Te quiero heißt, ich liebe Dich
zu empfinden. Mit Liebe hat das dann rein gar nichts zu tun”, hatte Juanita Jane erzählt. “Hüte dich also vor meinem Bruder. Du bist zu jung, um mit einem Mann wie ihm fertig zu werden …” Ihr gehässiges Lachen hatte Jane damals fürchterlich gekränkt.
“Ihr Tarragos!”, hatte sie zornentbrannt zurückgeschrien. “Ihr denkt wohl, mit Geld könne man alles kaufen, was? Aber eines sage ich dir, Juanita! Dein Bruder kriegt mich nicht, und weißt du auch warum? Weil ich es nicht will!”
Deshalb bin ich auch vor ihm davongelaufen, hatte Jane sich nach dieser Szene immer wieder einzureden versucht. Niemals konnte sie sich eingestehen, dass es in Wirklichkeit ihre Gefühle waren, vor denen sie sich gefürchtet hatte und immer noch fürchtete. Und an allem war nur Miguel schuld. In den letzten fünf Jahren hatte Jane nichts auch nur annähernd so verwirrt und erregt wie dieser eine Kuss.
Während Jane vor dem Spiegel stand und sich für den Abend fertig machte, fragte sie sich, ob es nicht ein großer Fehler gewesen sei, Juanita so direkt herauszufordern. Sie liebte solche kleinen Machtkämpfe. Diesmal aber ging es nicht um eine Kleinigkeit, sondern um eine Sache, die letztendlich weitreichende Konsequenzen für alle haben konnte. Ob Juanita Carlos wirklich liebte? Nein, dieses Mädchen war viel zu egoistisch, um einen anderen Menschen gernzuhaben. Sie liebte nur sich selbst.
Und was war mit Carlos? Würde er sich mit der ihm zugewiesenen Rolle als unschuldiges Opfer in diesem Schachspiel der Gefühle zufriedengeben, oder würde er versuchen, sich zu einem führenden Charakter zu entwickeln?
Carlos … Wenn Jane daran dachte, wie fordernd er sie mit seinen schönen dunklen Augen angeschaut hatten, wusste sie, dass sie die Macht hatte, Juanita zu demütigen, wenn sie es wollte. Ein Gefühl freudiger Erregung durchströmte sie. Ja, sie könnte Juanita zeigen, dass sie nicht ein kleiner Niemand war, den die Tarragos nach Belieben schikanieren konnten. Vielleicht hatte sie, die kleine Jane, nun endlich die Macht, die großen Tarragos in ihre Schranken zu weisen.
Den ganzen Mittwoch hatte Jane wie auf glühenden Kohlen gesessen und darauf gewartet, dass entweder Juanita oder Carlos anrufen würden, um ihr mitzuteilen, dass der Ausflug am Donnerstag ins Wasser fiele. Doch seltsamerweise hatte sich keiner von beiden gemeldet.
Immer noch auf eine Absage gefasst, stand Jane nun, nach einer erfrischenden Dusche in ein Handtuch gewickelt, vor dem Spiegel und überlegte, was sie anziehen sollte. Eigentlich war die Auswahl nicht sehr groß, wenn man bedachte, dass sie den ganzen Tag am Meer verbringen wollte. Schließlich entschied sie sich für bunte Shorts, ein T-Shirt und ein leichtes Sommerkleid, falls sie unterwegs irgendwo Halt machen und sich Sehenswürdigkeiten anschauen würden.
Soweit Jane es beurteilen konnte, war das Wetter gut. Und falls es sich doch ändern sollte, konnte sie beruhigt sein. Carlos gehörte glücklicherweise nicht zu den Männern, die einer Frau mit riskanten Unternehmungen imponieren wollten.
In der Küche aß Jane ein paar Stückchen Wassermelone. Das war alles, was sie heute Morgen essen konnte. Sie war viel zu aufgeregt für ein ausgiebiges Frühstück.
“Ah, hier sind Sie ja, meine Liebe!” Lady Waters kam herein und lächelte Jane freundlich zu. “Ich hatte eigentlich gedacht, sie wären froh, diesen Raum wenigstens an Ihrem freien Tag nicht sehen zu müssen.”
Jane lachte ihr höflich zu, wusste aber nicht, was sie darauf antworten sollte, ohne dass es albern klang.
“Carlos Villafrance hat angerufen und mich gebeten, Ihnen etwas auszurichten”, fuhr Lady Waters fort. “Ich nehme an, Sie wollen sich heute mit ihm treffen?”
Jane nickte.
“Wie schön! Er ist wirklich ein sehr charmanter, gut aussehender Mann … Aber was wollte ich doch gleich? Ach ja, die Nachricht. Señor Villafranca möchte wissen, ob es Ihnen etwas ausmachen würde, allein zum Hafen zu fahren. Offensichtlich kennen Sie seinen Anlegeplatz. Da könnte ich Sie mitnehmen, wenn Sie möchten. Ich fahre nämlich in ein paar Minuten zum Markt. Sie wären zwar ein bisschen früher am Hafen, aber das ist sicher besser, als auf den Bus zu warten. Nun, was meinen Sie?”
“Oh ja, das ist eine gute Idee, vielen Dank”, erwiderte Jane erfreut und fragte sich, während sie ihre Sachen zusammenpackte, was Carlos wohl dazu bewogen haben könnte, seinen Plan zu ändern.
Jane stieg in der Nähe des Hafens
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