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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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nach: »Tut mir leid, dass ich mich so aufrege. Aber, Herr Nonnenmacher, meine Intuition sagt mir, dass an diesem Selbstmord etwas nicht stimmt. Da ist irgendetwas faul.«
    Nonnenmacher schwieg. In die Stille hinein war deutlich das Rumoren seines nervösen Magens zu hören. Sollte er die Gelben Rüben doch lieber selbst essen und die Hasen hungern lassen?
    Â»Warum hat eigentlich die Kripo Miesbach nicht ermittelt? Spurensicherung, Rechtsmedizin et cetera?«, wollte Anne wissen.
    Nonnenmacher grübelte, sah zum Fenster, ließ sich Zeit mit der Antwort. Dann sagte er: »Ich habe ihnen den Vorgang gar nicht gemeldet, darum.«
    Â»Oh oh!«, entfuhr es Anne vorwurfsvoll, aber auch mit einem Hauch Besorgnis. Sie wusste noch genau, was sie in der Polizeiausbildung gelernt hatte: Jeder Todesfall, bei dem der Verdacht besteht, dass er nicht natürlich sein könnte, muss an die zuständige Kriminalpolizeidienststelle gemeldet werden. In diesem Fall nach Miesbach. Nonnenmacher hatte also seine Pflicht verletzt.
    Â»Wissen Sie«, sagte Nonnenmacher nun mit leiser, um Verständnis heischender Stimme, »wir können hier jetzt alles brauchen außer einen Mord. Wir hatten in letzter Zeit genug Gewaltverbrechen – die Raubüberfälle auf die Raiffeisenbank in Gmund, den mordenden Musikprofessor. Wir sind hier von Traditions wegen ein idyllischer, beschaulicher Ort, also … eigentlich.« Er schwieg für einen Augenblick, horchte auf seinen Magen. »Aber Ihre Argumente, Frau Loop, leuchten mir ein.«
    Leise und sachlich fuhr er fort: »Sie haben recht. Aus kriminalistischer Sicht sollten wir die Sache weiterverfolgen. Aber wir machen das auf Tegernseerisch, das heißt: dezent. Ohne Aufsehen zu erregen. Ohne Öffentlichkeit. Ohne Presse. Das wird so eine Art verdeckte Ermittlung. Damit wir nicht die ganzen Leut’ aufscheuchen.«
    Nonnenmacher dachte nach. »Erste Regel also ab jetzt: Alles, was in der Sache Fichtner unternommen wird, findet ohne Uniform statt. Können Sie das nicht in Ihrer Freizeit machen? Man kennt Sie hier noch nicht. Wenn Sie dann in etwas luftigerer Freizeitkleidung unterwegs wären …« Während er das sagte, glitt ein etwas zu eindeutiger Blick von Annes Gesicht über ihren perfekten Körper hinab zu den Beinen. Doch als Nonnenmacher die Entgleisung bemerkte, war es schon zu spät. Sein Magen jaulte auf.
    Â»Eine Art Miss Marple in Hotpants, meinen Sie?«, fragte Anne ironisch, war sie doch diese Art von Männerblicken mehr als gewöhnt.
    Â»Ja … nein … also fesch aussehen täten Sie in kurzen Hosen sicher auch, aber ich meine, dass Sie halt dadurch, dass man Sie hier nicht kennt und Sie jetzt auch nicht direkt wie die typische Tegernseerin ausschauen, sondern eher wie eine … häm … Zug’reiste, ich mein’ das jetzt nicht negativ, im Gegenteil, Sie haben Form … äh … Format …«
    Â»Ich weiß schon, was Sie meinen«, sagte Anne, jetzt mit einem Augenaufschlag. »In Wanderkleidung oder so was, damit ich nicht auffalle unter all den Urlaubern.«
    Nonnenmacher, erleichtert, hatte sich wieder gefasst. »Ja genau, und wir gleichen die Stunden dann irgendwie aus, den Dienstplan mache ja sowieso ich.«
    Â»Hurra, die Mama ist schon da!«, rief Lisa, als Anne das Gartentor öffnete, dessen Quietschen man im Lärm der zwischen dem See und ihrem Haus verlaufenden Schwaighofstraße kaum hören konnte. Bernhard, der in Gummistiefeln und mit einem Spaten in der Hand in der Mitte des Gartens stand, blickte erstaunt auf. »Nanu, hast du dir etwa freigenommen?«
    Anstatt zu antworten, fragte Anne zurück: »Nanu, hast du Zeit, am helllichten Tag im Garten rumzuschaufeln? Oder hat das was mit deiner Doktorarbeit zu tun? Wird die Idee der Ethik der Verantwortung in der Moralphilosophie beerdigt?« Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr sie fort: »Kommt, zieht euch eure Turnschuhe an, wir machen einen Spaziergang den Alpbach hoch.«
    Â»Au ja«, rief Lisa. »Krieg’ ich ein Eis?«
    Â»Ich möchte hier noch schnell den Duftjasmin pflanzen«, sagte Bernhard.
    Â»Kannst du später, Bernhard. Ist sowieso noch zu früh, wenn der Schnee nicht mal überall weg ist. Der Boden ist noch gar nicht richtig aufgetaut. Da können die Pflanzen doch keine Wurzeln schlagen. Komm jetzt, es ist ja kein ganz normaler

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