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Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht

Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht

Titel: Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva C Schweitzer
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Establishment inszenierte. Und tatsächlich setzte sie sich gegen einen
old boys club
aus Republikanern und Vertretern der in Alaska so wichtigen Ölindustrie durch. Aber hinter den Kulissen wusste sie durchaus den Apparat zu bedienen. Schon als Bürgermeisterin von Wasilla hatte sie in Washington einen Lobbyisten angeheuert, der dafür sorgte, dass die Kleinstadt acht Millionen Dollar an Bundesgeldern bekam, obwohl sie gleichzeitig gegen
earmarks
, Finanzspritzen für kommunale Projekte aus der Bundeskasse, zu Felde zog. Während sie als Gouverneurin kandidierte, attackierte sie den republikanischen Amtsinhaber Frank Murkowski als korrupten Verschwender. Nach der Wahl behauptete sie, sie habe seinen Amtsjet auf eBay verkauft   – tatsächlichhatte sich dafür jedoch gar kein Bieter gefunden. Nachdem sie Gouverneurin geworden war, setzte sie sich für eine millionenteure Brücke zu einer Insel mit nur fünfzig Einwohnern ein. Aber als sie für das Amt der Vizepräsidentin nominiert wurde, behauptete sie, sie sei immer gegen diese »Brücke nach nirgendwo« gewesen. Und während sie sich noch als Außenseiterin profilierte, engagierte sie eine P R-Firma aus Massachusetts, um die Medien in Washington und New York auf sich aufmerksam zu machen. Sie gerierte sich als fischende, jagende Sportlerin aus dem Amerika der Cowboys und Farmer, der »richtigen« (weißen) Amerikaner (vom Lande), dem Amerika der National Rifle Association. Tatsächlich aber   – so enthüllte es ihr Beinahe-Schwiegersohn Levi Johnston   – habe er ihr erst zeigen müssen, wie man ein Gewehr anfasst. Sie verbringe die Tage lieber auf der Couch vor dem Fernseher mit einer Pizza. Selbst ihren Anhängern ist heute klar, dass sie lieber in New York shoppen geht, als in Alaska Lachse fängt, und dass sie nichts lieber als die Einöde von Alaska verlassen und Karriere machen würde, am liebsten bei den vielgehassten »elitären« Medienhäusern am New Yorker Times Square. Und John McCain sollte ihr Ticket in die Freiheit werden.
    Dass die republikanischen Königsmacher auf Palin aufmerksam wurden, war dem ›New Yorker‹ zufolge einem konservativen Blogger aus Washington, D.C., zu verdanken, Adam Brickley. Der stammt aus Colorado, dem ländlichen, konservativen
heartland
zwischen den Rocky Mountains und Mississippi, war aber nach dem Studium nach Washington gezogen. Dort beschloss er im Februar 2008, auf eigene Faust eine Kandidatin für die Vizepräsidentschaft zu suchen. Denn er hatte Angst vor Hillary Clinton, die als »feministische Hexe« verschrien war und damals noch als wahrscheinlichste Kandidatin der Demokraten galt.
    Brickley, der sich selbst als »politischen Junkie« bezeichnet, kommt aus einer Familie von evangelikalen Christen, war aber als Student zum »messianischen Judentum« übergetreten. Das ist eine neue spirituelle Bewegung, deren Mitglieder jüdischeFeiertage einhalten und Synagogen besuchen, aber glauben, Jesus sei der Messias. In Washington belegte er Seminare am Leadership Institute von Morton Blackwell. Blackwell hatte sich in den Reagan-Jahren mit Jerry Falwell zusammengetan, dem inzwischen verstorbenen, einflussreichen evangelikalen Fernsehpfarrer und Fundamentalisten, der die
New World Order
und eine ausländische »Eine-Welt-Regierung« fürchtete. Die beiden gründeten den Verein Moral Majority, der Ronald Reagan unterstützte und später Bill Clinton bekämpfte.
    Blackwells größter Ehrgeiz war, die etablierte Presse auszumanövrieren. Sein Leadership Institute propagierte, dass republikanische Politiker direkt mit ihren Wählern per Fernsehen und Internet reden sollten, um die Filter der seiner Ansicht nach liberalen Medien zu umgehen. Es ist ein Ratschlag, den auch Sarah Palin beherzigt: Sie spricht selten mit der Presse, wendet sich aber oft über Twitter und Facebook an ihre Fans. So rief sie auf dem Höhepunkt des Haushaltsstreits im Juli 2011 bei Facebook dazu auf, Druck auf John Boehner zu machen, den Fraktionsvorsitzenden der Republikaner im Kongress, damit er keinem Kompromiss zustimme, der höhere Steuern vorsah.
    Mit dem ideologischen Rüstzeug von Blackwell und Falwell ausgestattet, wurde Brickley Praktikant bei der Heritage Foundation, einer ultrakonservativen Stiftung, die von Rüstungs- und Ölfirmen wie ExxonMobil und Lockheed Martin unterstützt wird. Zu der Zeit war John McCain zwar noch nicht für die Republikaner nominiert, aber man nahm an, er werde gewinnen. Brickley jedoch war klar, dass

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