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Tender Bar

Tender Bar

Titel: Tender Bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Moehringer
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steht?«
    »Richtig. Darum geht es ja. Ist das legal?«
    »Sie können Ihren Namen in R2D2 ändern, dem Staat Connecticut ist das egal.«
    »Schön.«
    »Wie soll der Nachname lauten?«
    »Maguire.«
    »JR Maguire«, sagte sie. »Und wie heißen Sie jetzt?«
    »John Joseph Moehringer Jr.«
    Sie johlte. »Oh Mann«, sagte sie. »Dann handelt es sich um eine echte Verbesserung.«
    Ich nahm das Formular mit auf mein Zimmer und rief meine Mutter an, um sie in mein Vorhaben einzuweihen. Sie war nicht begeistert – Opas Name weckte wiederum bei ihr unangenehme Assoziationen – aber sie verstand mich. Die Änderung würde fünfundsiebzig Dollar kosten, sagte ich ihr, und die hatte ich nicht. Durch meinen Lebensstil mit Sidney war ich etwas knapp bei Kasse. Meine Mutter wollte mir das Geld sofort anweisen.
    Beim Verlassen des Western-Union-Büros zählte ich die fünfundsiebzig Dollar nach und beschloss, John Joseph Moehringer Jr. angemessen zu verabschieden. Ich ging in die Stadt und kehrte in eine Bar ein. Dort traf ich Bebe, die einzige andere Studentin in Yale, die sich in Bars ebenso wohl fühlte wie ich. Hey, sagte ich zu ihr, rate, wer gestorben ist. Junior! Jawohl, Junior Moehringer ist tot! Lang lebe JR Maguire! Sie lachte nervös, da sie keine Ahnung hatte, wovon ich redete. Ich möchte meiner Freundin Bebe einen ausgeben, sagte ich dem Barmann, bevor ich mich erklärte und beiden eine kurze Geschichte meines Namens lieferte, wie sehr ich ihn hasste und warum ich ihn endlich ablegen wollte.
    »Bon voyage, Junior!«, sagte ich und hob mein Bier.
    »Bis dann, Junior!«, sagte Bebe und stieß mit mir an.
    »Sayonara, Arschloch«, rief der Barmann.
    Am nächsten Morgen wachte ich mit brummendem Schädel auf. Ich lag auf dem Rücken, die Augen geschlossen, und versuchte mir zusammenzureimen, was passiert war, nachdem ich mein Geld bei Western Union abgeholt hatte. Ich erinnerte mich, einen Toast ausgebracht zu haben. Ich erinnerte mich, dass Bebe und der Barmann gelacht und so in etwa gesagt hatten: »JR Maguire steht auf Dreier. Zeig deine Eier, JR Maguire!« Der Rest blieb Leere. Ich überlegte, ob ich Bebe anrufen und fragen sollte, was los war, als mir schlagartig alles wieder einfiel. Ich sprang aus dem Bett und wühlte die Taschen meiner Jeans durch. Die fünfundsiebzig Dollar waren weg. Bis auf den letzten Cent. Junior, diese hinterhältige Ratte, hatte mich abgefüllt und ausgenommen.
    Ich setzte mich an den Schreibtisch und starrte auf das Formular. JR Maguire. So ein schöner Name – und ich hatte ihn vermasselt. Noch schlimmer, ich hatte ihn versoffen. Ich ging ins Bad, schaute in den Spiegel und sagte mir, dass ich einen so schönen Namen gar nicht verdiente. Ich verdiente es, als JR Moehringer durchs Leben zu gehen. Als eine Kreuzung zwischen einem Decknamen und einer Lüge.
    Sidney küsste mich und sagte, mein Name sei ihr egal. Ein paar Tage später kam ich dahinter, dass nicht mein Name, sondern ich ihr egal war. Wieder hatte sie einen anderen nebenbei.
    Ich erfuhr die Wahrheit in ihrem Badezimmer. Auf der Ablage war ein Briefumschlag, in einer eckigen männlichen Schrift an Sidney adressiert. Ich las ihn mehrmals. »Ist Junior immer noch auf der Bildfläche? Wenn ja, warum? Kann es kaum erwarten, dich zu (unleserlich), wenn ich dich wiedersehe.«
    Als ich Sidney den Brief zeigte, fragte sie: »Woher hast du den?« Sie nahm ihn mir weg und erzählte mir ein paar Sachen von ihm, die ich lieber nicht gewusst hätte. Er war ein Erbsohn mit einer schnellen Jacht und einem viel schöneren Namen. Er kam aus ihrer Heimatstadt, er war lustig, er war klug – und wirklich nur ein Freund, versicherte sie mir. Ich hätte ihr gern geglaubt oder verziehen, doch selbst Sidney erwartete das nicht von mir. Ich versuchte, mir eine andere Lösung auszudenken als Schluss zu machen, aber mir fiel keine ein, genauso wenig wie Sidney. Ein paar Tage vor der Abschlussfeier sagten wir uns für immer Lebwohl.
    Ich sehnte mich nach meinem traditionellen Post-Sidney-Saufgelage im Publicans, doch dazu blieb keine Zeit. Es war der Tag meiner Abschlussfeier. Meine Mutter war da. Sie stand in meinem Zimmer, in ihrem neuen blauen Kostüm, lächelte vor sich hin, und mir war klar, sie dachte an die vielen Tage zurück, als dieser Augenblick undenkbar schien.
    Als ich in meinem schwarzen Talar und Barett über den alten Campus schritt, läuteten die Glocken im Harkness Tower, und ich musste daran denken, wie ich sie vor sieben Jahren

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