Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht
Nazi-Ideologien anhängen, drehen Tea Partier denSpieß einfach um: Sie bezeichnen ihre Gegner als Nazis; selbst in Fällen, wo das absurd klingt, wie bei Obama. So tauchen beispielsweise auf Tea-Party-Rallys Plakate von Obama mit Hitlerbärtchen auf. Rush Limbaugh spricht gerne von Feministinnen als »Feminazis«; Ann Coulter nannte die Betreiber von linken Medienwebseiten »kleine Nazi-Blockwarte«. Und als Studenten der University of Connecticut gegen einen Auftritt von Ann Coulter protestierten, nannte Bill O’Reilly sie »linke Nazis«, die man verhaften sollte.
Diesen U S-Konservativen geht es nicht um Logik, sondern um die Lufthoheit an den Stammtischen, sie wollen die Nationalsozialisten in eine liberale Bewegung umdeuten, in eine Partei der starken Zentralregierung und des Wohlfahrtsstaates, womit sie den Wohlfahrtsstaat an sich zu denunzieren suchen. So behaupten sie gerne, Hitler habe in Deutschland die Krankenversicherung eingeführt (obwohl das unter Bismarck war) oder unter Hitler sei es verboten gewesen, Waffen zu tragen (was nur für Juden galt), oder dass es einen staatlich verordneten Atheismus gegeben habe (was nicht der Fall war). Lauscht man den Tea Partiern, dann gewinnt man den Eindruck, die Nazis seien eine Diktatur der Sozialversicherungskassen gewesen und die Wehrmacht sei hauptsächlich damit beschäftigt gewesen, deutschen Bauern die Waffen wegzunehmen.
Sie sind auch unhistorisch, soweit es die amerikanische Geschichte betrifft. Waren es doch die Demokraten unter Franklin D. Roosevelt, die die Nazis bekämpften, während republikanische Politiker wie John Foster Dulles zur Kooperation rieten. Aber der Nazi-Vergleich wird nur gezogen, wo er genehm ist: Noch kein Konservativer hat sich gegen das bundesstaatliche Highway-Programm gewandt mit der Begründung, Autobahnen seien Hitlers Idee gewesen.
Die Uminterpretation der Nazis – und der italienischen Faschisten – als linke Volkspartei beschränkt sich freilich nicht auf die Tea Party, daran stricken viele Rechte mit. So behauptet Jonah Goldberg, Chefredakteur der neokonservativen ›National Review‹ in seinem Bestseller ›Liberal Fascism‹, dass Mussoliniein Liberaler gewesen sei. Denn der Duce habe in den USA linke Anhänger unter den Demokraten gehabt. Das stimmt zwar, aber Mussolini hatte damals in allen politischen Lagern in Amerika Freunde, von Hollywood bis zu Prescott Bush, dem Großvater des letzten Präsidenten. Nur weiß das keiner mehr.
Dabei erinnert gerade die Blut-und-Boden-Rhetorik der Tea Party, personifiziert in Glenn Beck, an die Nazis. Die richtet sich genauso gegen eine liberale, urbane Elite, gefällt sich in der Rolle des stets beleidigten, betrogenen Kleinbürgers, lehnt alles Ausländisch-Fremde ab und verwendet antisemitische Stereotypen von Strippenziehern an der Wall Street und in Geheimzirkeln, die nun lediglich ohne das Wort »Jude« formuliert werden. Frank Rich, ein langjähriger Kolumnist der ›New York Times‹, der heute für das ›New York Magazine‹ schreibt, warnte schon früh: »Jeder, der den Feuersturm von Timothy McVeigh bewusst erlebt hat, wird die alten Warnzeichen erkennen, die sich aus dem Nebel der Geschichte formen: Die patriotische Bewegung; die Kritik an der »Neuen Weltordnung« mit ihren schattenhaften Verschwörungen, ausgebrütet vom Council on Foreign Relations und von der Trilateral Commission Sandpoint, Idaho. Weiße
supremacists
. Militias. Dass Palin gerade bei solchen Wählerschichten beliebt ist, hat seine Gründe. »Sie ist deren geborener Avatar, weil sie diesen hässlichen Emotionen ein glückliches, hübsches Gesicht gibt«, meint Rich.
MKULTRA oder Wie die CIA Gedanken kontrolliert
In mancher Hinsicht haben diese Verschwörungstheoretiker nicht unrecht. Die USA sind, insbesondere seit 9 / 11 und dem
Patriot Act
, tatsächlich ein Kontrollstaat, mit dem stärksten Militär in der Geschichte der Menschheit, Überwachungskameras auf öffentlichen Plätzen, einer allgegenwärtigen Polizei, einem Justizsystem, das drei Millionen Menschen inhaftiert hält, sowie einem krakenartigen Geheimdienst. Der ›Washington Post‹ zufolge gibt es in Amerika 1271 Behörden und 1931 Unternehmen,die mit Geheimdienstarbeit und Terrorismusabwehr bzw.
Homeland security
befasst sind; die meisten davon agieren im Verborgenen. Es sind Republikaner wie Demokraten gleichermaßen, unter denen dieser Polizeistaat wächst.
Und es hat in der Geschichte der USA durchaus
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