Tempelhyänen
den Job an, weil er sich wichtig vorkam. Das Geld war gar nicht das Entscheidende. Er strebte einfach nach Höherem. Ein Prinz der Straße zu sein reichte ihm nicht mehr.
»Doc hat immer wieder versucht, ihm zu erklären, daß so was seine Zeit braucht. Ohne die Unterstützung der Gilde könnte man sich keinen Namen machen. Aber Flocke ist nicht mal vor dem Auftrag zurückgeschreckt, nachdem ihm das Gerücht zu Ohren gekommen war, daß der Oberboß verbreiten ließ, man solle die Hände von einem Kerl namens Garrett lassen. Er war so verrückt, daß er vor nichts Angst hatte. Ach, was sag ich? Keiner von uns hatte genug Angst.«
Das sah er ganz richtig. Sie waren einfach zu jung. Erst wenn man älter geworden ist, versteht man wirklich, wann man lieber Angst kriegen sollte. Ich gab ihm einen Schluck Wasser. »Besser? Gut. Erzähl mir was über den Priester. Bruder Jerce. Welcher Religion gehörte er an?«
»Weiß ich nicht, er hat nichts gesagt. Sie wissen ja, wie diese Priester sind. Sie tragen alle dieselben braunen Kutten.«
Das stimmte auch. Man mußte schon sehr nah rangehen und genau wissen, wonach man suchte, wenn man den Unterschied zwischen den Orthodoxen, der Kirche, den Redemptionisten oder einem der mehreren Dutzend sogenannter abtrünniger Splitterkulte feststellen wollte. Ganz zu schweigen davon, daß Bruder Jerces ganzer Auftritt ja auch eine Show gewesen sein konnte, um sich zu tarnen.
Konnte jemand so dumm – oder selbstbewußt genug – sein, daß er diesen Punks seinen richtigen Namen gab und sie in der Währung seines eigenen Tempels bezahlte? Vielleicht lag es ja an meiner geringen Meinung von der Priesterschaft, aber ich hielt das sehr wohl für möglich. Vor allem, wenn das alles hier auch für Bruder Jerce neu war. Wie oft geht denn schon ein Job wie der von den Vampiren so gründlich schief? Eigentlich müßte ich tot sein, und keiner würde erfahren, warum.
Ich stellte noch viel mehr Fragen. Aber ich grub nicht besonders viel Nützliches aus, bis ich die Münzen aus der Tasche zog, die Beutler mir gebracht hatte. »Bestand die ganze Belohnung aus solchem Geld?«
»Jedenfalls das, was ich gesehen habe. Es war Tempelgeld. Sogar Goldmünzen waren dabei. Aber Schneeflöckchen hat nicht viel Aufhebens darum gemacht. Ich wette, er hat uns belogen, was die Höhe der Belohnung anging.«
Zweifellos. Ich stellte ihm die entscheidende Frage. »Warum wollte der Priester, daß ihr mich umbringt?«
»Weiß ich nicht, Mann.«
»Hat ihn niemand gefragt?«
»Hat keinen interessiert. Wofür ist das wichtig?«
Offenbar machte es wirklich keinen Unterschied, wenn Mord nur ein Geschäft war. »Ich denke, das war’s, Junge.« Ich zog ein Messer aus der Tasche.
»Nein, Mann! Nicht! Ich habe Euch die Wahrheit gesagt! Hört auf!«
Er dachte, ich wollte ihn umbringen.
Morpheus würde sagen, da lag er auch ganz richtig. Morpheus würde mir prophezeien, daß der Kerl mich jagte, wenn ich ihn am Leben ließ, und der verdammte Morpheus hatte schon mehr als einmal richtig gelegen. Aber man kann nur das machen, was man selbst für richtig hält.
Ich fragte mich, ob der Junge wohl eingeschüchtert genug war, von der Straße zu verschwinden, nachdem er diesen ganzen Mist überlebt hatte. Vermutlich nicht. Solche Typen erkennen die Gefahr, in der sie schweben, erst, wenn sie ihnen ins Bein beißt.
Ich trat auf ihn zu, und er fing an zu schreien. Ich schwöre euch, wenn er nach seiner Mutter gerufen hätte … Ich schnitt das Seil um seinen linken Arm durch und ging raus. Jetzt war es seine Sache, ob er weglief oder hierblieb und starb.
Ich verließ das Haus. Es war ein wunderschöner Abend.
Bewundernd betrachtete ich meine Umgebung. Kaum hatte ich den Schwarzen Kreuzweg verlassen, sah ich Elfenfrauen, die ihre Treppen und Wege schrubbten und die Straßen vor ihren Häusern fegten. Ihre Männer waren damit beschäftigt, das Grünzeug zu stutzen. Das allabendliche Ritual.
Die Elfen haben auch ihre finstere Seite. Zum Beispiel haben sie wenig für Mischlinge übrig. Die armen Kinder.
13. Kapitel
Es war schon dunkel, als ich nach Hause kam. Ich sah ein paar Sternschnuppen, die nach dem Glauben einiger Religionen gute Vorzeichen waren. Für andere bedeuteten sie das Gegenteil. Eine besonders auffällige zerstreute sich in viele kleine Schnuppen.
Dean ließ mich ein. »Heh, das riecht ja lecker«, sagte ich.
»Es wird auch sehr gut schmecken«, versprach er mir lächelnd. »Ich bringe Ihnen
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