Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht
Polizei in Arizona alle, die irgendwie unamerikanisch aussehen, überprüfen, ob sie sich legal im Land aufhalten. Mehr noch: Ein Ausländer, der keine Papiere, also keinen Pass mit Visum bei sich trägt, begeht ein Verbrechen, das mehrere Wochen Knast einbringen kann. Die Polizei ist zu dieser Überprüfung sogar verpflichtet, Bürger können Polizisten, die nicht genug kontrollieren, vor Gericht bringen. Ich bin sofort als Ausländerin zu erkennen: Aufkleber der Mietwagenfirma am Kofferraum, ein Stapel aufgeblätterte Straßenkarten auf dem Beifahrersitz, davon ein Teil in Deutsch, gepackte Reisetasche auf dem Rücksitz, deutscher Akzent, außerdem bin ich zu schnell gefahren. Einer der Polizisten wirft einen sekundenkurzen Blick in mein Auto und winkt mich dann weiter, ohne auch nur nach meinem Führerschein zu fragen.
Südwestlich von Bisbee, kurz vor der Grenze, liegt Hereford, ein Kaff in der Wüste. Hier hat im April 2010 Thomas Kelley, ein weißer Farmer, seinen Nachbarn Juan Daniel Varela getötet. Die beiden waren in Streit über den
Senate Bill 1070
geraten, der damals noch im Senat debattiert wurde. Schließlich hatte Kelley eine 44er Magnum gezogen, gebrüllt: »Du wetback« – nasser Rücken, ein Schimpfwort für Mexikaner –, »geh doch dahin zurück, von wo du gekommen bist.« Dann schoss er. Varela kam aus Phoenix, Arizona. Er hinterließ eine Frau und eine 1 3-jährige Tochter.
Das ist ein extremer Fall, doch haben
hate groups
, die gegen Immigranten und ethnische Minderheiten hetzen, immens zugenommen, sagt Mark Potok vom Southern Poverty Law Center in Alabama. Das Center hat zuletzt 2145 solcher Gruppen gezählt, mit zusammen einer Viertelmillion Mitglieder, drei Mal so viel wie im Jahr 2000. Alleine seit der Wahl von Barack Obama habe sich deren Zahl mehr als verdoppelt. Und ihre Feindbilder hätten sich verändert, sagt Potok. »In den sechziger Jahren, als die Bürgerrechtsbewegung für die Abschaffung der Rassentrennung kämpfte, wandten sich
hate groups
gegen Schwarze, Juden und Schwule.« Heute würden sie mexikanische Immigrantenals faul, drogensüchtig und gefährlich beschimpfen, das aber vor allem aus taktischen Gründen. »Offen rassistisch oder antisemitisch zu sein, ist heutzutage nicht mehr opportun, aber drei Viertel der Amerikaner sind gegen Immigration, auch wegen der anhaltenden Arbeitslosigkeit«, sagt Potok. »Deshalb glauben Neonazis, dass sie mit dieser Botschaft die Massen hinter sich bringen können.«
Wenige Monate nach der Bluttat, im Sommer 2010, kam Russell Pearce, der Präsident des Senats von Arizona, zusammen mit Joe Arpaio, dem Sheriff von Phoenix und Maricopa County, nach Hereford. Arpaio ist knorrig und gedrungen, der fast 8 0-Jährige wird der »schärfste Sheriff von Amerika« genannt. Routinemäßig organisiert er Schleppnetzfahndungen in Vierteln, wo Latinos und Indianer wohnen. Rund 15 000 Illegale lässt er jedes Jahr festnehmen, und er behandelt Gefangene ausgesucht schlecht: Er lässt sie angekettet in Zelten in der glühenden Wüste hausen, und es kommt vor, dass Gefangene sterben, weil sie keine ärztliche Hilfe erhalten, wie etwa Deborah Braillard, eine Diabetikerin, die kein Insulin bekam.
Arpaio und Pearce, die beide der Tea Party nahestehen, sprechen vor ein paar Hundert bewaffneten Tea-Party-Anhängern, die fordern, dass Washington mehr für die Grenzsicherheit tun müsse. Mit dem Grenzzaun ist die Zahl der Illegalen, die im Grenzgebiet festgenommen werden, zwar deutlich gesunken; auf eine knappe halbe Million, schätzt die ›Los Angeles Times‹. Aber viele Amerikaner, vor allem in Arizona, glauben, dass immer noch viel zu viele durchkommen. Die Illegalen graben sich nun unter dem Zaun durch oder sie warten, bis keine Patrouille da ist, und legen eine Leiter an. Arpaio bestärkt die Farmer. Die U S-Grenztruppen müssten rechtlich in der Lage sein, Illegale bereits auf mexikanischem Gebiet abzufangen, sagt er. »Wenn hier T V-Kameras wären, dann würde ich selber über den Zaum klettern, nur um zu zeigen, wie einfach es ist.« Der Sheriff, der aus Massachusetts stammt, wurde schon fünf Mal wiedergewählt. Er lässt sich nicht von der Presse beeindrucken oder davon, dass das Justizministerium gegen ihn wegen
racial profiling
ermittelt, der Verfolgung von Verdächtigen aufgrund ethnischer Merkmale. »Ihr seid das Volk, gebt nicht auf«, donnert er. »Ihr kämpft für das großartigste Land der Welt. Die ganze Welt muss
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