Taylor Jackson 02 - Der Schneewittchenmörder
Zeit“, grummelte sie und blies warme Luft in ihre Hände. „Was hast du so lange gemacht, selber noch einen Lapdance hingelegt oder was?“
„Ich habe ihnen noch ein paar mütterliche Ratschläge gegeben. An der Tür bin ich von irgend so einer Tussi aufgehalten worden. Komm, lass uns hier reingehen. Da ist es wärmer. Und leiser. Werde ich langsam älter, oder war es da drin extrem laut?“
„Es war laut. Die Musik und die Lichter sind in diesen Läden extra so konzipiert, dass dein klares Bewusstsein aussetzt – vollkommene Überreizung der Sinne. Das lässt Männer Dinge tun, die sie normalerweise nicht machen würden.“
„Amen.“
Taylor warf ihr einen scharfen Blick zu, bevor sie ihr in die kleine Bar nebenan folgte. Das Control war beinahe leer, die Musik leise, die Lichter gedimmt. Taylor merkte, wie sich ihre Nackenmuskeln entspannten.
Sie bestellten Bier und suchten sich dann einen Tisch in der Ecke. Taylor zog ihre Jacke auf und bemerkte, dass sie vergessen hatte, Holster und Pistole abzulegen. Ihre Glock steckte immer noch gemütlich an ihrer Hüfte.
So etwas passierte schon mal. Außerdem fühlte sie sich mit Waffe viel wohler als ohne, selbst wenn sie normalerweise nur eine Pistole im Knöchelholster trug, sobald sie außer Dienst war.
Sie sah, wie der Barkeeper mit verärgertem Gesichtsausdruck auf sie zukam. Er blieb jedoch abrupt stehen, als er ihre Marke sah.
„Tut mir leid, Officer.“ Er hob beide Hände, als ob sie ein Gangster wäre, der versuchte, ihn auf der Straße auszurauben.
„Lieutenant. Ist schon okay. Und nehmen Sie Ihre Hände herunter. Ich will Sie nicht verhaften.“ Sie zog die Jacke wieder an. Kein Grund, sich hier zur Schau zu stellen.
„Ja, ja. Tut mir leid. Wie wär’s, wenn die nächste Runde auf mich geht?“
„Kein Problem …“ Sie hob ihre Stimme ein wenig an, um deutlich zu machen, dass sie nun gerne seinen Namen nennen würde, wenn sie ihn nur wüsste.
Er verstand den Hinweis. „Jerry. Ich bin hier der Barkeeper.“
„Das habe ich mir gedacht. Danke für Ihr Verständnis, Jerry. Aber es gibt keinen Grund, uns einen auszugeben.“
„Doch, ich bestehe darauf.“ Er verschwand, und Taylor schaute Sam verzweifelt an. Sie wollte doch nur ein paar Bierchen trinken, die nächsten zwei Tage irgendwie überstehen, die Fälle abwickeln und nach Europa abdüsen. Langsam verlor sie die Geduld mit alldem hier.
Sam lächelte nur und entschuldigte sich, um die Toilette aufzusuchen.
Jerry kam mit den beiden Bieren und einem durchtriebenen Ausdruck im Gesicht zurück an den Tisch. Taylor nahm ihm die Flasche Miller Lite ab und lehnte sich dann mit hochgezogenen Augenbrauen auf ihrem Stuhl zurück. Ihm brannte offensichtlich irgendetwas auf den Nägeln.
Sie hatte recht.
Jerry beugte sich vor, während er Taylor das zweite Bier reichte. „Sehen Sie den Typen, der gerade hereingekommen ist? Schauen Sie nicht hin, aber ich glaube, er war an dem Abend auch hier.“
„Wirklich? Meine Güte, ein wiederkehrender Gast in dieser Gegend. Meint man gar nicht.“
„Nein, Sie verstehen mich nicht. Ich meine, er war an dem Abend hier, als das Mädchen verschwunden ist.“
Taylor hätte beinahe ihre Flasche fallen lassen.
„Wovon reden Sie? Welches Mädchen?“
„Die kleine schwarzhaarige Reporterin. Jane. Ich glaube, in der Zeitung stand, dass ihr Nachname Macias ist. Ich erinnere mich nicht, ob er schon öfter hier war, aber ich weiß ganz sicher, dass er an dem Abend hier war, als Jane verschwand.“
„Wie sieht es mit dem letzten Opfer aus, Giselle St. Claire? War sie auch mal hier?“
„Das kann ich nicht sagen. Ich weiß nicht mehr, wie sie aussah. An Jane hingegen erinnere ich mich gut. Sie war ein nettes Ding. Das ist nicht gut, oder?“ Sein Gesicht wurde ganz weich.
„Äh, Jerry? Haben Sie das irgendjemand erzählt?“
„Nein, noch nicht. Aber ich erzähle es jetzt Ihnen, reicht das nicht? Ich bringe das erst jetzt alles in einen Zusammenhang. Nach dem Abend habe ich den Mann nicht wieder gesehen, also habe ich auch nicht zu viel drüber nachgedacht. Und ehrlich gesagt weiß ich auch nicht, ob ich da hineingezogen werden möchte, verstehen Sie?“
Er krempelte den Ärmel hoch, und Taylor sah die Tinte der selbst gemachten Gefängnistattoos, die seinen Unterarm bedeckten. Ja, sie verstand vollkommen.
„Okay, Jerry. Das ist wirklich gut. Danke vielmals. Und jetzt gehen Sie wieder hinter die Bar zurück. Meine Freundin kommt. Wir übernehmen
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