Tee und Toast
mir wirklich leid.«
Gloria blieb eine Antwort schuldig. Ich glaube, sie war zu verärgert, um ihren eigenen Worten trauen zu können, und außerdem war sie sicherlich über ihren Wutausbruch selbst erschrocken. Ich war heilfroh, als das Boot im nächsten Augenblick auf den Sand auflief und Sam mit der betonten Herzlichkeit eines Mannes, dem es peinlich ist, wenn Frauen streiten, sagte: »So, da sind wir. Sicher gelandet. Soll ich euch an Land tragen? Kommen Sie, Gloria, Sie sind ein Federgewicht.«
Aber wir anderen hatten bereits unsere Sandalen ausgezogen und wateten vorsichtig an den Strand, während Gloria von dem heroischen Sam auf trockenen Boden gesetzt wurde.
Er ruderte sofort wieder zurück zum Motorboot, denn durch Rex hatten wir etwas Zeit verloren, und Kiri betrachtete ängstlich das Wasser, das sich bereits langsam zurückzuziehen begann. Er wollte vor Ebbe noch seine Fracht im Dorf abladen.
Schon nach kurzer Zeit hatten wir alles an Land, und der eben noch so stille und verlassene Strand sah aus, als habe ein recht zweitrangiger Dampfer seine Schiffbrüchigen und deren jämmerliche Habe hier angespült. Überall lagen Bündel, Zeltbahnen, Windblusen, Kinderschuhe, Pappschachteln und, weiß der Teufel, was noch alles herum.
Es war mittlerweile elf Uhr und ziemlich heiß. Der Sand glühte, und wir mußten die Kinder, deren Schuhe wir auf einmal nicht mehr finden konnten, auf das Gras tragen, wo sie den Männern beim Aufbauen der Zelte im Weg standen.
»Bevor das Küchenzelt nicht steht«, sagte Larry, »können wir sowieso nichts tun. Kommt, machen wir Feuer und kochen Tee. Und anschließend gehen wir schwimmen.«
Die Männer unterbrachen ihre Arbeit gern für eine Tasse Tee, aber als wir vorschlugen, sie sollten mit uns ins Wasser gehen, wurden sie alle plötzlich wieder unheimlich geschäftig und hatten nur noch Augen für ihren Zeltplatz.
»Ihr seid ja alle Feiglinge«, rief Larry vorwurfsvoll. »Nehmt euch ein Beispiel an Rex. Der ist nicht wasserscheu!«
»Das nicht«, entgegnete Julian gelassen und war ganz damit beschäftigt, einen Pflock in den Boden zu rammen, »aber schwachsinnig.«
»Richtig«, stimmte Sam zu und band einen sehr fachmännischen Knoten. »Er scheint ohne Hirn auf die Welt gekommen zu sein. Wenn einer meiner Schäferhunde...«
»Deine Schäferhunde sind wie ihr Herr, also wasserscheu«, schnitt ihm Larry das Wort ab und verschwand mit Christina im Busch. Kurz darauf tauchte sie in ihrem schäbigen, alten Badeanzug wieder auf, der ihr wie alles blendend stand.
Auch Lydia und ich waren nicht nach der letzten Bademode gekleidet. Alison hatte einen neueren Badeanzug, ganz aus Nylon, der aber sehr schlicht und einfach gemacht war. Gloria war natürlich der Star. Sie war in den knappsten und engsten, seidig blauschillernden Badeanzug gezwängt, den ich jemals gesehen habe, der ihr aber — das mußte der Neid ihr lassen — ausgezeichnet stand. Wie konnte es auch anders sein: Onkel Richard rannte nach seinem Fotoapparat und machte von uns allen unzählige Bilder. Dabei kam eine äußerst erfolgreiche Aufnahme von mir heraus, denn als ich sie meiner Mutter schickte, schrieb sie mir zurück, sie sei froh, daß ich nicht dicker geworden sei, und sende mir mit gleicher Post einen funkelnagelneuen Badeanzug.
Larry und ich schwammen zwar recht gut, aber es war nichts verglichen mit Alison. Gloria war ziemlich ängstlich und vertraute mir an, daß sie in England wenig Gelegenheit gehabt habe zu baden, und ob ich mich nicht vielleicht ein wenig um sie kümmern könnte? Ich tat es sehr gern, denn mein Gewissen begann mich schon wieder zu plagen. Wir waren ein derart starker Anti-Gloria-Verein, und das war nicht ganz fair. Lydia kümmerte sich rührend um die Kinder, versuchte ihnen Kraulen beizubringen, und plötzlich war jeder glücklich und erfrischt — außer den Männern natürlich, was, wie Larry betonte, allerdings ihre eigene Schuld war.
Und dann gab es wieder einen Aufruhr. Natürlich wegen Rex. Durch sein Unglück keineswegs beeinträchtigt, schwamm er wild um Larry herum und beschloß plötzlich, daß sie am Ertrinken sei und er sie retten müsse. Larry erlaubte ihm dummerweise dieses Spiel und ließ ihn nach den Trägern ihres Badeanzuges schnappen, tauchte unter und kam prustend wieder hoch. Das stieg dem jungen Hund zu Kopf, und auf einmal paddelte er auf Gloria los, die nervös unter meiner Aufsicht auf dem Rücken lag. Bevor ich ihn davon abhalten konnte, erwischte
Weitere Kostenlose Bücher