Taylor Jackson 01 - Poesie des Todes
wäre, wieder hineinzugehen. Sie hatte von dem armen Mädchen aus Virginia gehört. Als sie in Richtung Tür ging, richteten sich die Härchen in ihrem Nacken auf. Sie schaute hinter sich und sah, dass aus dem Schatten ein Mann geworden war, aber sie lachte, als sie feststellte, dass es sich nur um einen Studenten handelte. Er war viel zu attraktiv und zu jung, um etwas anderes zu sein. Sie lächelte ihn an und hielt ihm die Tür auf.
Er lächelte zurück, und das war das Letzte, an das Noelle sich erinnerte.
32. KAPITEL
A ls Taylor erwachte, verspürte sie eine gewisse Zielstrebigkeit. Sie duschte, zog sich an und frühstückte eine Kleinigkeit, dann holte sie sich den
Tennessean
von den Eingangsstufen und ließ sich aufs Sofa fallen. Lee Mayfield, eine Polizeireporterin, mit der Taylor nicht sonderlich gut zurechtkam, hatte den Leitartikel über den Rainman-Fall geschrieben. Verächtlich las sie den Artikel. Wie meistens hatte Mayfield die Details durcheinandergebracht. Es war nicht nur die Polizei, die sie nicht ausstehen konnte, auch ihre Reporterkollegen konnten sie nicht gut leiden. Sie war berüchtigt dafür, erst am Ende einer Pressekonferenz aufzutauchen, oder nachdem alle Einstellungen an einem Tatort im Kasten waren, und sich ihre Geschichten von den anderen Presseleuten zu holen, anstatt ihre Arbeit selbst zu tun.
Taylor machte sich nicht die Mühe, den Artikel, oder gar die Zeitung, zu Ende zu lesen. Angewidert schleuderte sie die Ausgabe auf den Boden und wandte sich einer Arbeit zu, über die sie wenigstens ein bisschen Kontrolle hatte. Whitney Connollys Handy. Sie blätterte durchs Menü und fand das Diktiergerät. Sie drückte die Play-Taste. Whitneys Stimme flutete durch die Luft, sie ratterte eine To-do-Liste runter. Der letzte Punkt war interessant, und Taylor spulte ein paarmal auf ihn zurück.
“Mit Quinn über die Nachrichten sprechen.”
Das war alles. Keine Hinweise, keine anderen Anweisungen. Es klang nicht einmal so, als wenn es sonderlich wichtig wäre. Hatte sie die E-Mails gemeint?
Taylor nahm das Telefon zur Hand und rief Quinn Buckley an. Sie antwortet nach dem ersten Klingeln.
“Quinn? Taylor Jackson hier. Ich bin Whitneys persönliche Sachen aus dem Auto durchgegangen und habe das Handy ihrer Schwester hier. Da ist eine gesprochene Notiz drauf, die ich Ihnen gerne vorspielen würde, um eine Einschätzung von Ihnen zu bekommen. Okay, ich spiele sie jetzt ab.”
Sie hielt das Handy an ihr Telefon und spielte die Nachricht noch einmal ab. Whitneys Stimme hallte wie ein Schuss durch die Luft. Taylor bekam eine Gänsehaut. Normalerweise kommunizierte sie nicht mit den Toten, das war Sams Job. Sie hob den Hörer wieder an ihr Ohr und hörte Quinn leise weinen.
“Oh verdammt, Quinn, es tut mir leid. Ich hätte Sie warnen sollen, dass es Whitneys Stimme ist.”
“Nein, ist schon okay.” Quinn schniefte durchs Telefon. “Ich war nur nicht darauf vorbereitet, noch einmal ihre Stimme zu hören. Gab es sonst nichts anderes?”
Taylor schüttelte den Kopf, obwohl niemand da war, der es sehen konnte. “Nein, Quinn, sonst war da nichts. Wissen Sie, wovon sie spricht?”
“Wer kennt sich mit Whitney schon aus? Ich habe für uns beide bedruckte Notizkarten bestellt, vielleicht meinte sie die? Bestimmt hatte sie ihre Meinung über den Stil oder die Schrift oder so geändert. Ich hatte so sehr gehofft, dass wir mehr finden würden.”
“Ich weiß nicht, was ich sagen soll, aber ich verspreche Ihnen, dass ich weitersuchen werde. Es tut mir leid.”
“Nein, Taylor, Sie tun wirklich alles, was in Ihrer Macht steht. Ich bin sehr dankbar für Ihre Hilfe. Heute wird Whitneys Leichnam freigegeben. Ich denke, wir werden nächste Woche einen Trauergottesdienst für sie abhalten. Sobald ich meinen Mann und meinen kleinen Bruder erreicht habe, um die Einzelheiten abzusprechen, werde ich einen Termin festsetzen. Sie sind beide nicht in der Stadt. Ich würde es sehr zu schätzen wissen, wenn Sie auch zur Beerdigung kommen.”
“Natürlich. Hinterlassen Sie mir einfach eine Nachricht mit Zeitpunkt und Ort, und ich werde da sein.”
Sie legten auf, und Taylor fühlte sich fürchterlich. Die Schwester der armen Frau war tot, ihr Mann ständig geschäftlich unterwegs, und sie konnte noch nicht einmal ihren jüngeren Bruder erreichen, um Unterstützung bei der Vorbereitung des Begräbnisses zu bekommen. Für ein privilegiertes Leben erschien es ihr sehr einsam zu verlaufen.
Taylor dachte,
Weitere Kostenlose Bücher