Taylor Jackson 03 - Judasmord
liegenden Bericht und klopfte dabei mit ihrem Stift auf den dazugehörigen Umschlag. Alle paar Sekunden warf sie Taylor einen Blick über ihre rote, halbmondförmige Lesebrille zu und schüttelte leicht den Kopf. Nach einer gefühlten Stunde unter diesem durchdringenden Blick schloss Norris die Akte und legte den Stift daneben.
„Also Lieutenant, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie enttäuscht ich bin, Sie heute in meinem Büro zu sehen. Sie hatten eine außergewöhnliche Karriere bei der Metro Police, eine, die es lohnte, im Auge zu behalten. Ich habe sie beobachtet , junge Frau.“ Sie hatte einen seltsamen Akzent. Nicht wie ein Ausländer, aber irgendwie komisch, als wenn sie versuchte, ein ernsthaftes Lispeln zu vermeiden. Sie betonte die falschen Wörter, was ihrer Stimme einen gewissen schrillen Unterton verlieh.
Taylor fühlte sich wie ein gescholtenes Schulmädchen. Sich über die Oompa lustig zu machen war leicht, wenn man ihrer finster dreinblickenden Leiterin nicht direkt gegenübersaß. Taylor nickte nur schwach, nicht sicher, was die Frau von ihr hören wollte.
Die Oompa musterte sie noch einen Moment, und Taylor hätte schwören können, dass es um ihre Lippen zuckte. Verdammt, sie genoss es, Taylors Unbehagen zu sehen. Diese Erkenntnis reichte, um Taylor wütend zu machen. Sie setzte sich aufrechter hin und erwiderte Oompas Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie hatte nichts falsch gemacht und würde sich von niemandem etwas anderes einreden lassen.
„Ihnen ist doch bewusst , Lieutenant, dass das hier schwere Zeitenfür Sie sind. Die Videos von Ihnen beim …“, sie unterbrach sich und schnaubte einmal, als wenn ihr ein unglaublich widerlicher Geruch in die Nase gestiegen wäre, „… beim Geschlechtsverkehr mit einem Kollegen sind eine Sache. Mit diesem Punkt müssen wir uns separat befassen. Für die aktuelle Unterhaltung viel wichtiger ist das Video, das zeigt, wie Sie Ihren Kollegen erschießen. Sehr kaltblütig, wie ich hinzufügen darf. Das sieht nicht gut für Sie aus, mein Mädchen.“
Bei der lächerlichen Ausdrucksweise und Betonung hätte Taylor am liebsten laut geschrien. Stattdessen gab sie nur schnippisch zurück: „Oh, sicher, vergessen wir doch einfach alle, dass wir wissen, dass es sich nicht so zugetragen hat und ich David Martin aus Notwehr erschossen habe. Er hat versucht, mich umzubringen. Darf ich hinzufügen, dass sowohl die Grand Jury als auch Ihre Abteilung dieser Annahme damals zugestimmt haben?“
„Taylor“, warnte Price sie.
Taylor biss die Zähne zusammen und schwieg. Oompa nutzte die Gelegenheit, wieder das Wort zu ergreifen.
„Nun, Lieutenant, ich muss schon sagen, dass das Video relativ belastend ist.“
Taylor hatte Mühe, ruhig zu bleiben. „Das Video ist offensichtlich manipuliert worden.“
„Das sagen Sie, Lieutenant, das sagen Sie. Aber das ist nicht so einfach , nicht wahr? Auf dem Rücken Ihrer Kollegen die Karriereleiter hinaufzuklettern war Ihnen wohl nicht genug?“
„Wie bitte?“ Taylor schaute Price an, der vor Entrüstung stotterte.
„Captain Norris, diesen Vorwurf weise ich entschieden zurück. Die Akte von Lieutenant Jackson ist tadellos, sie hat sich ihre Position redlich verdient. Sie überschreiten hier gerade Ihre Kompetenzen.“
„ Tue ich das, Mitchell? Du deckst diesem Mädchen doch schon seit Jahren den Rücken. Vielleicht ist es an der Zeit, sie auf eigenen Füßen stehen zu lassen, damit sie ihre Flügel ausbreitet und wir sehen können, ob sie wirklich fliegen kann.“
„Ich finde, das ist hier nicht der rechte Augenblick für deine Metaphern, Delores. Wir sprechen hier über die Karriere eines der am höchsten ausgezeichneten Officers in meinem Department. Einer Frau, die den Respekt der Truppe als auch der Leitung genießt.“
Es gab keinen Zweifel, was Price damit implizierte, und Taylor unterdrückte ein Lächeln, als sie sah, wie Oompas Kopf beinaheexplodierte. Die gewählte Aussprache war mit einem Mal verschwunden.
„Wir kannst du es wagen anzudeuten, dass ich nicht den Respekt der Truppe habe? Wusstest du, dass ich schon vier Mal für meine Hingabe an diese Abteilung ausgezeichnete worden bin …?“
„Delores.“ Price beugte sich vor und schaute sie aus zusammengekniffenen Augen an. „Ich deute gar nichts an. Ich sage nur, dass dieser weibliche Lieutenant nicht nur ein exzellenter Officer ist, sondern sich durch ihre hervorragende und beispielhafte Arbeit auch den Respekt
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