Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)
nicht folgen. In ihren Augen fuchtelte er nur wild in der Gegend rum.
„Vielleicht stellst du sie mir später noch einmal in Ruhe vor“, erwiderte sie. „Ich muss jetzt los, meine Pause ist vorüber. Aber ich denke, von dir kann ich alles Wichtige über den Club erfahren. Du kennst dich ja sicher gut aus“, schmeichelte sie ihm.
„Ganz sicher“, prahlte er stolz.
„Wie lange arbeitest du denn schon hier?“, fragte sie wie beiläufig und bemühte sich, das leichte Zittern in ihrer Stimme zu verstecken.
„Seit zwei Jahren bin ich dabei. Das reicht, um alles und jeden bestens kennenzulernen.“
„Und vorher? Warst du vorher vielleicht selbst Kunde?“
„Nein, das nicht. Als ich vor fünf Jahren nach Berlin kam, hätte ich es mir niemals leisten können, in so einem exklusiven Club zu trainieren. Damals war ich dermaßen pleite, ich konnte mir kaum die Ausbildung zum Fitnesstrainer leisten.“
Kiara nickte mitfühlend und strich Leon innerlich aufatmend von ihrer imaginären Liste. Er wohnte erst seit fünf Jahren in Berlin, daher kam er als Täter nicht in Frage. Es sei denn, er stammte aus der Umgebung.
„Wo hast du denn vorher gelebt?“
„Ich stamme aus Hamburg“, antwortete er. „Direkt aus dem Herzen der Stadt.“
Das war weit genug weg. Er schied wirklich aus.
„Dort war ich noch nie“, erwiderte sie im Plauderton, um die Spannung aus ihrer Stimme zu nehmen. „Es regnet dort oft, habe ich gehört.“
Er lachte. „Das ist nicht wahr. Wenn du willst, erzähle ich dir auch davon.“
„Gerne, aber nicht jetzt.“ Sie sah auf die Uhr. Es war höchste Zeit, dass sie in ihre Abteilung zurückkehrte, bevor Myrtel Ragewitz sie vermisste. „Vielleicht komme ich morgen wieder.“
„Unbedingt“, grinste er.
Mit einem letzten Blick auf die zahlreichen unbekannten Verdächtigen, von denen einige ihr zuzwinkerten oder grüßend nickten, lief sie hinaus. Sie würde in den nächsten Tagen wiederkommen und jeden einzelnen überprüfen. Aber dafür musste sie diesen Job unbedingt behalten und deshalb auf jeden Fall pünktlich wieder bei ihrer Chefin erscheinen.
***
Der Stoß kam völlig unvermutet, so dass Kiara fast den Stapel Handtücher fallen ließ, mit dem sie bis zur Nasenspitze beladen war.
„Sie schon wieder!“, knurrte Felix Altmühl, der sich von der Physiotherapeutin Yvonne verabschiedend, rückwärts aus dem Behandlungsraum getreten war und die neue Mitarbeiterin im Club gerammt hatte. „Kaum zu glauben, dass ich Ihnen bisher nie begegnet bin und jetzt schon wieder. Oder legen Sie es etwa darauf an?“, entfuhr es ihm misstrauisch. Sie wäre nicht die erste junge Frau, die es auf einen wohlhabenden Mann abgesehen hatte, zumal hier, wo die Opfer schmerzgeplagt und hilflos ihnen geradezu ausgeliefert waren. Und jemand wie er, erfolgreich und in den besten Jahren, war eine ideale Beute.
Kiara hob das Kinn, um besser über die Handtücher schauen zu können, und setzte seinem unwilligen Gesichtsausdruck ein Lächeln entgegen. „Ist ja nichts passiert. Erhalten Sie zusätzlich noch eine Anwendung – Moorbad oder Fangopackung? Dann begleite ich Sie gern in die Behandlungsräume“, bot sie hilfsbereit an, als sie sah, wie Altmühl mit einer Hand nach seinem Rücken tastete. Vielleicht hatte er sich bei dem Zusammenprall ja wirklich wehgetan.
„Fango, aber erst, wenn eine Kabine frei wird, also muss ich schon wieder warten. Warten, warten, warten. Wofür bezahle ich eigentlich den Mitgliedschaftsbeitrag eines VIP?“, muffelte der Patient vor sich hin.
Kiara schaltete sofort: Wenn er warten musste, bot sich die Gelegenheit, ihn in ihrer Angelegenheit auszuhorchen.
„Einen ganz kleinen Moment. Ich bin sofort für Sie da!“
In Windeseile verteilte sie die frischen Handtücher in den Räumen auf der Etage und stand nach weniger als zwei Minuten wieder vor dem Patienten. „Kommen Sie, setzen Sie sich auf die Bank. Möchten Sie ein Wasser oder einen Kaffee?“
Von den freundlichen Bemühungen um sein Wohl entwaffnet, verlangte Felix ein stilles Wasser. Kiara brachte es und setzte sich zu dem Patienten.
„Ich habe mich erkundigt, in spätestens zehn Minuten wird eine Kabine frei“, versprach sie, obwohl ihre Gedanken ganz wo anders weilten.
Der Mann ist mindestens Ende Fünfzig, war damals also auch schon über die erste Jugend hinaus, überlegte sie. Er kommt als Täter nicht infrage.
„Ich habe mich im Fitness-Bereich umgeschaut. Sie sollten zu den
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