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Tea-Bag

Tea-Bag

Titel: Tea-Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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»Illegal eingewanderte Mädchen auf der Flucht in der schwedischen Wirklichkeit. Ein Poet und seine alte Mutter gewähren ihnen Unterschlupf.«
    Der Journalist lupfte einen imaginären Hut und verschwand. Gleich darauf gingen auch die anderen. Jesper Humlin stand auf. Im Eßzimmer lagen Porzellansplitter und Spaghettireste auf dem großen Teppich. Seine Mutter stand in der Türöffnung und sah ihn an. Er hob die Arme.
    - Ich weiß, was du denkst. Du brauchst nichts zu sagen. Aber ich habe es gut gemeint.
    Sie erwiderte nichts. Er bückte sich und begann die Scherben und die Spaghetti aufzusammeln.
    Es war zwei Uhr nachts, als alles aufgeräumt und abgespült war. Sie setzten sich ins Wohnzimmer und tranken schweigend jeder ein Glas Wein. Jesper Humlin stand auf. Seine Mutter begleitete ihn in den Flur. Er wollte gerade die Tür öffnen, als sie ihn am Arm packte.
    - Werden sie es schaffen?
    - Das weiß ich nicht.
    Er öffnete die Tür. Sie entließ ihn nicht aus ihrem Griff.

- Was war das für ein Tier, das dieses Mädchen namens Tea- Bag bei sich hatte?
    - Sie hatte kein Tier.
    - Komisch. Ich war sicher, ich hätte ein Tier gesehen, das sich hinter ihrem Rücken versteckte.
    - Wie sah es aus?
    - Wie ein großes Eichhörnchen.
    Jesper Humlin tätschelte seiner Mutter die Wange.
    - Das ist nur Einbildung. Nichts weiter.
    Jesper Humlin ging durch die Stadt nach Hause. Hin und wieder blieb er stehen und drehte sich um. Aber niemand versteckte sich dort in den Schatten.
    Zwei Tage später stattete er der Kirche im Tal der Hunde einen Besuch ab. Tea-Bag war nicht aufgetaucht. Auf dem Heimweg im Taxi überlegte er es sich anders und ließ sich zum Hauptbahnhof fahren. Dort stellte er sich an die Stelle, an der er einmal auf Tea-Bag gewartet hatte. Er spähte in der großen Bahnhofshalle umher. Aber keine Tea-Bag, keine Tanja. Am nächsten Tag ging er wieder hin, und diesmal wählte er dieselbe Uhrzeit wie damals, als er mit Tea-Bag nach Göteborg gefahren war und sie in Hallsberg verschwunden war. Niemand kam.
    Am selben Abend war er mit Viktor Leander zum Essen verabredet. Aber er sagte telefonisch ab und behauptete, er sei krank. Er hörte Viktor Leander an, daß dieser ihm nicht glaubte. Aber es war ihm gleich.
    Am Tag darauf war er wieder im Hauptbahnhof. Dieselbe Uhrzeit, dasselbe Ausspähen. Plötzlich entdeckte er Tanja. Sie stand am Blumenkiosk und sah ihn an. Er dachte, daß es ihre Augen waren, die seinen Blick angezogen hatten, und nicht er, der sie entdeckt hatte. Um eine Ecke bog Tea-Bag. Sie stellte sich an Tanjas Seite. Jesper Humlin begann auf sie zuzugehen. Als er so nahe war, daß er ihre Gesichter deutlich sehen

konnte, dachte er, auch schwarze Menschen können erbleichen. Tea-Bags Jacke war wie üblich bis zum Hals geschlossen.
    - Ich bin allein, sagte er. Ich habe niemanden dabei. Es war ein Fehler von mir, daß ich mit diesen Journalisten geredet habe. Ich glaubte, es wäre richtig. Aber ich habe falsch gedacht.
    Sie setzten sich auf eine der Bänke.
    - Was soll jetzt geschehen?
    Tanja schüttelte den Kopf. Tea-Bag bohrte ihr Kinn in die Jacke.
    - Wo wohnt ihr? In der Kirche?
    Tanja zuckte die Achseln. Fortwährend sah sie sich um. Es war sie, nicht Tea-Bag, die Wache hielt. Jesper Humlin fürchtete plötzlich, daß ihm die ganze Sache aus den Händen glitt. Tanja und Tea-Bag würden verschwinden, wenn er sie nicht zurückhielt. Aber zu welchem Zweck sollte er sie zurückhalten?
    - Wann treffen wir uns das nächste Mal in Göteborg? Tea- Bag richtete sich hastig auf.
    - Es ist Schluß, sagte sie. Ich bin hierher in dieses Land gekommen, um meine Geschichte zu erzählen. Das habe ich jetzt getan. Niemand hat zugehört.
    - Das ist nicht wahr.
    - Wer hat zugehört?
    Tea-Bags Lächeln war erloschen. Sie sah ihn an wie von einem Aussichtspunkt in weiter Ferne. Jesper Humlin dachte daran, was sie ihm von dem Fluß erzählt hatte, der das klare und kalte Wasser von den Bergen herunterbrachte. Es war der Felsen, aus dem der Fluß entsprang, von dem aus sie ihn ansah. - Ich habe zugehört.
    - Du hast meine Stimme nicht gehört. Nur deine eigene. Du hast mich nicht gesehen. Du hast nur eine Person gesehen, die aus deinen eigenen Worten hervorgegangen ist.
    - Das ist nicht wahr. Tea-Bag zuckte die Schultern.

- Wahr oder nicht wahr. Was spielt das schon für eine Rolle? - Was wird jetzt geschehen?
    - Wir stehen auf und gehen. Du siehst uns verschwinden. Dann sind wir weg. Nichts weiter. Stockholm ist eine

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