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Tender Bar

Tender Bar

Titel: Tender Bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Moehringer
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Haken, fiel aus der Wanne auf den Boden, verbog die Duschvorhangstange und brach mir, da war ich sicher, den Ellbogen. Als ich durch die Dampfwolken aufblickte, sah ich einen Papagei von der Größe eines Schimpansen auf dem Duschkopf sitzen. Er spreizte die Flügel, ein Geräusch, wie wenn ein Regenschirm sich öffnet.
    Ich schlang ein Handtuch um mich und rannte in die Küche.
    »Ich habe vergessen, dir von Hugo zu erzählen«, sagte Magdalena und kaute an ihrem Daumennagel.
    »Hugo?«, fragte ich.
    »Hugo wohnt im Bad. Er mag den Dampf so gern.«
    Tropfnass hielt ich das Handtuch um die Hüfte fest und bat sie, Hugo aus dem Bad zu entfernen. Es behage mir nicht, sagte ich, nackt und auf engstem Raum mit einem wilden Tier zusammen zu sein, das ein GinsuMesser als Nase hat.
    »Echt?«, sagte sie. »Das geht nicht. Hugo wohnt im Badezimmer.«
    Hilfesuchend blickte ich zu ihrem Freund. Nichts.
    Ich machte einen Spaziergang, und als ich zurückkam, waren Magdalena und ihr Freund fort. Hugo hingegen war noch da. Ich streckte den Kopf ins Badezimmer, und er musterte mich unheilvoll. Er war so verrückt wie eine nasse Henne, weil ich seine Räumung hatte erzwingen wollen. Ich ging ins Bett, konnte aber nicht schlafen, weil mich Alpträume von kreischenden Papageien und Tanten verfolgten.
    Als ich mit einer Schachtel voller Sandwiches in die Redaktion kam, sagte der Fernsehwettermann, über dem Atlantik braue sich ein schweres Unwetter zusammen. Hurrikan Hugo, sagte er. Ich musste lachen. Vermutlich ein Verhörer. Offenbar hatte ich nur noch Hugo im Kopf. Dann wiederholte es der Sprecher. Auf dem Weg über den Atlantik gewann Hurrikan Hugo zunehmend an Stärke. Was genau wollte mir das Universum damit sagen?
    Ich schlief schlecht in jener Nacht, und als ich aufwachte, machte in der Küche eine fremde Frau Kaffee. Magdalenas Mutter, nahm ich an. Ihr Englisch war schlecht, aber ich hörte heraus, dass sie Puerto Rico eilends verlassen hatte. Auf der Flucht vor Hugo, sagte sie. »Sind wir das nicht alle?«, erwiderte ich.
    In den kommenden Tagen las ich alles über Hugo, verfolgte seine Bahn, sorgte mich über die verheerenden Schäden, die er anrichten könnte. Ich wusste nicht, warum der Wirbelsturm für mich zur fixen Idee wurde und ich ihn genauso fürchtete wie die Menschen, die in den Outer Banks in Pfahlhäusern lebten. Vielleicht lag es am Schlafmangel, vielleicht am Leben in einem Wasserklosett, vielleicht an meiner entsetzlichen Angst beim Duschen, jedenfalls wurde Hurrikan Hugo eine Metapher für mein Leben und vereinnahmte es schließlich ganz. Als wäre sein Tiefdrucksystem mit meinem Hochdruck zusammengeprallt, versammelte der Sturm meine ganze Traurigkeit wegen McGraw, Tante Ruth, Sidney und der Times und konzentrierte sie in einem festen Auge. Von früh bis spät konnte ich nur noch an Hugo denken.
    Als Hugo Ende September 1989 übers Land fegte, war ich in der Times, las Tickermeldungen und überwachte die Fernseher, als wäre ich ein Volontär für den Nationalen Wetterdienst. Ich blieb in der Redaktion und sah bis nach Mitternacht CNN, und als die Putzkolonne anfing, die Büros zu saugen, ging ich in Magdalenas Wohnung und sah mit ihrer Mutter fern, die genauso traumatisiert wirkte wie ich. Selbst Hugo schien von Hugo traumatisiert zu sein. Als er seinen Namen immer wieder im Fernsehen hörte, krächzte er wie wild geworden, und durch sein Krächzen, den heulenden Wind und das spanische Gejammer von Magdalenas Mutter wurde es eine lange entsetzliche Nacht.
    Als der Himmel über South Carolina am nächsten Morgen aufklarte und der Schaden zutage trat, trauerte ich um alle, die ihr Leben und Zuhause verloren hatten. Und auch wenn Mitgefühl gesund ist, empfand ich noch etwas anderes, etwas Unverhältnismäßiges und Irrationales. Ich kam zu dem Schluss, dass mein Denken verzerrt war, dass ich möglicherweise am Rande eines Zusammenbruchs stand. Doch dieser Gedanke wurde schnell von neuen Bildern überholt, die Hugo auf seiner Bahn hinterlassen hatte.
    Ein paar Tage nach Hurrikan Hugo, als ich wieder mit Magdalenas Mutter fernsah und wir beide Whiskey tranken und Kette rauchten, merkte ich, dass uns die Zigaretten ausgingen. Ich ging im Supermarkt eine Packung holen und kehrte unterwegs in einer Bar ein. Es regnete heftig, die Überreste von Hugo durchnässten die Stadt. Bei meiner Rückkehr in die Wohnung herrschte ein heilloses Durcheinander im Wohnzimmer, Möbel waren zertrümmert, Sofakissen aufgeschlitzt,

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