Taylor Jackson 01 - Poesie des Todes
sie anmutig. “Natürlich. Bitte, kommen Sie doch herein.” Sie drehte sich um und ging in die große Eingangshalle voraus, in der sich eine ausladende Treppe links und rechts die Wand entlang emporschwang. Taylor fühlte einen kleinen Stich. Ihr Elternhaus sah genauso aus, und sie erinnerte sich daran, wie sie als Kind das geschwungene Treppengeländer heruntergerutscht war. Quinn bemerkte ihren Blick und sah sie fragend an.
“Das erinnert mich an … ach, ist egal.” Taylor hatte diesen Blick schon öfter gesehen, und auch dieses Mal brachte er ihr Herz zum Flattern. Als ob sie noch nie in einem noblen Haus gewesen wäre. Bitte. Bei dem leicht herrischen Blick, den Quinn ihr schenkte, wäre sie beinahe in lautes Lachen ausgebrochen. Von ihren ehemaligen Mitschülern und deren Eltern erntete Taylor immer die gleiche Reaktion. Ihre Eltern hatten Geld, und doch hatte sie sich für den Polizeidienst entschieden, anstatt ein privilegiertes Leben zu führen, wie es Quinn Buckley offensichtlich tat. Einige von ihnen konnten einfach nicht verstehen, dass Geld ihr nichts bedeutete.
“Ich verstehe. Wenn Sie mir dann bitte folgen würden? Ich dachte, wir könnten im Arbeitszimmer reden.” Quinn wandte sich nach links und betrat einen riesigen, wundervoll eingerichteten Raum. Der satte Geruch von Leder kitzelte Taylor in der Nase, und sie bemerkte auch einen Hauch von Zitronenöl. Als sie weiter in das Zimmer trat, schnappte sie nach Luft. Ein Arbeitszimmer, ja, sicher. Das hier war eine der schönsten Bibliotheken, die sie je gesehen hatte. Deckenhohe Bücherregale, einladende Möbel, oh, sie könnte hier Jahre verbringen. Es hatte nichts von der Kühle und Sterilität, die Taylor im restlichen Erdgeschoss verspürt hatte. Dies hier war ein Raum, um Ruhe und Trost zu finden. Ein Ort, an dem man im wahrsten Sinne des Wortes seine Seele baumeln lassen und es sich gemütlich machen konnte. Sie schaute zu Quinn und bemerkte, dass deren Lippen amüsiert zuckten.
“Ich nehme an, Sie lesen gerne?” Quinn ging hinüber zu einem der Walnussregale und nahm ein zufällig gewähltes Buch heraus. “Ich auch. Whitney hat früher auch gerne gelesen, aber als Teenager hat sie die Lust daran verloren. Ich hingegen kann mir keine bessere Möglichkeit vorstellen, einen Nachmittag zu verbringen, als mich in meinem Sessel zusammengekuschelt in einem Buch zu verlieren.”
“Das geht mir genauso, aber ich habe leider nicht so einen schönen Ort dafür. Dieser Raum ist wundervoll.”
Quinn zeigte das erste echte Lächeln. “Ja, es ist mein privates Refugium. Ich ermutige den Rest meiner Familie, mir meine Privatsphäre zu gönnen, wenn ich hier drinnen bin. Es ist mein eigener kleiner Zufluchtsort vor der Außenwelt.”
Sie klang so abgespannt, dass sie Taylor leidtat. Gerade erst hatte sie ihre Schwester verloren, und schon war Taylor da und benahm sich wie ein Kind im Bonbonladen. Schnell riss sie sich zusammen und wandte sich mit einer angemessenen Mischung aus Trauer und professioneller Sorge wieder an Quinn. Kurz überlegte sie, warum Quinn die Polizei in ihr Heiligtum ließ – das schien gar nicht zu ihr zu passen. Quinn kam ihr nicht gerade wie der vertrauliche Typ vor.
“Das mit Whitney tut mir wirklich leid. Mein Captain hat erwähnt, dass sie versucht hat, Sie zu erreichen?”
Quinn ließ sich in einen Sessel sinken und zog die Füße unter. “Versuchen ist ein bisschen milde ausgedrückt. Sie muss seit gestern zwanzig-, fünfundzwanzigmal angerufen haben. Auf meinem Handy, bei meinem Anschluss hier zu Hause, und sogar im Country Club hat sie Nachrichten hinterlassen.”
Ah, dachte Taylor, der Belle Meade Country Club. Das Lieblingsrefugium von Nashvilles Society.
“Wenn die Frage erlaubt ist: Wo waren Sie?”
Quinn schenkte ihr einen unlesbaren Blick. Dann stand sie auf und ging im Zimmer herum, berührte einige Gegenstände, als wollte sie sich vergewissern, dass sie sich immer noch in ihrem Besitz befanden. “Ich war einfach … unterwegs, habe ein Dinner vorbereitet, Besorgungen erledigt. Nichts Besonderes. Ich habe viele Verantwortlichkeiten, und ich habe die Neigung, viel auf den Beinen zu sein. Manchmal vergesse ich, mein Handy aufzuladen, manchmal auch, meinen Anrufbeantworter abzuhören. Jake war in der Stadt, sodass ich ganz sicher nicht ans Telefon gegangen bin. Mein Mann ist geschäftlich oft unterwegs, und wenn er zu Hause ist, versuche ich, so viel Zeit wie möglich mit ihm zu verbringen. Wir hatten
Weitere Kostenlose Bücher