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Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht

Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht

Titel: Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva C Schweitzer
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Madison nicht sonderlich beliebt, denn sie ist gekommen, um Gouverneur Scott Walker zu unterstützen. Der Republikaner Walker, der der Tea Party zugerechnet wird und der seit Januar 2011 im Capitol regiert, versucht, die staatlichen Gewerkschaften kleinzukriegen. Er will ihnen das gesetzlich verankerte Recht wegnehmen, über Tarifverträge zu verhandeln. Damit ist er nur einer von mehreren konservativen Gouverneuren,die gegen Gewerkschaften vorgehen. Seit Monaten gibt es Zoff zwischen Walker und den Gewerkschaften, die von Studenten und Professoren der Universität unterstützt werden. Viele Studenten sind hier, aber auch übergewichtige Gewerkschaftler im Overall. Das Capitol hat schon viele Demonstrationen gesehen, aber schon lange keine mehr mit so vielen Menschen, wie jetzt gegen Walker auf die Straßen gehen.
    Palin wird von dem rechten Medienmogul Andrew Breitbart auf die Bühne begleitet, der nachher den Protestierenden zurufen wird, sie sollten doch zur Hölle fahren. Hier kommt Palin nicht mit ihrem Trick durch, sich als die »bessere Amerikanerin« aus dem
heartland
zu präsentieren. Das hier
ist
das
heartland
. So versucht sie es mit fürsorglicher Umarmung. »Gouverneur Scott Walker geht es doch nur darum, dass die Bundesstaaten zahlungsfähig bleiben, er will den Gewerkschaften nicht schaden. Er will eure Jobs und eure Pensionen sichern.« Die Menge buht und ruft wieder: »Shame! Shame!«
    Palin, in einem schicken weißen Mantel für das Dreckswetter gänzlich unpassend gekleidet, sieht aus, als friere ihr Gesicht gleich ein. »Die Tea Party steht für echte Solidarität, echte Integrität, echten Mut, euer Gouverneur hat den Mut, trotz Todesdrohungen das Richtige zu tun«, versucht sie es noch mal. Die Menge schreit nun »Lie! Lie!«, Lüge. Palins Stimme wird, um gegen den Lärm anzukommen, hoch und kreischend, sie nennt die Menge einen »gewalttätigen, bestellten Mob«. Das bringt ihr einen noch lauteren Pfeifchor ein. Nun appelliert Palin an ein paar Parteivertreter auf der Bühne: »Das Establishment der GOP sollte uns beistehen«, ruft sie. »Wir werden kämpfen und gewinnen, weil Amerika gewinnt, wir werden nicht lediglich die Liegestühle auf der Titanic neu aufstellen, wie Obama, der das Defizit verdreifacht hat, aber wenn die GOP gar nicht kämpfen will, sollte ich vielleicht das Hockey-Team der Frauen fragen.«
    Dann feuert sie noch, verbissen, über die immer lauter werdenden Rufe »Shame!« und »Shut up!!« hinweg: »Die Tea Party gäbe es gar nicht ohne Obama! Und, was ich den Medien nochsagen will: Wir rufen hier nicht zur Gewalt auf. Wir sind hier, wir sind klar, gewöhnt euch an uns!«
    Walker selbst hat heute offenbar keine Lust, sich schon wieder ausbuhen zu lassen, dafür tritt Kim Simac auf, eine Republikanerin, die für den Senat von Wisconsin kandidiert. Sie richtet den Blick auf das, was der Grundstein Amerikas sei und was diese Protestler, Gewerkschaftler, Meuterer zerstören wollten: die großen Konzerne. Aber während Amerika wirtschaftlich zu kämpfen habe, blühten andere Länder auf   – und zwar solche ohne Bürokratie und ohne Regulierungen. Sie meint offenbar China. Oder den Stadtstaat Singapur. In der Menge ist John Nichols, Korrespondent für die linke Zeitschrift ›The Nation‹, deren Niederlassung sich in New York befindet. Er arbeitet auch für die örtliche ›Capital Times‹. Nichols wird später schreiben, dass die Leute aus Wisconsin es nicht mögen, wenn Lobbys aus dem
beltway
– das heißt aus Washington   – ihnen die Agenda von Konzernen aufdrängen wollen.
    Nach der Demo treffe ich mich mit Brendan Fischer im Restaurant »The Oldfashioned« am State Capitol Square. Hier gibt es, mit Blick auf die goldene »Wisconsin«-Statue, Kaffee in dicken Keramikpötten und Bisonburger mit einer doppelten Portion Pommes frites. Am Tresen werden Käsestücke verkauft, die die Form des Staates Wisconsin haben. Fischer, blond und hochgewachsen, angehender Anwalt, arbeitet beim Center for Media and Democracy und dessen Online-Ableger Media Matters: eine gemeinnützige Organisation, die investigativen Journalismus betreibt und von mehreren Stiftungen unterstützt wird, darunter George Soros’ Open Society Institute und die Rockefeller Family Foundation. Fischer hat den Kampf zwischen Walker und den Gewerkschaften tagtäglich mitgefochten. »Bei einer Demonstration gegen Walker waren hier einige Hunderttausend Menschen«, sagt er.
     
    Wisconsin ist der

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