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Tekhnotma - Das wüste Land: Roman (German Edition)

Tekhnotma - Das wüste Land: Roman (German Edition)

Titel: Tekhnotma - Das wüste Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aleksei Bobl , Andrei Levitski
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über all die Toten hinweg, die entweder verbrannt, erschossen oder erstochen worden waren. Auch sein Vater musste hier irgendwo liegen, aber vielleicht war er zusammen mit der Mutter im Haus verbrannt … Der Junge umrundete die Brandstätte, aber den Leichnam seines Vater konnte er nirgendwo entdecken. An den zertrümmerten Torflügeln blieb er stehen und blickte sich noch einmal um. Seine Augen waren tot.
    Ein leichtes Rascheln drang an seine Ohren. Turan blickte sich hektisch um. Neben dem einen herausgerissenen Torflügel lag ein großer, grauhaariger Mann. Sein Kopf zitterte leicht, seine bis auf die Knochen zerschundenen Finger hielten den Schaft eines vierläufigen Gewehrs umfasst.
    »Nasar!« Turan beugte sich über den Mechaniker.
    Der Blick des Verletzten wanderte ziellos umher, das Blut auf seiner Brust war getrocknet.
    »Nasar«, wiederholte Turan hilflos.
    Die trockenen grauen Lippen bewegten sich. Nasar legte eine Hand auf seine Verletzung und krächzte heiser:
    »Warum bist du zurückgekommen? Ihr konntet euch retten – das ist gut …«
    »Wo ist der Vater? Und die Mutter?«
    Aber der Mechaniker hörte ihn nicht.
    »Du hast dich und Mika gerettet. Fahrt fort von hier und kommt nie wieder zurück …«
    Seine Finger auf der Brust verkrampften sich, aus seiner Kehle stieg ein Gurgeln auf. Der Todeskampf erfasste den Körper – erst zeichnete er sich im Gesicht ab, dann spannte sich der Hals an, die Schultern erzitterten, die Brust, der Rumpf … Die Finger lösten sich, dann war Nasar tot.
    Mechanisch griff Turan nach dem Gewehr und wanderte wieder los, wobei er es am Riemen hinter sich herschleifte. Er ging am abgebrannten Pferdstall vorbei, an den Baracken, wo die Saisonarbeiter geschlafen hatten, und blieb wieder vor dem fast abgebrannten Haus stehen. Dumpf blickte er auf die Überreste des Feuers. Die Sonne war untergegangen. Ein Wind hatte sich erhoben, wirbelte die Asche auf, die sich in einem wilden schwarzen Strudel zusammenballte. Das schwelende Holz knackte, das schwarze Skelett des Gebäudes stürzte in sich zusammen – eine Rauchwolke erhob sich und hüllte Turan ein und er fiel in Ohnmacht.
    Es war keine normale Ohnmacht: Sein Bewusstsein war vollkommen ausgeschaltet, nicht aber sein Körper. Und der war nicht untätig, bis sein Bewusstsein wieder erwachte.
    Turan kam im Punch wieder zu sich. Er saß hinterm Steuer, das seine rußverschmierten Finger umklammerten. Es war Nacht, und der Laster raste über die steinerne, unwegsame Ebene, wich zerstörten Bauten aus und Baugruben, die halb von Sandstürmen verschüttet waren. Platten, Wände, Kieshaufen und steil aufragende, verrostete Bewehrungseisen – alles floss in einem gewaltigen, grenzenlosen Strom zusammen – ohne Anfang und ohne Ende. Wie in Trance hatte Turan den direkten Weg gewählt und nicht die mit Kies aufgeschüttete Straße, die in weitem Bogen um die Felder der Farm führte.
    Er hielt das Lenkrad so fest umklammert, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Auf dem Beifahrersitz lagen Nasars Gewehr und der fünfschüssige Revolver. Vor seinen Augen wirbelte noch immer der Tornado aus Asche, der sich nach dem Einsturz des väterlichen Hauses erhoben hatte. Dieser Tornado raschelte trocken, und in das Geräusch mischten sich die Stimmen der Farmbewohner – des Vaters, der Mutter, des Bruders, die von Nasar, den Feldarbeitern und Jägern, die ihrer Frauen und Kinder. Sie redeten leise, eindringlich, als ob sie Turan um etwas bitten wollten … schwarze Schatten im toten Halbdunkel. Von ihrem undeutlichen Flüstern brach ihm der Schweiß aus, ein Zittern erfasste seinen Körper, und Tränen liefen über seine Wangen.
    Die Scheinwerfer erfassten die Umrisse mehrerer Zapfsäulen – der Laster hatte die verlassene Tankstelle erreicht, die früher einmal einem Moskauer Clan gehört hatte.
    Und dann erblickte er vor sich ein großes von Scheinwerfern beleuchtetes Gebäude. Drei Stockwerke, ein Flachdach und große quadratische Fenster.
    Die Farmer der Umgebung nannten dieses Gebäude den Palast. Nasar hatte gesagt, der Palast sei ursprünglich ein einziger großer Verkaufsplatz gewesen, wo man in früheren Zeiten mit allen möglichen Waren gehandelt hatte.
    Von drinnen erklangen Musik und wildes Geschrei.
    Turan hielt den Punch hinter einem schiefen Turm aus Betonplatten an. Sein Zittern und das Schwächegefühl waren verschwunden, sein Herz schlug schnell und böse, Hass erfüllte ihn und verwirrte seine Gedanken. Schwer atmend

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