Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)
Kluft, die aus Jeans und Shirt und einfachen Joggingschuhen bestand und wirklich nicht partytauglich aussah.
„Ach, das ist egal. Niemand wird darauf achten. Komm mit!“
Kiara zögerte noch einen Moment. Irgendetwas gefiel ihr nicht an der Sache. Etwas störte sie an Josephines Miene. Sie wusste nicht, ob sie der Rothaarigen trauen konnte. Das Mädchen war seltsam, so wechselhaft. Manchmal hatte Kiara das Gefühl, dass sie sie verabscheute. In anderen Momenten wiederum tat sie so, als würde sie die junge Krankenschwester mögen. Denn warum sonst sollte sie sie zu einer Party einladen?!
Kiara nickte. „In Ordnung. Dann komme ich mit.“
„Super!“ Josephine lachte fröhlich. „Los, fahren wir!“
„Einen Moment. Ich muss noch jemanden anrufen.“
„Deinen Freund?“
„ Einen Freund.“
Kiara holte ihr Handy aus der Tasche und entfernte sich ein paar Meter, aus der Hörweite von Josephine.
„Hallo Holger“, sagte sie leise ins Telefon.
„Ich bin gleich da!“, rief der junge Mann in ihr Ohr. Offensichtlich war er bereits unterwegs.
„Holger, es tut mir leid, aber es ist was dazwischengekommen. Wir müssen es verschieben.“
„Was? Ich kann dich nicht verstehen! Ich bin in der U-Bahn. Wer muss schieben?“
Kiara hob ihre Stimme und schielte zu Josephine, die so tat, als würde sie nichts hören. Doch ihr seltsames Lächeln sprach eine andere Sprache.
„Wir treffen uns ein anderes Mal!“, rief Kiara ins Telefon. „Ich habe heute etwas anderes vor.“
Holger antwortete nicht. Hatte er sie nun verstanden? Mit einem Schlag wurde es leise im Hörer.
„Holger?“, schrie sie ins Handy.
„Ich höre dich gut“, erwiderte Holger. Sie konnte die Enttäuschung in seiner Stimme hören. „Ich dachte, es ist dringend.“
„Das ist es auch. Aber das hier ist auch dringend. Ich erkläre dir alles morgen.“
„Okay“, antwortete er. „Dann fahre ich wieder nach Hause.“
„Es tut mir leid“, flüsterte sie.
„Viel Spaß.“ Ohne weitere Worte legte er auf.
Josephine wartete an der Tür auf sie. „Alles geklärt?“
„Alles geklärt.“
„Der kriegt sich schon wieder ein“, sagte die Rothaarige, aber Kiara antwortete ihr nicht.
Der Türsteher des Clubs im Herzen Berlins ließ Josephine und Kiara wortlos passieren, nachdem Josephine ihre Einladung zur Party gezeigt hatte. Sobald sie eingetreten waren, schnappte Kiara nach Luft. Das Interieur war ein überwältigender Mix aus barockem Pomp und Mittelaltergruft. Es gab Obst- und Blumendekorationen, Kerzen und Kronleuchter. Die Decke zierte ein riesiges Gemälde. Das Innere erinnerte durch sein mittelalterliches Ambiente an längst vergangene Epochen. Und das Publikum war alles andere als salopp angezogen. Einige hatten lange Kleider an, andere bevorzugten das kleine Schwarze. Die Männer trugen ausnahmslos Anzug oder Smoking.
„Was ist denn das für eine Party?“, fragte Kiara erschrocken und wäre am liebsten sofort wieder gegangen. Doch Josephine zog sie immer tiefer in den Club hinein.
„Irgendeine Feier. Der Grund ist doch egal, solange man sich gut amüsieren kann. Und das kannst du. Reiche Männer.“ Sie lächelte verführerisch einen älteren Mann im Smoking an, der ihr geschmeichelt zunickte.
„Guten Abend“, wünschte er.
„Guten Abend“, erwiderte Josephine. „Und fröhliches Abnibbeln“, fügte sie hinzu, sobald er außer Sichtweite war.
„Ich fühle mich hier völlig fehl am Platze“, sagte Kiara, aber Josephine hakte sich bei ihr unter und zog sie weiter.
„Ach, du weißt doch, es kommt auf die inneren Werte an. Wie man sich kleidet, ist völlig unwichtig. Das ist nur die leere, äußere Hülle, die gar nichts über einen Menschen aussagt. Entspann dich. Was willst du trinken?“
„Ein Wasser“, erwiderte Kiara schüchtern.
Josephine runzelte die Stirn, dann nickte sie und ging zu einer Bar an der Seite, wo sie ihre Bestellung aufgab.
Währenddessen sah sich Kiara um. Das Publikum bestand aus Männer und Frauen jeden Alters, wobei diejenigen überwogen, die sich bereits im mittleren bis späteren Teil ihres Lebens befanden. Die meisten Frauen waren stark geschminkt und mit kostbarem Schmuck behängt, der zumeist zu ihren edlen Kleidern passte. Bei vielen Männern war der Bart bereits mit grauen Strähnen durchzogen und das Haupthaar licht.
„Hier“, sagte Josephine und reichte Kiara ein Glas. Es befand sich jedoch kein Wasser darin, sondern Champagner.
„Aber ...“, wollte Kiara
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