Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht
Abgeordneten. Er wollte ihren Apparat verwanzen. Dabei wurden sie erwischt, er bekam drei Jahre auf Bewährung – was er total unfair findet. Aber, fährt er fort, und der Trotz in seiner Stimme flackert wieder auf, das zeige doch, wie wichtig er sei und wie sehr das System ihn fürchte: So bezahle der Spekulant George Soros einen Mitarbeiter einzig dafür, dass sein Wikipedia-Eintrag dauernd umgeschrieben werde; ins Negative natürlich. Beifälliges Nicken. Soros, ein Demokrat, hat viele liberale Initiativen finanziell unterstützt, darunter die einflussreiche linke Internetplattform Moveon. org. Er gilt als Hauptfeind der GOP.
Nun erzählt O’Keefe, wie er um 2005 zur Symbolfigur des Protestes gegen politische Korrektheit wurde. Als Student an der Rutgers University in New Jersey habe er bei der Universitätsleitung dagegen protestiert, dass die Cafeteria Cornflakes der Marke »Lucky Charms« servierte, mit grünen Zaubergnomen auf der Packung. Dieses Stereotyp beleidige ihn als Iren. »Ich habe die in eine Zwickmühle gebracht, entweder ethnisch unsensibel zu sein oder aber sich lächerlich zu machen.« Zu seinem Erstaunen versprach die Unileitung, die Beschwerde ernst zu nehmen. Sie tat aber nie etwas. »Bloß die anderen Studenten haben mich danach mit Lucky Charms beworfen.«
Doch O’Keefe ist kein spontaner Student, sondern ein ausgebildeter Politaktivist. Zu der Zeit, schreibt die Washingtoner Netzzeitung ›Politico‹, war er beim Leadership Institute in Arlington angestellt, einer Privatuniversität, deren journalistische Fakultät von Steven Sutton geleitet wird. Das Institut, das mehr als sechs Millionen Dollar im Jahr an Spenden bekommt, wurde von Morton Blackwell gegründet, einem früheren Delegierten von Barry Goldwater und Ronald Reagan. Karl Rove, »Bushs Gehirn«, hat hier gelehrt. Die Idee mit den Lucky Charms kam von Sutton, aber bald darauf distanzierte er sich von seinemZögling, der ihm unheimlich wurde. O’Keefe wechselte zum Collegiate Network, das ebenfalls rechte Journalisten ausbildet; ein Zögling war Coulter. Das Network wird von Richard Mellon Scaife unterstützt, Verleger der ›Pittsburgh Tribune-Review‹ und Erbe von Gulf Oil.
Seinen ersten Videostunt legte O’Keefe 2007 hin, an der University of California. Damals hat er bei mehreren Kliniken von Planned Parenthood angerufen, wo arme Frauen zur Krebsvorsorge hingehen, die Pille bekommen oder abtreiben lassen können – die Tea Party würde auch Planned Parenthood liebend gerne dichtmachen. Er habe denen eine hohe Spende angeboten, aber nur, wenn sichergestellt sei, dass damit Abtreibungen schwarzer Babys finanziert würden. »Je weniger schwarze Babys es gibt, desto besser«, sagte er am Telefon. Sieben Kliniken wollten seine Spende tatsächlich akzeptieren. Daraufhin forderten schwarze Pfarrer und schwarze Bürgerrechtler, Bundesgelder für Planned Parenthood zu streichen, die »Völkermord« begingen. (Tatsächlich werden in den USA mehr schwarze Babys abgetrieben als weiße.) Allerdings blieb die Empörung darüber unter Weißen gänzlich aus. Wie sehr er sich um die Babys von Minderheiten sorgt, stellt O’Keefe auch gleich noch mal unter Beweis: Die Politik müsse, fordert er, dringend etwas gegen die vielen Mexikanerinnen unternehmen, die illegal und schwanger über die Grenze kommen. »In El Paso gibt es einen Baum, da setzen sich die schwangeren Mexikanerinnen drunter, und wenn es so weit ist, fahren sie in die nächste Klinik und bekommen amerikanische Babys.«
Nach dem Blattschuss gegen ACORN wählte O’Keefe als nächstes Ziel das von Konservativen ungeliebte öffentlich-rechtliche Radio NPR, National Public Radio, das in den USA ohnehin ein Schattendasein fristet. Anfang 2011 trafen sich er und zwei Mitstreiter mit Ronald Schiller, einem professionellen Spendensammler für NPR. Die drei gaben sich als Mitglieder des Muslim Education Action CenterTrust aus. Der, so sagten sie, sei eine Tarnorganisation der Muslimbruderschaft, und die wolle fünf Millionen Dollar spenden. Schiller und eine Kollegin trafensich mit dem Trio zum Lunch und schmierten den vermeintlichen Spendern, die eifrig auf die Republikaner schimpften, Honig ums Maul. Schiller klagte, dass die Tea Party die Republikaner übernommen habe, und die sei nicht nur islamophob, sondern auch xenophob, alles Leute, die an das »weiße, gewehrschwingende Amerika des Mittleren Westens« glaubten und die »wirklich, wirklich rassistisch« seien.
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