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Techno der Jaguare

Techno der Jaguare

Titel: Techno der Jaguare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manana Tandaschwili , Jost Gippert
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einem offenen weißen Cabrio herangerauscht wie ein Playboy, »machen wir die Nacht zum Tage« usw., öffnete galant zuerst die Tür seines fahrenden Fetischs, dann die der Bar darin, und taramtaram turumturum …
    Das Restaurant hieß Ein weites grünes Feld – der Rasen war feucht, der Springbrunnen weiß, daneben antike Säulen und bengalische Feuer, »Nein, so viel kann ich nicht trinken!« usw., mit Bandmusik und Jazz und »Hat doch alles keinen Sinn!« und taramtaram und turumturumtaram …
    Mit Messer und Gabel und Sektglas und schwarzem Kaviar. Mit trockenem Obst und Nüssen und aufgespießten Oliven und taramtaram turumturum …
    Mit Saxophon und Fagott und Fagott und Flöte und Gartenbank, mit Bussi links und Bussi rechts und Gesellschaftsdrama. Mit Charme und Flirt, Flüstern und Taxieren. Was will man mehr? Taramtaram turumturum …
    Oh, was das gegenseitige Taxieren angeht … Die Frisuren der anwesenden Damen … taramtaram …
    Auch sie hatten ihre Bücher festlich toupiert …
    Zum Beispiel die eindrucksvoll wirkende junge, rundliche, fröhlich lächelnde Frau mit einem Zopfkranz und wie Kopfhörer um die Ohren gelegten Büchern.
    Oder die stattlich aussehende, strenge, schmalgesichtige Dame, die ihre Bücher siebenfach auf dem Nacken gestapelt hatte.
    Besondere Aufmerksamkeit erregte die Tangotänzerin mit dem papierfreien Nacken und dem wie ein Pony in die Stirn fallenden Titelblatt.
    Auch bei der Kleidung dominierten die Bücher. Wie die Adelsfrauen der Renaissance trugen einige einen hochgeschlossenen, königlichen Buchkragen, so dass man meinte, das Buch wachse ihnen direkt aus dem Hals …
    Die Männerfrisuren waren meist in schwarze Businessmappen gehüllt, mit ebenso schwarzen, schmalen Lederbändchen als Lesezeichen – very busy eben.
    Von den Kreativen hatten manche Schubladen in der Stirn, im Nacken oder im Scheitel: zog man an einer davon, sprang ein Buch heraus, bei der nächsten eine Zeitschrift. Manche waren Unilibristen, manche Multilibristen, es gab auflagenstarke und auflagenschwache … Auf manchen Köpfen lagen die Bücher schlicht und ordentlich, abgestaubt, vorsichtig angehaucht und mit einem Seidentuch poliert, ohne Fingerabdrücke. Aus den Brusttaschen ihrer Besitzer ragten Brieföffner statt Einstecktüchern, für den Fall, dass jemand in ihren druckfrischen, jungfräulichen Büchern zu blättern anfinge. Andere trugen ihre Bücher umhüllt von Staub- und Wortwolken.
    Tinos Geliebter vertiefte sich in ein Gespräch mit einer Dame, die mit ihrem Fremdwörterbuch kokettierte; Arm in Arm führte er sie zu einem entfernten, verdunkelten Pavillon, so dass Tino nur noch ihre Schatten sehen konnte, während sie sich gegenseitig ihre Seiten wild durchwühlten … vielleicht, um die Druckfarbe tiefer einatmen zu können. Tataramtaram turumturum … Jaaah.
    Die Musik wurde wieder lauter.
    Das verlassen wirkende, rundum verglaste Restaurant, die blühenden Mandelbäume, die weiß behandschuhten Hände, die Lupen und Monokel hielten; die im Mondschein leuchtenden Marmorbüsten und Torsi, die tanzenden, glitzernden Wellen im Springbrunnen, die Senioren in ihren weißen Fracks, die Damen und die Ober; die muschelförmigen Sessel, die Tische, die weißen Fliesen, die Musen, die hochhackigen Tanzschuhe und die High Heels, der weiße Flügel, die Dramen und so weiter – Tino beobachtete alles von der Seite, wipipiwipipiwi … Jaaah.
    Ein junger, stattlicher Mann kam auf sie zu. Er trug seine Bücher prächtig gewellt.
    »Na, was steht denn darin?« Tino gab ihre geheimnisvolle Strenge auf und streckte ihm den Kopf entgegen.
    »Ah, du bist ein Fan von mir? Das ist ja mein Meisterwerk! Vermutlich kennst du auch die ganzen Zitate auswendig, oder, Süße?«
    Natürlich konnte sie ihn jetzt weder nach seinem Vornamen noch nach seinem Nachnamen fragen. Deswegen sagte sie:
    »Was für eine narzissenfarbige Zartheit, nicht wahr? Ich bin vor dem Spiegel förmlich erschaudert!«
    »Du scheinst kein einfaches Mädchen zu sein, Süße!« Seine Hände versanken in ihren Büchern.
    Bis jetzt hatte Tino das ungefragte Blättern in fremden Büchern als Sakrileg empfunden.
    »Ich schaue mal, was in den Büchern der anderen steht!« Höflich verabschiedete sie sich von dem Meister.
    Ticktackticktack …
    War es ein Regenschauer, oder hatte sich die Zeit bewegt? Die Musik wurde leiser, lief aber weiter.
    Das Lesen in fremden Büchern entpuppte sich als großartig. So erfuhr sie, wer wer ist, was

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