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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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»Herrschaftszeiten, da fällt mir was ein!«
    Für Anne hörte sich das etwas geschauspielert an, aber wenn Kastner nicht im Zimmer war, konnte sie wenigstens in Ruhe die Akte durchsehen.
    Kastner stapfte auf den Flur und sofort weiter in Nonnenmachers Zimmer.
    Â»Die geht ja ganz schön ran«, flüsterte er mit rotem Kopf Nonnenmacher aufgeregt zu. Der dagegen saß ruhig hinter seinem Schreibtisch.
    Â»Wie meinst du das?«
    Â»Die fragt mich aus! Hat gleich gefragt, wie das war mit dem Selbstmord vom Ferdl.« Ehe Nonnenmacher etwas antworten konnte: »Du, die schaut doch aus wie die Angelina Jolie!«
    Â»Ach ja, findest du?«, erwiderte Nonnenmacher cool, obwohl er das genauso sah. Er wollte nur kein Öl ins Feuer gießen. Der Sepp musste gebremst werden, die Anne Loop war nichts für ihn.
    Doch Kastner ließ sich nicht beirren. »Ja, aber runtergerissen schaut die aus wie die Angelina! Die Haare, braun und lang, genau wie die von der Angelina, die großen Augen Schweinwerfer, die Lippen Airbags …« Er dachte kurz nach. »Jetzt haben wir eine Angelina vom Tegernsee. Wahnsinn!«
    Â»Sepp, du bist ein Depp.«
    Â»Wieso? Ich meine, du bist verheiratet, aber ich …«
    Â»Die hat ein Kind.«
    Â»Die hat ein Kind?«
    Â»Ja.«
    Â»Die ist doch aber ledig!«
    Â»Als ob’s bei uns am Tegernsee nicht auch ledige Mütter geben tät’«, entgegnete Nonnenmacher, ganz Mann von Welt.
    Â»Und der Vater?«, fragte Sepp nach. »Wenn sie keinen Vater hat für das Kind, dann ist sie vielleicht doppelt froh …«
    Â»Sepp, bitte lass es bei unserer alten Regel: Sex ist Sex, und Dienst ist Dienst – ja?«
    Â»Aber wenn sich …«, er zögerte, »… was ergibt?«
    Â»Sepp, bitte, die ist nicht deine Kragenweite, die schaut doch aus wie ein Model, aber du nicht wie der Pitt Brad – äh, Brad Pitt.«
    Â»Aber sie hat keinen Ma-hann«, rief Kastner gerade, als die Tür einen Spaltbreit aufgestoßen wurde.
    Es war Anne, die sich vorsichtig hereinschob.
    Â»Entschuldigung, darf ich kurz stören?«
    Â»Aber natürlich«, erwiderte Nonnenmacher beflissen. Insgeheim hoffte er, dass sie nichts gehört hatte. Sie sollte nicht glauben, dass sie … Plötzlich wusste er nicht mehr, was er eigentlich denken wollte. Diese Frau brachte ja schon nach ein paar Minuten alles durcheinander.
    Â»Ich habe eine Frage zu dieser Akte: Ich vermisse hier die ganzen Protokolle der Zeugenaussagen.«
    Nonnenmacher sah Anne erstaunt an. »Da haben mir nix gemacht.«
    Nun war es Anne, die überrascht schwieg.
    Â»Aber wie können Sie dann … von … einem Selbstmord ausgehen?«
    Â»Weil es keine anderen Anhaltspunkte gibt. Wer sollte den Fichtner Ferdl denn umgebracht haben? Der war doch im ganzen Dorf beliebt. Bei uns gibt es so etwas nicht, Mord.«
    Â»Aber gibt es denn ein Motiv für Selbstmord?«
    Â»Das weiß ich nicht«, antwortete Nonnenmacher unwirsch und spürte, dass ihn sein Beruf zum ersten Mal seit Langem wieder zum Schwitzen brachte, und das, obwohl er sich kein bisschen körperlich anstrengte.
    Â»Einen Abschiedsbrief?«
    Â»Nein. Also wir wissen bis jetzt von keinem.«
    Â»Aber wie können Sie dann bereits die Akte schließen?«
    Nonnenmacher fühlte sich nun richtig unwohl. Musste er sich das bieten lassen? Natürlich sah diese Frau blendend aus, und selbstverständlich hatten sie als zuständige Polizeidienststelle eine Aufklärungspflicht. Aber er kam von hier, er kannte seine Tegernseer. Hier gab es keine Schwerverbrecher. Die Loop kam aus München. Da gab es natürlich welche. Die Frau Loop musste lernen, dass hier die Uhren anders tickten. Das war es, was sie vor allem anderen lernen musste.
    Deshalb sagte er: »Liebe junge Frau Polizeihauptmeisterin Loop, ich mache das hier jetzt seit vierzehn Jahren. Ich kenne die Menschen hier. Wir sind nicht in München, wo am helllichten Tag Leute abgestochen oder Frauen in ihrem eigenen Hauseingang vergewaltigt werden.« Nonnenmacher hielt kurz inne, sah erst Anne scharf in die Augen, dann Sepp Kastner, und drückte währenddessen zweimal hektisch hinten auf den Kugelschreiber, den er in der Hand hielt, was überlegen wirken sollte, stattdessen aber einen etwas lächerlichen Eindruck hinterließ. Dann fuhr er mit leiserer Stimme fort: »Und auch wenn

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