Tempelhyänen
ein Bier. Haben Sie etwas Nützliches erfahren?«
»Das weiß ich noch nicht.« Was war denn los? Er war ja vollkommen verändert. »Was hast du vor?«
Er warf mir seinen ›Getretenes-Hundejunges‹-Blick zu. Ich glaube, den übt er heimlich vor dem Spiegel. »Nichts.«
»Was ist passiert, während ich weg war?«
»Nichts. Nur Maya ist gekommen. Genaugenommen ist sie schon wieder weg. Als Sie geklopft haben.«
Ich grunzte. Offenbar hatte sie Dean weichgeklopft. »Du solltest lieber das Silberbesteck nachzählen.«
»Mr. Garrett!«
»Stimmt, bin ich. Was von Miss Craight gehört?« Ich war zu dem Schluß gekommen, daß sie vermutlich nicht auftauchen würde. Was war hier für sie zu holen? Dieses Mädchen holte bestimmt nicht mal tief Luft, ohne sich zuvor auszurechnen, wieviel sie dafür kassieren konnte. Es war eine Schande: Die ganze Schönheit war verschwendet.
»Noch nicht. Sie sagte doch, es würde ein spätes Abendessen werden.«
Wie spät war für sie spät? »Ich mach mich mal frisch«, verkündete ich und ging nach oben. Eine Wäsche würde zwar meinen Körper reinigen, aber sie konnte nichts gegen die Flecken auf meiner Seele ausrichten.
Jill war schon da, als ich wieder runterkam. Und sie hatte den alten Dean schon wieder um den Finger gewickelt. Er gestattete ihr, den Tisch zu decken. Das war noch nie vorgekommen.
Sie tratschten wie zwei alte Freunde.
»Hoffentlich zerreißt ihr euch nicht über mich das Maul«, meinte ich.
Jill drehte sich um. »Hallo, Garrett. Keine Sorge. Soviel Glück haben Sie nicht.« Sie lächelte. Ein Waldbrand konnte auch nicht heißer sein.
»Hatten Sie einen guten Tag?«
»Er war phantastisch. Das Geschäft lief großartig. Und ich habe mit meinem Freund geredet. Er hat sich für den Ärger entschuldigt, den er mir gemacht hat. Das hatte er nicht vorausgesehen, und er hat sich der Sache angenommen. Man wird mich nicht mehr belästigen.«
»Wie schön.« Ich musterte sie und bemühte mich, es nicht allzu offensichtlich zu machen. Sie hätte einen Toten zum Geifern bringen können. Und sie hatte keine Angst mehr. »Freut mich für Sie. Nur Eierkopf wird an gebrochenem Herzen sterben.«
Dean warf mir einen finsteren Blick zu. Ich enttäuschte ihn. Konnte ich denn dieses Thema nicht mal fünf Minuten ruhen lassen?
Sollte das ein Witz sein? Ich bin doch noch nicht tot. Aber ich nahm mir seinen Hinweis zu Herzen. Der ganze Ärger lohnte sich sowieso nicht. Ich würde letztlich nur eine Abfuhr kassieren. Und ich handle nicht gern mit sauren Zitronen.
Mit Dean verstand sie sich besser als mit mir. Wir beide wußten nicht so recht, was wir miteinander reden sollten.
Garrett, dem es in der Gegenwart einer wunderschönen Blondine plötzlich die Sprache verschlug? Das tat Wunder für meine Selbsteinschätzung. Aber Deans Ente war so köstlich, daß sie mich für den Mangel an geistreichen Antworten entschädigte.
Das größte Problem war, daß Jill Craight mir offenbar nichts über Jill Craight erzählen wollte. Nicht über ihre Gegenwart und auch nichts über ihre Vergangenheit. Sie war sehr geschickt und wechselte so schnell das Thema, daß ich das erst merkte, als sie schon einige Male abgelenkt hatte.
Da ich nicht über sie reden konnte, blieb mir nur noch ein Gebiet übrig, in dem ich mich auskannte und über das ich ausgiebig plaudern konnte: Garrett. Ein höchst ergiebiges Thema.
Ich vermute, der Höhepunkt war der Wein, den sie mitgebracht hatte. Es war Importwein, und er war fast richtig gut.
Für mich ist Wein nur eine Vergeudung von Fruchtsaft. Alle Sorten schmecken gleich, bis auf wenige Ausnahmen. Dies hier war eine der seltensten Ausnahmen. Er war so gut wie der berühmte TunFaire Gold, was bedeutete, daß ich fast meinen ganzen Pokal trank, ohne anschließend meinen Mund mit einem kräftigen Schluck Bier ausspülen zu müssen.
Die Eisprinzessin war auf Urlaub, aber trotzdem würde die Sache hier nirgendwohin führen. Nach dem Dessert wollte ich uns aus der Misere befreien.
Jill war doch mehr Lady, als ich gedacht hatte. Sie ersparte uns die peinliche Situation. Wir halfen Dean, das Schlachtfeld aufzuräumen, dann brachte ich sie nach Hause.
Wir waren kaum einen Block weit gegangen, als ich jemanden vermißte, den man nicht übersehen kann, wenn er in der Nähe ist. »Wo ist Eierkopf?« Es sah ihm nicht ähnlich, einfach abzuhauen.
»Ich habe ihn weggeschickt. Jetzt brauche ich ihn nicht mehr. Mein Freund hat die Sache geklärt.«
»Verstehe.«
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