Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht
betreten, was ebenfalls verboten ist. So benimmt sich keiner, der Amerika liebt.«
Damit forderte er Jon Stewart heraus, der Meckler daran erinnerte, worum es bei der ursprünglichen Tea Party in Boston gegangen war: Damals seien Patrioten in ein fremdes Schiff eingedrungen, hätten Lagerräume aufgebrochen, Kisten mit Tee gestohlen und ins Meer geworfen. »Das war ein Verbrechen«, rief Stewart. »Eine Fahrbahn zu betreten ist eine Ordnungswidrigkeit.«
Einen vorsichtigen libertären Unterstützer haben die Wall-Street-Besetzer allerdings: Ron Paul, dessen Anhänger sich von Anfang an bei Occupy Wall Street eingereiht haben und Plakate gegen die Federal Reserve hochhalten. Und der Kandidat selber meinte, die Anliegen der Bewegung seien berechtigt. »Wenn sie friedlich demonstrieren, Argumente haben und sich auf unsere Seite stellen, was die Abschaffung der Federal Reserve betrifft – ich würde sagen, das ist gut!«
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Follow the Money: Wie zwei Milliardäre die Tea Party finanzieren
In Madison, Wisconsin, fegt ein eiskalter, stürmischer Schneeregen über den State Capitol Square hinweg. Mitten auf dem steinernen, viereckigen Platz ragt das Capitol auf, wo die Staatsregierung tagt, erhöht auf einem Hügel, wie in Rom, nur leicht eingeschneit. Es ist ein imposantes Bauwerk aus weißem Marmor mit griechischen Säulen, klassizistischen Figuren und einer weißen Kuppel. Oben auf der Kuppel, hoch über der Stadt, steht eine goldene Statue, die einer Pallas-Athene-Darstellung ähnelt, jedoch »Wisconsin« heißt. Vom State Capitol Square führen sternförmig mehrere Boulevards in alle Richtungen. Auf dem Platz liegen zwei- und dreistöckige Bürgerhäuser, etwas älter, aber durchaus stattlich.
Doch der biedere Eindruck täuscht: Madison hat noch den Geist aus der Revolution von 1848 bewahrt, als viele Deutsche hierherkamen. Vor dem Bürgerkrieg war Madison eine Bastion der Abolitionisten, die die Sklaverei abschaffen wollten. 1924 wurde hier die Progressive Party von Robert La Follette sen. gegründet, dessen Sohn Robert La Follette jr. Wisconsin noch lange danach regierte. Madison ist eine linke Insel im konservativen Meer Wisconsin (das aber wiederum nicht allzu konservativ ist: 2008 haben die Leute aus Wisconsin für Obama gestimmt). Berühmte Linke kommen aus Wisconsin: so zum Beispiel Russ Feingold, der einzige Senator, der gegen den
Patriot Act
stimmte, oder der Filmregisseur, Schauspieler und Schriftsteller Orson Welles, der Architekt Frank Lloyd Wright und die spätere israelische Premierministerin Golda Meir. Wisconsin ist für seine Landwirtschaft bekannt, vor allem Kartoffeln, und für seinen Käse.
Auch die University of Wisconsin liegt in Madison, an einem der vier Seen, die die Stadt umgeben. Das Universitätsgelände ist ein klassisch amerikanischer Campus im Grünen mit roten Ziegelbauten. 230 000 Menschen leben in dieser Stadt, der zweitgrößtenWisconsins, ein knappes Viertel davon sind Studenten oder Mitarbeiter der Universität.
Das Capitol mit seiner weißen Kuppel ist ein Ehrfurcht gebietender Bau; das kalte Aprilwetter und die neblige Luft nehmen ihm jedoch einiges von seiner Wirkung. Trotz des schlechten Wetters haben sich ein paar Tausend Leute auf dem großen Platz versammelt. Der Tax Day steht unmittelbar bevor, und die Tea Party hat zu einer Rally aufgerufen. Unterstützt wird sie von Americans for Prosperity, einer Organisation, die von den Milliardären Charles und David Koch gesponsert wird. Americans for Prosperity hat einen Star einfliegen lassen, der zur Menge spricht: Sarah Palin.
»Hallo, Wisconsin«, ruft Palin von der Bühne herab: »Madison, ich bin stolz, hier zu sein, an der Frontlinie des Kampfes in unserem Land … als Steuerzahlerin, als frühere Gewerkschaftlerin, als Frau eines Gewerkschaftlers, als Tochter von Lehrern ...« Palin ist schwer zu verstehen, nicht nur wegen des zugig kalten Windes, sondern weil die meisten der dick eingemummten Demonstranten aus vollem Hals brüllen, pfeifen, kreischen, buhen: »Shame!« und »Go home!«, schreien sie. Manche schwenken Plakate, auf denen »Fox News will lie about us!«, Fox News wird über uns Lügen erzählen, und »We love Tina Fey!« steht. Andere blasen in Tröten. Amerikanische Fahnen wehen und fliegende Händler verkaufen T-Shirts , auf denen neben einer geballten Arbeiterfaust Solidarität mit Wisconsin gefordert wird.
Scott Walker und Sarah Palin gegen den Mob
Sarah Palin ist in
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