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Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)

Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)

Titel: Tempel der Träume - Der Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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liegt und auf seine Fangopackung wartet. Die nötige Erfahrung dafür hätte ich.“
    „Nein.“ Myrtel klang endgültig. Sie hatte heute keine Lust auf Diskussionen oder darauf, die möglichen Fehler der Neuen auszubügeln. Sie konnte ein anderes Mal richtige Arbeit leisten. „Kümmern Sie sich um das, was ich Ihnen aufgetragen habe.“
    Kiara verzog den Mund, nickte jedoch. „In Ordnung. Wo kann ich meine Sachen lassen?“
    „Am Ende des Ganges ist ein Raum mit Schränken, in denen die Mitarbeiter ihre Kleidung und andere persönliche Dinge lassen können. Suchen Sie sich einen freien aus, am besten den Ihrer Vorgängerin, denn der ist ja nun vakant.“ Sie nannte den Namen der Frau.
    Kiara nickte erneut. „Stellen Sie mir dann alle Mitarbeiter vor?“
    „Das fehlte noch!“ Myrtel lachte kurz auf. „Darum kümmern Sie sich selbst. Das Haus ist entschieden zu groß, als dass ich mit Ihnen einen Rundgang machen könnte. Ziehen Sie sich um und beginnen Sie dann mit der Arbeit.“
    Sie wandte sich ab und ging zu ihrem Büro, aus dem das Klingeln eines Telefons drang, während Kiara sich umdrehte und zur anderen Seite des Ganges lief, wo der Raum für die Mitarbeiter lag.
    Das Zimmer war leer, offenbar hatte jeder schon seine Arbeit begonnen. Sie suchte den schmalen Schrank, auf dem der Name ihrer Vorgängerin stand, zog sich Jacke und Hose aus, dann eine bequeme Sporthose und ein T-Shirt an und band ihr Haar mit einem Gummi zusammen. Nachdem sie ihre Sachen weggeschlossen und den Schlüssel eingesteckt hatte, lief sie zur Tür. Dabei fiel ihr Blick auf einen Spiegel, der neben der Tür hing. Unwillkürlich musste sie lächeln, als sie sich betrachtete. Sie sah gar nicht mehr aus wie eine Krankenschwester, sondern wie eine Fitnesstrainerin. Sogar die Muskeln im Arm waren vorhanden, da das Heben und Richten der Patienten im Krankenhaus fast wie ein Training mit Gewichten gewirkt hatte.
    Wieder im Flur wollte sie sich tatsächlich der Kontrolle der Räume widmen und damit im Zimmer neben Myrtels Büro beginnen, wo eine Physiotherapeutin mit Namen Yvonne eine Patientin massierte. Doch als sie am Behandlungsraum 1 vorüberkam, sah sie den Kunden noch immer auf der Liege auf seine Fangopackung warten. Hatte man ihn vergessen?
    Einen winzigen Moment zögerte sie, doch dann ging sie zum ihm hinein.
    „Einen Moment, ich versorge Sie sofort.“
    Das würde zwar Myrtels Zorn heraufbeschwören, aber sie konnte den armen Mann nicht noch länger hier unbehandelt liegen lassen, dachte Kiara. Außerdem war dies ihre erste Gelegenheit, einen Kunden zu überprüfen, ob er vielleicht der Vater ihrer Tochter war. Bei dem Gedanken begann ihr Herz wieder wie wild zu klopfen.
    „Das wäre nett, junge Frau“, erwiderte der ältere Mann, der unter starken Verspannungen in der Schulter litt, wie seine Kundenkarte verriet.
    Mit zitternden Händen überprüfte sie sein Geburtsdatum und sein Aussehen. Er war zu alt, er gehörte nicht zu den verdächtigen Personen. Ihr Vergewaltiger war jung gewesen, das hatten ihre Freundinnen gesagt. Nicht einmal zwanzig. Der Patient, der vor ihr lag, wäre vor elf Jahren bereits Ende dreißig gewesen.
    Erleichtert ging sie zum Schrank und nahm das Pulver heraus, das sie mit Wasser vermischte und erhitzte. Dann trug sie die Paste auf den Körper des Mannes auf und deckte ihn ab. Sie wollte gerade eine weitere Wolldecke um die Schulter des Kunden legen, als sie die Stimme von Myrtel Ragewitz hörte.
    „Haben Sie ein Problem damit, Anweisungen entgegenzunehmen? Dann schaffen Sie es nämlich nicht mal eine halbe Woche, sondern nur einen halben Tag, hier zu bleiben.“
    „Nein“, erwiderte Kiara und ging zur Tür, wo sich ihre Chefin aufgebaut hatte. „Damit habe ich keines, ich habe nur ein Problem, wenn es darum geht, Patienten warten zu lassen. Der Mann hat Verspannungen in der Schulter, wenn er hier unnötig lange halbnackt herumliegen muss, bevor er versorgt wird, wird sein Leiden bestimmt nicht besser. Ich möchte, dass es den Patienten nach einem Besuch in diesem Haus besser geht. Deshalb bin ich hier. Jetzt, nachdem er versorgt ist, widme ich mich gerne der Kontrolle der Behandlungsräume.“
    Sie konnte sehen, dass Myrtel leise mit den Zähnen knirschte. „Gut“, räumte die Frau schließlich ein. „Einigen wir uns so: Sie sind hier, um den Kunden zu helfen und um das zu machen, was ich sage. Klar?“
    „Gerne. Tut mir leid, dass wir gleich aneinandergeraten“, lenkte Kiara ein. „Ich

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