Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht
aber auch David Vitter aus Louisiana, Mike Lee aus Utah und Jim DeMint aus South Carolina. Und als John Boehner der Tea Party seine Ergebenheit versicherte, wurde er Fraktionsvorsitzender im Repräsentantenhaus.
Mit ihrer neuen Mehrheit hatte die Tea Party erstmals seit Obamas Wahl eine reale Chance, den Anstieg der Staatsausgaben tatsächlich zu stoppen. Mit den Republikanern gegen sich konnte der Präsident die gesetzlich vorgeschriebene Schuldenobergrenze von 14,3 Billionen Dollar nicht erhöhen. Und die Tea Partier stellten Bedingungen: keine Steuererhöhungen, vielmehr erhebliche Einsparungen durch Einschnitte ins soziale Netz und das Versprechen, künftig einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, am besten sichergestellt durch einen neuen Verfassungszusatz.
Das entsprach aber nicht unbedingt dem, was die Republikaner wollten. Denn die standen unter dem Druck von Banken und Wirtschaft, die Staatsschulden zu erhöhen. Zwar wollten siedurchaus an der Wohlfahrt sparen, aber aus politischen Prinzipien, nicht aus fiskalischer Verantwortung. Der Staatshaushalt war vielen Republikanern egal. Unter George W. Bush, als die Staatsschulden mit den beiden Kriegen im Irak und in Afghanistan stiegen, hatte dessen Vize Dick Cheney die Parole ausgegeben, »deficits don’t matter«, Haushaltdefizite schaden nicht. Cheney berief sich auf Reagan und Irving Kristol. Auch Boehner gehörte zu dieser Schule, er hatte drei Jahre vorher dem TAR P-Programm zugestimmt. Zuvor hatte er übrigens noch Aktien verkauft, von denen er wusste, dass sie mit TARP sinken würden.
Aber die Steuerrebellen hatten einen Washingtoner Insider, der ihnen half: Grover Norquist mit seinem Verein Americans for Tax Reform. Der hatte viele Republikaner einen
pledge
, ein Ehrenwort, unterschreiben lassen, dass sie unter keinen Umständen einer Steuererhöhung zustimmen würden. Nach wochenlangem Streit, oft bis tief in die Nacht hinein, erreichten Boehner und Obama in letzter Minute einen Kompromiss, mit dem niemand zufrieden war, auch nicht die Tea Party: Die Schuldenobergrenze wird zwar um 2,4 Billionen Dollar erhöht, nicht aber die Steuern, nicht einmal Schlupflöcher werden geschlossen. Dafür wird es zwar auch Kürzungen geben, aber gestreckt auf zehn Jahre, und auch dort, wo die Tea Party gar nicht sparen wollte, nicht bei ObamaCare, sondern bei Medicare und beim Pentagon.
Letztlich stimmten die Tea Partier dann diesem Kompromiss doch nicht zu; ihre Senatoren hatten ihre Kollegen sogar dazu aufgerufen, mit Nein zu votieren. Als kurz darauf die Kreditwürdigkeit Amerikas – zum ersten Mal in der Geschichte des Landes – von einer Ratingagentur herabgestuft wurde, gaben viele Amerikaner der Tea Party die Schuld. Die ›New York Times‹ nannte deren Anhänger »Terroristen« und »Geiselnehmer«, und die Beliebtheit der Tea Party fiel bei Amerikanern auf zwanzig Prozent.
Allerdings stieg auch die Politikverdrossenheit insgesamt: Noch mehr Wähler hatten nun einen schlechten Eindruck vomKongress, und auch die Beliebtheit von Obama hatte Schaden genommen – ob er sich davon jemals erholt, ist fraglich.
Erst Ende 2011 sollten wieder echte Kritiker der Wall Street und der Banken öffentlich auftreten, als die Initiative »Occupy Wall Street« entstand. New Yorker, viele davon jung, campierten nahe der Börse an der Liberty Street, in einem kleinen Park zwischen dem Neubau des World Trade Centers und dem Hochhaus der Bank Brown Brothers, Harriman. Erst Hunderte, dann Tausende protestierten gegen die Banken, gegen die Arbeitslosigkeit und dagegen, dass ein Prozent der Amerikaner mehr als die Hälfte des Vermögens aller U S-Bürger besitzt.
Die »Occupier« halten Versammlungen ab und veranstalten öffentliche Foren, wo »menschliche Megafone« die Redebeiträge in die letzten Ecken des Parks weitertragen. Auf Schildern wird gefordert: »Enteignet die Banken« und »Schafft die Fed ab«. Sie demonstrieren und werden gelegentlich von der New Yorker Polizei mit Pfefferspray und Gummiknüppeln attackiert. Einmal werden sogar 700 Menschen festgenommen, die bei dem Versuch, über die Brooklyn Bridge zu laufen, die Fahrbahn betreten.
Arbeiter von der World-Trade-Center-Baustelle schauen vorbei, sogar ein paar Banker, und als sich auch Mitglieder der städtischen Gewerkschaften dem Protest anschließen, schwillt die Menge der Demonstranten vorübergehend auf 20 000 an. Auch Intellektuelle und Celebrities unterstützen »Occupy Wall
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