Tekhnotma - Das wüste Land: Roman (German Edition)
Zähne.
»Nimm deine Schere weg.«
Der Kerl zuckte zurück, aber Turan packte ihn an seiner knochigen Schulter und presste den Lauf tiefer in seinen Rachen. Blut lief aus den Mundwinkeln des Bettlers, ein heiseres Aufheulen drang aus seiner Kehle.
Die Knochen klapperten noch immer, dann rollten sie über die Bastmatte. Der Alte beugte sich darüber.
»La…ff … mi …ch!«
»Wo finde ich Blase?«, fragte Turan. »Und diese Kneipe, ›Unter der Brücke‹? Sprich, sonst erschieß ich dich!«
Zitternd versuchte der Bettler von Turan wegzurücken, der zog den Lauf zurück und setzte ihn dem Bettler an die verdreckte Stirn.
»Wo?«
»In Richtung Tor. Du musst in die andere Richtung gehen, guter Ma…«
»Ich bin nicht gut«, unterbrach ihn Turan. »Nicht mehr. Also da entlang, oder? Wie sieht der Laden aus? Und die Kneipe?«
»Wie ein Laden eben, ganz normal.« Der Bettler hatte die Augen auf die Pistole geheftet. »Ich weiß nicht, wie sie aussie…«
»Gibt es irgendetwas Auffälliges?« Turan stieß den Pistolenlauf leicht gegen die Stirn des Bettlers, und der stöhnte übertrieben auf. »Welche Farbe hat das Haus? Gibt es Fensterläden oder so? Wie kann ich es erkennen?«
»Schlag mich nicht!«, plärrte der Bettler. »Ohne Mammi tut alles weh. Der ganze Körper. Als ob ich keine Haut mehr hätte, guter Mann, ich spüre jede Berührung, sogar der Wind tut mir weh. Ich brauch nur ein klein bisschen Mammi, damit es nicht so weh tut. Gib mir eine Münze, schlag mich ni…«
»Ich hab kein Geld. Wie sieht der Laden aus?«, wiederholte Turan. »Und die Spelunke – wo ist sie, unter der Brücke?«
»Wieso unter der Brücke? Nein, sie ist hinter Blases Laden, und der steht unter dem großen Windrad, und dahinter ist die lange Lagerhalle … Blase ist ein Fettsack, ein reicher Melonenhändler. Der reichste von allen. Und der geizigste. Deshalb ist er wahrscheinlich der reichste. Gib mir eine Münze, guter Mann, eine …«
Ein großes Windrad, eine lange Lagerhalle … Turan stieß den Jungen zurück. Der fiel hin und kroch jammernd und heulend weiter. Turan wandte sich um und ging los in Richtung des Tors, aber da hörte er ein heiseres Stöhnen hinter sich und drehte sich zu dem Menschenfresser um, den er schon vergessen hatte. Der Nomade hatte den Kopf gehoben und starrte ihn aus aufgerissenen Augen mit geweiteten Pupillen an, als würde er in Turans Zukunft etwas Schreckliches sehen.
»Du!«, schrie er.
Sein Mund öffnete sich, und das zahnlose Zahnfleisch wurde sichtbar. Seine Augen rollten hin und her, der Alte fasste sich an die Kehle, kratzte sich mit den Nägeln die Haut auf und brach auf seinem Lager zusammen.
»Du …, du …«, röchelte er und seine Glieder zuckten.
Turan wandte sich ab und lief los. Der Anblick des Menschenfressers erfüllte ihn mit einem inneren Zittern. Fast rannte er die Fahrspur entlang, schüttelte den Kopf, um sich von dem schrecklichen Bild zu befreien. Irgendwo da vorne, in dem von schwächlichen Lampen beleuchteten Halbdunkel, verbarg sich Makota.
Die Kneipe »Unter der Brücke« erinnerte an einen auf die Seite gelegten, etwa sechs Meter hohen Tank. Eine runde Öffnung, die als Tür fungierte, war in den Rumpf hineingeschnitten, darüber leuchtete ein Scheinwerfer. Vor der Tür ging ein Wachmann auf und ab und spielte dabei mit einem ausziehbaren Schlagstock. Als er die drei Banditen erblickte, musterte er sie und sagte:
»Fackel aus!«
Der Ataman nickte Kalantscha zu, woraufhin der die brennende Stange auf den Beton warf und das Feuer austrat. Mors öffnete die Tür, und nacheinander traten die Banditen ein. Seinen breitkrempigen Strohhut nahm Makota nicht ab.
Im ersten Stock befanden sich abgeteilte Zimmer für Mammi-Liebhaber, wohin eine Treppe hinaufführte. Unten befand sich der Schankbereich.
»Warum heißt es ›Unter der Brücke‹?«, fragte Kalantscha. Als ehemaliger Feldarbeiter von einer der Farmen, die Makota überfallen hatte, war er bisher nicht viel herumgekommen.
Ohne ihm zu antworten, drängte sich der Ataman zwischen den Tischen durch.
»Was, passt dir das etwa nicht?«
»Nein, aber wieso ›unter‹ und nicht ›auf‹?«
»Das ist eine Art Witz.«
»Wieso?«
»Wenn hier einer betrunken einschläft oder in einen Mammi-Rausch fällt, kann es gut sein, dass er am nächsten Tag einfach unter der Brücke aufwacht. Ohne Geld. Und vermutlich kann er froh sein, wenn er überhaupt aufwacht. Manchmal kommt es auch anders. Von hier segeln
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