ich mir die Haut am Schienbein aufgeschürft. Jetzt fing es auch noch an zu regnen. Ich machte mir nicht die Mühe, das Fahrrad abzuschließen, sondern lief sofort die Treppen wieder hoch zu Majewskis Wohnung. Ich war völlig außer Atem, als er öffnete. Er grinste und griff nach meiner Hüfte.
    »Komm rein. Aber ich muss gleich wieder los zum Verlag.«
    »Ich brauch dein Auto«, sagte ich. »Du musst mir dein Auto leihen.«
    »Wofür?«
    »Ist doch egal wofür. Ich brauch es eben.«
    »Ich brauch es aber gleich selber. Soll ich dich mitnehmen? Soll ich dich irgendwo absetzen?«
    »Beim Pferdemarkt.«
    »Ja, das passt gut. Ich will sowieso einen Fotografen bei PPS treffen. Ich muss nur noch einmal mit dem Verlag telefonieren.«
    »Ach, vergiss es«, sagte ich und rannte die Treppe wieder hinunter. Majewski brüllte mir hinterher.
    »Warte. Ich muss echt nur ganz kurz telefonieren. Wir können in fünf Minuten los.«
    Ich knallte die Haustür hinter mir zu. Als ich aus dem Hof rannte, stand direkt vor dem Haus ein Taxi und lud einen Fahrgast aus. Ich sprang hinein. Sechs Minuten später war ich in der Schanzenstraße. Das Haus war immer noch eingerüstet. Der Regen war stärker geworden, und dicke Tropfen leckten von der Folie, die über dem Gerüst hing. Aus der Haustür schlichen mir zwei Junkies entgegen. Langsam ging ich die Treppe zu Marcos Wohnung hinauf. Ich hatte Angst, dass er nicht zu Hause sein könnte. Bisher war er jedes Mal zu Hause gewesen, wenn ich bei ihm geklingelt hatte, aber plötzlich schien es mir viel wahrscheinlicher, dass er fort sein könnte, dass er mit dieser anderen Frau, die es da plötzlich gab, in einer Kneipe saß und Croque Monsieur aß. Ich war ungeheuer erleichtert, als er öffnete.
    »Oh nein«, sagte Marco, »nicht noch einmal.«
    Er trug eine schwarze Jeans und ein schwarzes Hemd. Die Ärmel waren nicht wie sonst aufgekrempelt, sondern auf seine Maße gekürzt. Er stemmte wieder einen Arm in den Türrahmen.
    »Hey«, sagte ich, »lässt du mich rein?«
    »Nein. Wozu?«
    »Wie wozu?«
    Ich lachte dumm. Etwas Kaltes, so schwarz wie Marcos Hemd breitete sich in meinem Körper aus.
    »Ja – was soll das?«, fragte Marco.
    Ich riss mich zusammen und sah in seine Augen, bis Marco Wirkung zeigte, und den Arm aus dem Türrahmen nahm. Noch war nichts verloren.
    »Ich möchte mit dir schlafen.«
    »Und dann?«
    »Wieso? Was soll dann schon sein? Nichts.«
    »Das ist mir zu wenig.«
    Das Licht im Treppenhaus ging aus. Marco trat einen Schritt heraus und schaltete es wieder an. Ich sah auf den Boden. Es war schrecklich, so weiterzumachen, aber ich wollte auch nicht zu früh aufgeben.
    »Ist gerade jemand bei dir?«
    »Nein. Ich will bloß nicht mit dir schlafen.«
    »Ach, komm schon, Marco! Ich will mir kein Geld von dir leihen und ich will dich auch nicht zu einem Banküberfall anstiften. Mir geht es gerade nicht so gut und ich brauche jemanden, der nett zu mir ist. Und ich werde nett zu dir sein. Ich verspreche, dass ich sehr, sehr nett zu dir sein werde. Ich mach’s dir mit dem Mund, ja?«
    »Das ist ein attraktives Angebot, aber ich möchte nicht mehr mit dir schlafen. Es führt ja doch zu nichts, und es geht immer nur nach deiner Nase. Das ist kränkend und frustrierend. Und du brauchst mich auch nicht mit solchen Schlafzimmeraugen anzusehen, ich lass dich trotzdem nicht rein.«
    »Sieht sie besser aus als ich?«
    »Nein. Aber darauf kommt es auch nicht an.«
    Unten trat jemand in den Flur. Ich schaute zu Marco, aber er machte keine Anstalten, mich reinzulassen. Ein Briefkasten schepperte. Die Schritte entfernten sich wieder. Eine Tür klappte.
    »Hör zu«, sagte ich zu Marco, »ich weiß, dass ich manchmal fies zu dir war. Aber mir geht es im Moment wirklich dreckig. Ich

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