Tempelhyänen
dem Verkehr zu ziehen.
Sie hielten mich auf der Spur, bis ich das Gebiet verließ, in dem ich noch jemanden hätte fragen können. Mittlerweile hatte Jill sich nach Süden gewandt.
Ich wünschte, ich wüßte mehr über sie. Wohin konnte sie laufen? Aber ich hatte nicht die Zeit, jetzt Nachforschungen über sie anzustellen. Ich konnte ihr in keiner ihrer Verkleidungen nachspüren, schon gar nicht in allen. Ich fühlte mehr denn je, daß die Dinge sich überstürzten.
Ich bin stur. Spuren verfolge ich schon deshalb bis zum Ende, weil ich so halsstarrig bin. Ich gehe einfach so lange weiter, bis ich ankomme. Dann tue ich, was ich tun muß. Und seit Jill auf meiner Türschwelle stand, hatte ich keine Sekunde eine Atempause gehabt.
Wenn man so dahinläuft, findet man manchmal Zeit zum Nachdenken. Der Verstand beschäftigt sich mit nebensächlichen Dingen, und manchmal beschleicht einen eine Ahnung. Drei Minuten, nachdem Jill sich gen Süden gewandt hatte, hatte ich eine.
Sie lief ins Traumviertel.
Das war ihre einzige Zuflucht. Der Gnom, der das Apartment gegenüber dem von Peridont benutzt hatte. Wenn er der war, für den ich ihn hielt … Aber Wächter Agire war verschwunden. Ich hatte nicht gehört, daß er wieder aufgetaucht wäre. Andererseits hatte ich auch zuviel um die Ohren gehabt, als daß mir das zu Gehör gekommen wäre.
»Volles Risiko«, sagte ich laut, änderte die Richtung und legte einen Zahn zu. Zehn Minuten später kreuzte ich vor Lou Latschs Stall auf.
Er wollte gerade schließen. Aber er strahlte über das ganze Gesicht, als er mich erkannte. Das tut er immer. Er ist ein sehr dankbarer ehemaliger Klient, und ich kann immer auf ihn zählen. »Garrett. Hab mich schon gewundert. Wo hast du die ganze Zeit gesteckt?«
»Gearbeitet. Ich sitze gerade an einer echten Kopfnuß. Hast du die Skandale verfolgt?«
»In letzter Zeit nicht mehr so sehr. Es gab zuviel andere Aufregung. Waren das wirklich Dämonen, die gestern abend dein Haus angegriffen haben?«
»Ja. Gehört zu meinem augenblicklichen Job.«
»Dann spielst du diesmal aber mit dem Feuer.«
»Mit einem ganzen Vulkan. Du kennst ja nicht mal die Hälfte. Ich erzähl’s dir ein andermal.«
»Hast du es eilig?«
»Habe ich es nicht immer eilig?«
»Gewöhnlich schon. Was brauchst du?«
»Ein Pferd, damit ich jemanden einholen kann, den ich verfolge. Und eine Information. Das Pferd sollte weder Blitzkrieg noch Feuersturm heißen. Ich möchte eins, das läuft, aber keine Spiele mit mir spielt.« Pferde und ich sind nicht füreinander geschaffen. Ich weiß nicht, wie sie das geschafft haben, aber der ganze Stamm hat vor, mich fertigzumachen. Sie finden es außerordentlich spaßig, mir mein Leben zu versauen.
»Das sagst du immer. Ich verstehe einfach nicht, warum du Angst vor Pferden hast. Aber da es nun mal so ist, habe ich mir extra einen Gaul zugelegt, der so zahm und blöd ist, daß selbst du zufrieden sein wirst.«
Hm. Er führte mich in den Stall. »Hast du eigentlich was von Wächter Agire und den Terrell-Reliquien gehört?« fragte ich.
»Komisch, daß du fragst. Agire ist gestern abend aufgetaucht. Ohne Reliquien.«
»Hah!« Ich hatte mehr oder weniger richtig geraten. Aber es blieb nicht die Zeit, mir zu gratulieren. Ich mußte mich sputen. »Ich brauche eine schnelle Mähre. Ich muß vor jemandem im Traumviertel ankommen, der schon einen mächtigen Vorsprung hat.«
Lou Latsch warf einem Monster eine Satteldecke über, das ich überhaupt nicht zahm fand. Es gab Momente, in denen er einen sehr befremdlichen Humor entwickelte. Nur war das jetzt aber der denkbar ungeeignetste Zeitpunkt dafür. Das sagte ich ihm, als er den Sattel festzurrte.
»Es ist kein Witz, Garrett. Das Tier ist das reinste Schmusekätzchen.«
»Ach wirklich?« Ich mochte seinen Blick nicht. Als hätte es von mir gehört und wäre nur darauf aus, Lou Latsch Lügen zu strafen.
Dieselben Schwierigkeiten habe ich auch mit Frauen, was ich genausowenig verstehe.
»Los geht’s.«
»Danke.« Ich schnappte mir die Zügel und sah dem Gaul ins Auge. »Ich muß arbeiten. Ich habe keine Zeit rumzualbern. Wenn du Spiele spielen willst, vergiß nicht, daß du hier nur ein paar Meilen von der Leimfabrik entfernt bist.«
Es glotzte mich nur an. Ich ging auf die andere Seite und schwang mich in den Sattel. Im nächsten Augenblick donnerten wir durch die Straßen. Die Leute brüllten Flüche hinter uns her. Andere benutzten handfestere Dinge. Was ich machte, war
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