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Tender Bar

Tender Bar

Titel: Tender Bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Moehringer
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Cocktail trinken und die Bücher genießen, für die mir in Yale keine Zeit geblieben war. Schließlich und endlich wollte ich auf einem Stuhl sitzen und in den Himmel blicken …
    Meine Mutter, die vor einem Glas Zinfandel saß, wartete geduldig. Was ich machen wollte? Ich dachte daran, ihr offen und unverblümt die Wahrheit zu sagen. Mom, ich sehe keinen Sinn in dem ganzen Arbeitsethikkram. Aber ich fürchtete, eine solche Bemerkung würde sie auf der Stelle vom Barhocker hauen. Ich überlegte, ob ich Walt Whitman zitieren sollte. Ich möchte »lehnen und schlendern nach meinem Behagen, Einen Halm des Sommergrases betrachtend«. Aber meine Mutter pfiff auf Walt Whitman und würde meinen Gesang von mir selbst falsch finden.
    Natürlich wusste ich nicht, was ich sagen sollte, denn ich wusste ja nicht, was ich wollte. Mein Hang, das Leben immer nur schwarzweiß zu sehen, hinderte mich daran, mein widersprüchliches Selbst zu begreifen. Ja, ich wollte mich an die Bar lehnen, aber ich wollte mich auch bemühen und Erfolg haben, wollte jede Menge Geld verdienen, um endlich für meine Mutter sorgen zu können. Ich fand die Vorstellung zu versagen so schmerzlich und beängstigend, dass ich sie abmildern und mich damit arrangieren wollte, statt sie frontal zu bekämpfen. Mein ständiges Hin- und Herpendeln in all den Sommern zwischen meiner Mutter und den Männern hatte mich zu einer gespaltenen Persönlichkeit werden lassen. Einerseits wollte ich die Welt erobern, andererseits wollte ich mich vor ihr verstecken. Da ich nicht in der Lage war, meine widersprüchlichen Regungen auszuloten, geschweige denn, sie zu erklären, ich aber eine Antwort suchte, die meine Mutter zufrieden stellen, meinen Ehrgeiz mäßigen und es mir dennoch erlauben würde, an der Theke zu sitzen, verkündete ich sowohl ihr wie mir laut und impulsiv, dass ich vorhatte, einen dicken Schlüsselroman über das Publicans zu schreiben. Ich wollte Schriftsteller werden.
    »Schriftsteller«, sagte meine Mutter mit ihrer tonlosesten Stimme, als hätte ich ihr eröffnet, dass ich demnächst Käsesandwiches vor Greatful-Dead-Konzerten verkaufen will. »Verstehe. Und wo willst du wohnen?«
    »Bei Opa.«
    Sie zuckte zusammen. Tante Ruth und ihre Töchter wohnten auch wieder bei Opa. Die Zustände im Haus waren schrecklich.
    »Bis sich etwas Besseres ergibt«, fügte ich schnell hinzu. »Irgendwo finde ich schon ein Zimmer.«
    Ich war ziemlich stolz auf mich. Ich bildete mir ein, ich hätte einen Plan gefunden, der sich mit meinen und ihren Träumen vereinen ließ. In Wirklichkeit schürte mein Plan ihre schlimmsten Ängste. Sie drehte ihren neuen Ring am Finger, als wollte sie ihn gleich zurückgeben, dann sah sie sich in der Bar um und fragte sich vermutlich, ob es richtig war, mich jeden Sommer hierher zu schicken. Sie hatte immer eine feste Vorstellung von der Bar gehabt, die vorwiegend auf meinen schwärmerischen Erzählungen beruhte, und jetzt befürchtete sie anscheinend, dass sie die Kneipe falsch eingeschätzt hatte und sie vielleicht doch besser daran getan hätte, meine Begeisterung etwas zu dämpfen. Sie musterte die Gesichter an der Theke, die Männer und Frauen, denen meine Idee, einen Roman über sie zu schreiben, sicher gefallen hätte, und ihre Miene glich der Sidneys, als sie zum ersten Mal ins Publicans kam.
    Ich sah mich ebenfalls um. Am anderen Ende der Bar stand eine Gruppe junger Männer in meinem Alter, die vor kurzem, wie ich gehört hatte, alle ihre erste Stellung in der Wall Street angetreten hatten. Sie steckten mindestens 150000 Dollar pro Jahr ein und jeder sah aus wie ein Sohn, der meine Mutter glücklich machen würde. Ich fragte mich, ob meine Mutter sie auch sah und ob sie einen von ihnen gern gegen mich getauscht hätte.
    »Das ist dein Plan?«, sagte meine Mutter. »Du willst ein Hunger leidender Schriftsteller sein, der in einer Dachkammer darbt?«
    Ich wusste nicht, was gegen eine Dachkammer einzuwenden war, in meinen Ohren klang das gut, vielleicht war es genau die richtige Wohnung für mich, die ich am Anfang brauchte.
    »Du brauchst eine Arbeit«, sagte meine Mutter. »Ende der Geschichte.«
    »Einen Roman zu schreiben ist Arbeit.«
    Ich lächelte. Sie nicht.
    »Eine richtige Arbeit«, sagte sie. »Du brauchst ein Gehalt, um Krankenversicherung und Kleidung zu bezahlen, und wenn du unbedingt bei Opa wohnen willst, musst du Oma was fürs Essen geben.«
    »Seit wann denn das?«
    »Seit du einundzwanzig geworden bist. Seit du

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